Studie „Dienstleistungen für Elektromobilität“
Elektromobilität gewinnt auch aus wirtschaftlicher Sicht zunehmend an Bedeutung. Für ein funktionierendes Elektromobilitätssystem spielen Dienstleistungen in Ergänzung zu technischen Fragestellungen eine zentrale Rolle.
Die Studie »Dienstleistungen für Elektromobilität« des Fraunhofer IAO zeigt, wie Dienstleistungen zum wirtschaftlichen Erfolg von Elektromobilität beitragen können.
Im Rahmen des Forschungsprojekts »Dienstleistungen für Elektromobilität: Förderung von Innovation und Nutzerorientierung (DELFIN)« untersucht das Fraunhofer IAO, wie neue Dienstleistungen die Elektromobilität vorantreiben können. Für eine aktuelle Unternehmensumfrage, die von September bis November 2016 durchgeführt wurde, befragte das Projektteam 98 Anbieter im Bereich Elektromobilität in Deutschland, darunter Dienstleistungs-, IT- und produzierende Unternehmen. Anhand der Ergebnisse leitet das Forscherteam in einem nächsten Schritt Methoden ab, um erfolgreiche Elektromobilitätsanwendungen zu entwickeln und umzusetzen. Diese Erfolgsfaktoren wurden anschließend in Handlungsempfehlungen für Unternehmen überführt. Erste Ergebnisse liegen nun vor und stehen Interessierten zum kostenlosen Download bereit. Eine detaillierte Auswertung und anschließende Veröffentlichung in Form einer Buchpublikation erfolgt im Frühjahr 2017.
Die Zukunft wird elektromobil – Deutschland muss noch nachlegen
Eine überwiegende Mehrheit der Befragten (81 Prozent) ist sich sicher: Elektromobilität ist das Fortbewegungskonzept der Zukunft. Dabei gehen knapp drei Viertel der Befragten jedoch davon aus, dass sich Elektromobilität eher evolutionär als revolutionär in die Mobilitätsgewohnheiten einfügen wird (73 Prozent) und dass sie sich nur bei Betrachtung des »Gesamtsystems Mobilität« erfolgreich umsetzen wird (85 Prozent). Trotz der positiven Sicht auf die Zukunft der Elektromobilität hält sich bei der Mehrheit (74 Prozent) die Meinung, dass Deutschland anderen Ländern derzeit hinterher hinkt. Der kürzlich eingeführten Kaufprämie für Elektroautos als alleiniges Instrument für den Durchbruch der Elektromobilität stehen 67 Prozent der Befragten skeptisch gegenüber.
Prozesse bleiben auch bei Elektromobilitätsdienstleistungen zentrales Gestaltungsthema
62 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, bereits Dienstleistungen im Bereich Elektromobilität anzubieten. Mögliche Anwendungsfelder stellen sich dabei als sehr heterogen dar; angebotene Elektromobilitätsdienstleistungen sind zum Beispiel Beratungsdienstleistungen, ladebezogene Dienstleistungen, Flottenmanagement, intermodale Mobilität, Carsharing, Fahrzeuginformationsdienstleistungen oder Abrechnungsmanagement. Um Elektromobilitätsdienstleistungen anbieten zu können, ist es in manchen Fällen notwendig, das bestehende Geschäftsmodell völlig neu zu definieren – 30 Prozent stimmten zu, dass dies ein ausschlaggebender Wettbewerbsfaktor war. Aber auch Unternehmen, die ihr bisheriges Geschäftsmodell für die neue Elektromobilitätsdienstleistung nicht komplett umwandelten, nannten immerhin einzelne Komponenten, die sie neu definierten, um die Wertschöpfung zu sichern. Hier gab die Mehrheit der Befragten (53 Prozent) Prozesse und Aktivitäten an, die neu durchdacht werden mussten. Um ihre jeweils wichtigste Elektromobilitätsdienstleistung zu entwickeln, konzentrierten sich die befragten Unternehmen daher insbesondere auf die Gestaltung der Prozesse (60 Prozent).
Zentrale Wettbewerbsfaktoren: Überzeugungsarbeit und Pionierrolle
»Der Erfolg von Elektromobilität steht und fällt mit der nutzerseitigen Akzeptanz und ob der Markt die Angebote annimmt. Potenzielle Kunden müssen frühzeitig mitgenommen und nicht erst bei Markteinführung eines Elektromobilitätsangebots damit bildlich gesprochen ›überfahren‹ werden«, bekräftigt Sabrina Lamberth-Cocca, Leiterin des Forschungsprojekts DELFIN. 70 Prozent der Befragten stimmten zu, dass sie im Rahmen der Markteinführung gegenüber Kunden Überzeugungsarbeit leisten mussten und 69 Prozent konstatierten, dass sie mit der Einführung der Elektromobilitätsdienstleistung unter den Ersten am Markt waren. Diese Pionier- und Promotorenrolle wird bei 53 Prozent der befragten Unternehmen zusätzlich durch die Aussage gestützt, dass diese für die Entwicklung der Elektromobilitätsdienstleistung überdurchschnittlich viel investiert haben. Umsatz- und Gewinnziele bleiben wie auch der angestrebte Marktanteil bei vielen der befragten Unternehmen (59, 50 und 45 Prozent) noch untererfüllt; dafür sehen sie sich dank des konkret betrachteten Elektromobilitätsangebots jedoch in puncto Kundenzufriedenheit besser aufgestellt als zunächst erwartet: 94 Prozent gaben an, dass die Erwartungen an ihre Dienstleistung hinsichtlich Kundenzufriedenheit erfüllt oder sogar übererfüllt wurden. 70 Prozent der Befragten nannten die Akzeptanz bei Kunden als wichtigsten Faktor für den Markterfolg ihrer Elektromobilitätsdienstleistungen – gefolgt von Wirtschaftlichkeit (55 Prozent). Dabei spielt im Vergleich zu anderen Dienstleistungen aus dem Portfolio der befragten Unternehmen die individuelle Anpassbarkeit der Elektromobilitätsdienstleistungen an Kundenwünsche (72 Prozent) eine zentrale Rolle.
Dienstleistungsentwicklung gewinnt durch agile Aufstellung des Projektteams
Ein wichtiger Schwerpunkt der Untersuchung waren Erfolgsfaktoren für die Entwicklung von Elektromobilitätsdienstleistungen und auch hier sind interessante Ergebnisse zu finden: »An den Ergebnissen zeichnet sich ab, dass der Erfolg von Unternehmen mit Elektromobilitätsdienstleistungen positiv mit fest geplanten Rollen und Verantwortlichkeiten bei der Entwicklung und mit effizienten Informationsflüssen korreliert, während fest definierte Prozessschritte eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen«, so Thomas Meiren, Leiter des Teams »Dienstleistungsentwicklung« am Fraunhofer IAO. Spannend für das Forschungsteam ist nun auch der nächste Schritt: die Ergebnisse der Befragung in Handlungsempfehlungen und Lösungen für Unternehmen zu gießen, um diese zukünftig bei der Entwicklung von Elektromobilitätsangeboten zu unterstützen.
Das dieser Befragung zugrunde liegende Projekt DELFIN, Teilprojekt »Innovations- und Geschäftsmodelle«, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 02K12A000 gefördert.
Weitere Informationen