Klima und Kriege bedrohen humanitäre Hilfe in 2016
Die internationale Gemeinschaft ist auf weitere Krisen in 2016 nicht ausreichend vorbereitet.
Der sich abzeichnende Mega-El-Niño setzt das durch zahlreiche Kriege ohnehin schon stark unter Druck stehende internationale System der humanitären Hilfe einer beispiellosen Belastungsprobe aus. Regierungen und Geberländer müssten mehr in präventive Maßnahmen wie Bodenschutz oder nachhaltige Landwirtschaft investieren, fordert die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam.
Oxfam schätzt, dass ohne präventive Maßnahmen weit mehr als zehn Millionen Menschen im kommenden Jahr wegen des Wetterphänomens El Niño Hunger, Wasserknappheit und Seuchen ausgesetzt sein könnten. In manchen Regionen lässt sich eine Notlage wahrscheinlich nicht mehr vermeiden. So geht die Regierung Äthiopiens davon aus, dass 2016 wegen der durch El Nino verstärkten Dürre 10,2 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sein werden. Dies sei mit Kosten von rund 1,4 Milliarden US-Dollar verbunden. Oxfam plant, 770.000 Menschen mit Trinkwasser, Sanitäranlagen, Lebensmittel und Maßnahmen zur Existenzsicherung zu unterstützen, benötigt dafür aber weitere 25 Millionen US-Dollar.
Auch in anderen Gegenden verschlechtert sich die Situation zusehends. „Nicht nur in Äthiopien, auch in Haiti und Papua Neuguinea erleben die Menschen die Auswirkungen der globalen Dürre, etwa in Form von Ernteausfällen“, erklärt Jane Cocking, Leiterin Humanitäre Hilfe bei Oxfam Großbritannien. „Wenn die internationale Gemeinschaft nicht handelt, drohen weitere Länder Afrikas und Lateinamerikas in die Krise zu rutschen.“
So wird im südlichen Afrika die Nahrungsknappheit im Februar einen ersten Höhepunkt erreichen. In Malawi werden bis März vermutlich 2,8 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. Nach Dürren und anschließenden Überflutungen beziehen in Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua bereits jetzt zwei Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfen und die Situation droht sich ab Januar weiter zu verschlechtern.
Jane Cocking verweist darauf, dass das System der humanitären Hilfe wegen der Kriege in Syrien, Süd-Sudan, Jemen und anderswo stark unter Druck steht. Laut UN sind weltweit mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Dennoch müssten Regierungen und Geberländer in präventive Maßnahmen zum Schutz vor Dürren, Überschwemmungen oder Unterernährung investieren. Sie verweist darauf, dass dies die Kosten für Notfallhilfeprogramme um rund 40 Prozent reduzieren kann.
Hintergrund:
Der El Niño ist ein natürliches Phänomen, das alle sieben bis acht Jahre auftritt, wenn die Ozeane im großen Umfang Hitze an die Atmosphäre abgeben und globale Wettermuster beeinflussen. Forscher sagen voraus, dass besonders intensive El Niños aufgrund des Klimawandels zweimal häufiger als in der Vergangenheit auftreten könnten. Nach Ansicht zahlreicher Klimaexperten könnte der diesjährige El Niño (2015/2016) der stärkste seit 1997/98 werden und sich zu einem „Mega-El-Niño“ entwickeln. Erst in den vergangenen Tagen mussten mehr als hunderttausend Menschen aus der Grenzregion von Paraguay, Uruguay, Brasilien und Argentinien wegen durch El Niño ausgelösten Überschwemmungen ihre Häuser verlassen.
Im Oktober hatte Oxfam ein Informationspapier zum Thema El Niño mit dem Titel „Entering Uncharted Waters. El Niño and the threat to food security“ veröffentlicht.