Schnell wachsendes Miscanthus-Gras zur Biomasse-Produktion
Universität Hohenheim erprobt Neuzüchtungen des Chinaschilfs zur Lignozellulose-Gewinnung.
Kalte, flachgründige Böden, moorige Standorte – auf vielen Flächen in Baden-Württemberg gedeihen Nahrungspflanzen nicht besonders gut. Der Anbau des schnell wachsenden Grases Miscanthus zur Biomasse-Produktion könnte hier eine Alternative darstellen. Das Problem: Eigentlich behagen auch Miscanthus keine allzu rauen Bedingungen. Wissenschaftler der Universität Hohenheim machen sich deshalb auf die Suche nach neuen, robusteren Miscanthus-Sorten. Die hervorragende Ökobilanz der Kultur zeigt ihr Potential die Umwelt zu schonen – und ein vereinfachtes Anbauverfahren soll dem Landwirt nützen. Das Projekt ist Teil des Forschungsverbunds Lignozellulose.
„Grundsätzlich lässt sich Miscanthus auch auf nährstoffarmen Böden kultivieren, die für den Anbau von Nahrungspflanzen uninteressant sind“, erklärt Prof. Dr. Iris Lewandowski, Expertin für nachwachsende Rohstoffe an der Universität Hohenheim. „In Baden-Württemberg haben wir neben guten auch sogenannte marginale Flächen, auf denen Mais oder Getreide eher schlecht als recht gedeihen. Hier wäre Miscanthus eine gute Anbaualternative.“
Doch die Sache hat einen Haken: Bis jetzt steht den Landwirten für den Anbau lediglich der Riesen-Chinaschilf vom Typ Miscanthus x giganteus zur Verfügung, und der ist nur bedingt für kalte, flachgründige oder feuchte Standorte geeignet. Gemeinsam mit Moritz Wagner sucht Prof. Dr. Lewandowski deshalb nach widerstandsfähigeren Miscanthus-Typen.
Stresstoleranter Miscanthus für Baden-Württemberg
Die beiden Forscher greifen dafür auf ein europäisches Züchtungsprogramm zurück, das seit 2012 stresstolerante Miscanthus-Pflanzen selektiert. „Fünf Genotypen, also Pflanzen, deren genetische Ausstattung auf höhere Stresstoleranz schließen lässt, haben wir für Baden-Württemberg ausgewählt“, erklärt Wagner. „Nun testen wir sie auf drei verschiedenen marginalen Standorten auf ihre Eignung in der Praxis.“
Seit 2014 wachsen die neuen Genotypen neben M. x giganteus als Kontrollpflanze auf drei Hohenheimer Versuchsstationen mit unterschiedlichen Standortbedingungen: Am Ihinger Hof auf einem Teilstück mit sehr flachgründigen Böden, auf dem Oberen Lindenhof an einem Standort mit kühlem Lokalklima sowie bei Aulendorf, auf einem Standort mit moorigem Boden.
„Wir erfassen zum Beispiel, wie gut die Pflanzen anwachsen und sich etablieren, wie viele Stängel sie bilden und wie hoch die Überwinterungsrate ist“, berichtet Wagner. „Einen Vollertrag gibt es bei Miscanthus zwar erst ab dem dritten Jahr. Aber bereits jetzt können wir sagen, dass einige Genotypen mit der Überwinterung sehr gut klarkommen und beim Ertrag mit M. x giganteus mithalten oder ihn sogar übertreffen“, fasst er erste Ergebnisse zusammen.
Direktaussaat statt Auspflanzung
Doch es gibt ein weiteres Problem, das den Anbau von Miscanthus derzeit noch einschränkt: Die Samen sind sehr klein, weshalb eine Direktaussaat nicht möglich ist. „Momentan wird Miscanthus über Rhizome vermehrt und ausgepflanzt, wodurch die Neuanlage pro Hektar sehr teuer ist“, sagt Prof. Dr. Lewandowski.
Zusammen mit Prof. Dr. Michael Kruse vom Fachgebiet Saatgutwissenschaft und -technologie an der Universität Hohenheim suchen die Forscher daher nach einer Möglichkeit, die Samen zu ummanteln, damit sie einfacher ausgesät werden können. Auch Mikronährstoffe in der Ummantelung für eine verbesserte Keimung erproben sie. Ergebnisse werden im nächsten Jahr erwartet.
Höhere Deckungsbeiträge auf Risikostandorten
Am Ende des Projekts wollen die Forscher Miscanthus-Typen für die Landwirte in Baden-Württemberg selektieren, die diese dann zukünftig als Sorten über die Züchtungspartner käuflich zur Aussaat erwerben können.
„Mit angepassten Sorten und kostengünstiger Aussaat könnte der Miscanthus-Anbau dann den Landwirten auch auf marginalen Flächen gute Einkommensmöglichkeiten bieten“, ist Prof. Dr. Lewandowski überzeugt.
Hintergrund zum Projekt
Das Projekt „Miscanthus-Genotypen für lignozellulosebasierte Wertschöpfungsketten“ startete am 1.9.2014. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg fördert es über drei Jahre im Rahmen des Forschungsprogramms Bioökonomie Baden-Württemberg.
Mehr Infos: www.bioeconomy-research-bw.de/tp70