‹ Zurück zur Übersicht
bigstock | rolffimages

© bigstock | rolffimages | Die drohende Klimaerwärmung birgt für Mensch und Umwelt große Risiken.

Neue Studie zu globaler Erwärmung

Mit den bisherigen Klimazusagen der Staaten lässt sich laut einer neuen Studie nicht einmal mehr das Zwei-Grad-Ziel erreichen. Experten fordern, das Ergebnis anders zu lesen. Mit ernsthafter Klimapolitik sei noch viel mehr möglich.

So etwas wie Optimismus erfasste kürzlich beim UN-Gipfel in Glasgow die Klimadiplomaten in dem Moment, als Wissenschaftler all die Zusagen der Staaten zur Treibhausgas-Reduktion zusammenrechneten.

Setzen die Länder die Klimamaßnahmen um, zu denen sie sich jetzt schon verpflichtet haben, erwärmt sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts voraussichtlich um rund 2,7 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit.

Rechnet man noch die für 2030 gegebenen Zusagen ein, könnte die Welt im Jahr 2100 bei einem Plus von 2,4 Grad landen.

Das ist immer noch beunruhigend, ein wirklicher Hoffnungsschimmer aber war: Nimmt man nun noch die – wenn auch vagen – Versprechen der Länder hinzu, im Laufe des Jahrhunderts netto null Treibhausgasemissionen zu erreichen, läuft die Prognose auf eine Erwärmung um rund 1,8 Grad zum Ende des Jahrhunderts hinaus, mit einem zwischenzeitlichen Höchststand von 1,9 Grad. Anzeige

Die 1,8 elektrisierte den Gipfel geradezu. Ganz unerwartet kam das Pariser Klimaziel von 1,5 Grad in Reichweite. Die drei restlichen Zehntelgrad oder sogar noch mehr sollten doch machbar sein.

In diese Zuversicht platzt eine jetzt im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlichte Studie eines internationalen Teams um Ida Sognnæs vom Cicero-Klimaforschungszentrum in Oslo.

Die Forscher hatten nicht gefragt, was zu tun ist, um ein bestimmtes Klimaziel zu erreichen, sondern sich angesehen, welcher Verlauf der Treibhausgasemissionen über die Zeit bis 2100 am wahrscheinlichsten ist, geht man von der heutigen Klimapolitik aus.

Erwärmung um 2,2 bis 2,9 Grad unvermeidlich?

Dazu verglichen die Forscher sieben verschiedene sogenannte Integrated Assessment Models. Diese integrierten Bewertungsmodelle bilden ab, wie sich Energiewirtschaft und Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werden.

Jedes Modell arbeitet dabei mit unterschiedlichen Annahmen – etwa, wie schnell der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangeht, welchen Anteil Wasserstoff im Energiemix haben wird, in welchem Ausmaß es möglich sein wird, CO2 aus der Atmosphäre herauszuholen und zu speichern, oder wie sich die Bevölkerungszahlen entwickeln.

Das ernüchternde Ergebnis der Studie: Bis zum Jahr 2100 wird sich die Erde im Vergleich zur vorindustriellen Zeit nahezu unweigerlich um 2,2 bis 2,9 Grad erwärmen. Und selbst wenn alle Länder ihre Klimaziele für 2030 tatsächlich erfüllen, halten die Forscher das Zwei-Grad-Ziel, das Minimalziel des Paris-Abkommens, generell für nicht mehr erreichbar, auch durch noch so große Anstrengungen bis zum Ende des Jahrhunderts nicht.

Zwar konnte die Studie die auf dem Glasgower Gipfel abgegebenen Netto-Null-Versprechen nicht mehr berücksichtigen – das mindert für Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik aber nicht die Bedeutung der Studie.

Im Gegenteil, sagt der Klimaexperte: So werde der Fehler vermieden, die Staaten schon jetzt für ihre Langfrist-Ankündigungen gewissermaßen zu belohnen. Schließlich sei gegenwärtig noch nicht einmal sicher, ob die meisten Länder ihre selbst gesetzten Klimaziele für 2030 erreichen.

„Alle Netto-Null-Ziele für Mitte des Jahrhunderts sind im Grunde Versprechen, über deren Realisierungswahrscheinlichkeit man noch keine belastbaren Einschätzungen abgeben kann“, betont Geden, der einer der Leitautoren des jüngsten Weltklimaberichts ist.

Zudem sei bei manchen dieser nationalen Netto-Null-Ziele, etwa dem von Indien für 2070, unklar, ob sie sich nur auf CO2 beziehen oder auf alle Treibhausgase. Letzteres sei wesentlich anspruchsvoller, so Geden – gerade bei Ländern wie Indien, in denen die Landwirtschaft eine große Rolle spielt.

„Sogar das 1,5-Grad-Ziel wäre noch erreichbar“

Die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London hält es allerdings für gefährlich, aus den neuen Modellrechnungen schon jetzt den Schluss zu ziehen, dass die Zwei-Grad-Grenze so oder so gerissen wird, egal wie die künftige Klimapolitik der Staaten ausfällt.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren