Ultrahochleistungs-Speicher mit extrem kurzen Lade- und Entladezeiten
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) entwickelt Stromspeicher mit nanostrukturier-ten Elektroden und wässrigem Elektrolyt.
Ultrahochleistungs-Speicher können innerhalb von kurzer Zeit viel Strom abgeben und aufnehmen. Für viele Industrieanwen-dungen und Hybridautos ist das besonders interessant. Wissen-schaftler am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben nun Elektroden für neuartige Stromspeicher entwickelt, die die Lade- und Entladege-schwindigkeit bis auf drei Sekunden reduzieren können. Möglich wurde der technische Fortschritt durch eine nanostrukturierte Oberfläche der Elektroden. Als Elektrolyt verwendeten die For-scher eine wasserbasierte, nicht brennbare Lösung – der Spei-cher kann so auch bei hohen und tiefen Temperaturen genutzt werden. Das ZSW erzielte die Forschungsergebnisse im Rahmen des Projekts FastStorage BW II, das vom Land Baden-Württemberg mit drei Millionen Euro gefördert wird.
Um maximale Reichweiten für Elektrofahrzeuge zu erreichen, liegt der Fokus bei der Lithium-Ionen-Technologie auf der Optimierung der Energiedichte. Muss Elektrizität aber kurzzeitig aufgenommen und wieder abgegeben werden, etwa bei Gabelstaplern oder Hybridautos, bieten sich Hochleistungsspeicher an. Sie werden auch Superkonden-satoren oder elektrochemische Doppelschichtkondensatoren genannt und können viel schneller als Lithiumakkus ge- und entladen werden.
Ultraschnell und sicher durch wasserbasiertes System
Die Leistungsfähigkeit von Speichern wird ganz wesentlich von der Elektrodentechnologie bestimmt. Bei der neuen ZSW-Entwicklung nutzten die Forscher als Aktivmaterial für die positive Elektrode nano-strukturiertes Nickel, das nach einem speziellen Verfahren hergestellt und mit Nickelhydroxid beschichtet wird. Die negative Elektrode be-schichteten sie mit kommerzieller Aktivkohle anstatt mit Metallhydrid. Als Elektrolyt kam eine wässrige Kaliumhydroxidlösung zum Einsatz. Im Vergleich zu den organischen Elektrolyten bei Superkondensatoren ist sie nicht brennbar. Das trägt zu einer erhöhten Sicherheit der Zelle bei.
Eine erste Demonstrationszelle wurde bereits angefertigt. „Die C-Rate, das heißt der Wert für die Entladegeschwindigkeit, beträgt fast 1.200“, sagt Prof. Dr. Werner Tillmetz, ZSW-Vorstandsmitglied und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien.
„Der neue Speicher ist daher in der Lage, innerhalb von rund drei Se-kunden die gesamte Kapazität zur Verfügung zu stellen.“ Das ist sehr viel mehr als bei Lithium-Ionen-Batterien, die typischerweise mit C-Werten im einstelligen Bereich betrieben werden.
Bessere Elektroden durch Nanostrukturierung
Eine Nanostrukturierung der neuen Elektroden machte diesen Fort-schritt möglich. Üblich ist bisher eine Mikrostrukturierung, die eine et-wa 100 bis 1.000 Mal geringere Oberfläche als das ZSW-Material hat. Die Folge der feineren Strukturierung ist enorm: Die Oberfläche nimmt zu und erlaubt es, die Ladungsträger wesentlich schneller und mit ge-ringerem Widerstand zu übertragen.
„Hergestellt wurde die Zelle in einem konventionellen Rakel-Beschichtungsverfahren im Labormaßstab“, erklärt Tillmetz. „Der Her-stellprozess lässt sich daher ohne größeren Aufwand auf großflächige-re Zellen hochskalieren. Damit rückt die Herstellung von Prototypen ein gutes Stück näher.“
Der Einsatz von Ultrahochleistungsspeichern ist überall dort sinnvoll, wo kurzzeitig ein sehr hoher Strombedarf gedeckt werden muss und kurzzeitig viel Strom zurückgespeichert werden soll. Dazu gehören insbesondere industrielle Anwendungen wie Hochregallager sowie Intralogistik-Shuttle-Systeme und Hybridautos. Das jährliche Marktpo-tenzial für diese Zellen ist erheblich. In zwei bis vier Jahren können es bis zu 300 Millionen Euro sein. Das Projekt FastStorage BW II läuft noch bis Ende 2017.
Quelle
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) 2016