Wie sich Landnutzung auf Ökosysteme auswirkt
Die tropischen Ökosysteme sind durch landwirtschaftliche Nutzung weltweit bedroht. Aktuell führt beispielsweise der großflächige Anbau von Ölpalmen zu einem rasanten Verlust an intakten Regenwäldern. Und das betrifft nicht nur Pflanzen, sondern auch die Tierwelt und im Boden lebende Organismen.
„Verschiedenste Arten und Artengruppen, wie Vögel und Insekten, stehen in einem engen Beziehungsgeflecht“, erläutert Prof. Dr. Ulrich Brose. „Werden Wälder abgeholzt, um Öl-Plantagen anzulegen, wirkt sich das auf das gesamte Ökosystem aus“, so der Professor für Biodiversitätstheorie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig forscht.
Prof. Brose und sein Team konnten in den zurückliegenden Jahren erstmals aufzeigen, wie indirekte und direkte Effekte der Landnutzungsänderungen ineinandergreifen und welche Auswirkungen dies auf die komplexe Artengemeinschaft von Tieren und Pflanzen hat. Dafür wird der 49-jährige Ökologe mit dem diesjährigen Forschungspreis des Freistaates Thüringen in der Kategorie Grundlagenforschung ausgezeichnet. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis ist heute (8. April) in der Jenaer Imaginata überreicht worden.
„Dieser Preis ist eine Würdigung der Arbeit eines großen Teams in unserer Arbeitsgruppe Ecological Networks Lab“, freut sich Prof. Brose. „Seit Jahren arbeiten wir an Modellen natürlicher Lebensgemeinschaften, die sowohl die Arten als auch ihre Interaktionen abbilden. Diese Grundlagenforschung hat neuartige Prognosemodelle zu den Konsequenzen von menschlicher Landnutzung ermöglicht. Die Preisverleihung bedeutet damit mir und der ganzen Arbeitsgruppe sehr viel, da mit ihr unsere langjährige Arbeit gewürdigt wird.“
Funktionsverlust der Ökosysteme übersteigt Verlust an Arten
Ulrich Brose und seine Mitstreiter haben mit Kooperationspartnern auf der indonesischen Insel Sumatra analysiert, wie sich die Umwandlung von Regenwald in Palmöl-Plantagen auf Artengruppen – angefangen von Mikroorganismen, über Insekten bis hin zu Vögeln – auswirkt und dabei Tausende von Interaktionen zwischen Hunderten von Arten berücksichtigt. „Wir haben festgestellt, dass sich sowohl die Anzahl der Arten im Ökosystem deutlich reduziert, als auch die Biomasse der Artengruppen“, sagt Brose. Neben diesen direkten Effekten konnten die Forscher auch indirekte Effekte aufklären, die zwischen allen Teilen der Nahrungsnetze wirken: während direkte Effekte der Landnutzung sich auf bestimmte Artengruppen wie Pflanzen niederschlagen, lassen sich über die Interaktionen zwischen Arten auch indirekte Folgen bei anderen Artengruppen wie Vögeln feststellen. „Unsere Arbeiten zeigen, dass wir neben dem starken Verlust an Artenvielfalt durch die Landnutzung einen noch viel stärkeren Verlust an Ökosystemfunktionen, wie Primärproduktion und natürliche Kontrolle von Schadorganismen wie Herbivoren in Plantagen haben“, so Forschungspreisträger Brose.
Bei den ausgezeichneten Forschungsarbeiten haben die Ökologen nicht nur umfangreiche Datensätze analysiert, sondern auch neue mathematische Methoden zur Berechnung von Energieflüssen und Computermodelle entwickelt, mit denen Struktur, Dynamik und Funktionsfähigkeit von komplexen Nahrungsnetzen beurteilt werden können. Damit lassen sich Ökosystemfunktionen nicht nur im Labor in kontrollierten Experimenten messen, sondern auch in natürlichen Ökosystemen. Erst diese methodische Weiterentwicklung ermöglicht es, die Konsequenzen von Landnutzungsänderungen nicht nur für die Biodiversität, sondern auch für die Funktionsfähigkeit der ökologischen Systeme zu untersuchen.
Quelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena | Prof. Dr. Ulrich Brose hat den diesjährigen Thüringer Forschungspreis in der Kategorie Grundlagenforschung erhalten.