Wann und wie lohnt die Investition in ein Solarkraftwerk?
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR, Köln) haben mit Partnern einen Leitfaden zur Ertragsberechnung eines Solarthermie-Kraftwerks erstellt.
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben gemeinsam mit Partnern einen 170-seitigen Leitfaden zur Ertragsberechnung eines Solarkraftwerks erstellt. Die Solarthermiebranche verfügt damit erstmals über umfangreiche und standardisierte Berechnungsgrundlagen, die den hohen Anforderungen bei der Projektfinanzierung gerecht werden. Mit dem 170-seitigen Handbuch soll die Finanzierung von Solarkraftwerken erleichtert und damit ihr Bau vorangetrieben werden. Ab jetzt kann das Standardwerk von der SolarPACES-Seite hier (auf Englisch) heruntergeladen werden.
Markteintritt erleichtern
Solarkraftwerke oder solarthermische Kraftwerke konzentrieren mit Spiegeln die Strahlung der Sonne und erzeugen damit je nach Technologie Temperaturen bis zu 1100 Grad Celsius. Mit dieser Wärmeenergie wird durch einen konventionellen Kraftwerksprozess Strom erzeugt. Solarkraftwerke haben den Vorteil, dass sie mittels eines integrierten Wärmespeichers auch in Perioden ohne Sonne über mehrere Stunden Strom ins Netz einspeisen können. Daher wird ihnen in einem Energiesystem mit hohen Anteilen an fluktuierender erneuerbarer Energie eine große Bedeutung zugesprochen. Im Vergleich zu einer Photovoltaikanlage ist der Bau eines Solarkraftwerkes jedoch wesentlich komplexer und beinhaltet daher für Investoren andere Kategorien von Risiken.
So erfordert die Entscheidung für oder gegen die Finanzierung eines solarthermischen Kraftwerks präzise Kenntnisse über die solaren Ressourcen, dieTechnik, die zu erwartende Stromausbeute und den finanziellen Ertrag. Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Technologien wie Wind oder Photovoltaik müssen bei solarthermischen Kraftwerken zudem sehr unterschiedliche Anlagendesigns und die zusätzlichen Komponenten Speicher und Hybridisierung berücksichtigt werden. Das Handbuch bietet neuen, aber auch erfahrenen Marktteilnehmern eine systematische Orientierung, soll die breite Marktdurchdringung der Kraftwerke erleichtern sowie den Wettbewerb fördern. Das DLR-Institut für Solarforschung hat den Leitfaden gemeinsam mit dem Fraunhofer ISE, der Fichtner GmbH &Co. KG, der Suntrace GmbH, der IA Tech GmbH, dem Beratungsunternehmen DNV GL und der Hochschule Hamm-Lippstadt erarbeitet.
Transparenz bei den Berechnungsgrundlagen
„Bisher gab es lediglich Berichte zu Erträgen einzelner Kraftwerke. Wir haben nun einen umfassenden Leitfaden erstellt, in dem auch das Zusammenspiel der unterschiedlichen Faktoren berücksichtigt wird“, sagt Dr. Tobias Hirsch, der das Projekt am DLR-Institut für Solarforschung leitete. So bietet das Handbuch zum Beispiel nicht nur die Berechnungsgrundlage, wie ein Receiver einer Anlage einzuschätzen ist, sondern auch das Zusammenspiel des gesamten Systems, vom Receiver über den Wärmeüberträger bis hin zum Speicher und zur Gasturbine. In das Handbuch ist das Wissen von Experten aus unterschiedlichen Disziplinen eingeflossen: „Wir haben unsere Berechnungsgrundlagen auf Fachkonferenzen wie der SolarPACES mit Experten aus der Wissenschaft und Industrie von der ingenieurtechnischen Seite intensiv diskutiert. Die Aspekte der Finanzentscheider haben wir in enger Abstimmung mit den in diesem Gebiet tätigen Projektpartnern erarbeitet“, beschreibt Hirsch die Erstellung des Leitfadens.
Kreditkonditionen verbessern
Boris Westphal von der Solar-Consulting-Firma Suntrace ist überzeugt, dass Investoren und Banken mit dem Handbuch die Risiken besser einschätzen können. „Die dargestellten Verfahren ermöglichen durch wissenschaftliche Standardisierungsvorgaben eine deutliche Reduzierung der Unsicherheiten in Bezug auf die Kraftwerkserträge.“ Eine exakte Einschätzung der Energieerträge und damit der zukünftigen Einnahmen ist für den Finanzsektor die essentielle Entscheidungsbasis, ob und zu welchen Konditionen Kapital zur Verfügung gestellt wird. Mit dem Handbuch werden standardisierte Verfahren vorgestellt, mit dem Ziel, die üblicherweise angesetzten Risikoaufschläge zu verringern und somit die Kapitalkosten zu senken. „Niedrigere Eigenkapitalrenditeanforderungen (Mindestrenditen von Investoren, im Englischen „Hurdle Rates“) und günstigere Fremdfinanzierungskonditionen können einen entscheidenden Beitrag zur Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit solarthermischer Projekte leisten“ so Westphal.
Das Standardwerk kann von der SolarPACES-Seite (auf Englisch) heruntergeladen werden.