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 Für ein solares Zeitalter – Mit Ethik und Technik

Bis zu zwei Milliarden Menschen werden bis zum Ende dieses Jahrhunderts in lebensfeindlichen Regionen leben müssen, wenn die Weltgemeinschaft das 1.5-Grand- Ziel verfehlt.  Dürren, Überschwemmungen, Wüstenbildung, Hitzerekorde, Waldbrände, Gesundheitsschäden, Millionen Hitzetote, Artensterben und Flüchtlingsströme kommen auf uns zu.

 Ökonomie und Ökologie versöhnen

Der Klimawandel kommt nicht, er ist bereits da. Es ist Zeit, der Realität ins Auge zu schauen. Diese ist zwar kompliziert, aber nicht hoffnungslos. Spätestens seit der Aufklärung vor etwa dreihundert Jahren, seit der „Entideologisierung“ der Welt, seit die Philosophie nicht mehr die „Magd der Theologie“ (ancilla theologiae) ist, basiert unser westliches Kulturmodell auf naturwissenschaftlicher Erkenntnis – so glauben wir es zumindest. Weshalb aber warnen dann Wissenschaftler weltweit und jahrelang vor dem Klimawandel, ohne damit in Politik und Gesellschaft tatsächlich Gehör zu finden oder gar entsprechendes Handeln zu bewirken? Warum reicht die Aufklärung im traditionellen Sinn nicht für unsere Rettung? Wir brauchen eine neue Aufklärung, eine zweite, tiefer gehende Aufklärung, um wenigstens noch das Schlimmste zu verhindern.

 Unsere heutige Umweltkrise ist eine „Innenwelt-Krise“ ist. Wir glauben, dass wir tun, was wir wissen. Doch wir tun nicht wirklich, was wir wissen. Die Vorstellung, dass allein Rationalität uns retten wird, ist ziemlich irrational. Allein mit dem Verstand kommt der Mensch nicht zur Vernunft. Wir sind Weltmeister im Verdrängen. Einige wissen allerdings genau, was sie tun. Sie sitzen meist an Konzernspitzen oder am Kabinettstisch.

Viele Menschen haben zudem Angst vor den notwendigen Veränderungen. Manchmal freilich stimmen Politiker auch aus Angst für die notwendigen Veränderungen. Erst die Angst vor Hautkrebs führte zum FCKW-Verbot. Die Angst vor dem Waldsterben brachte unserer Automobilindustrie den Drei-Wege-Katalysator. Die Lobbyisten der alten Energiewirtschaft haben schlicht Angst um ihre Pfründe. Auch Politiker wissen um ihre Abhängigkeit von den Großkonzernen, und viele Bürgerinnen und Bürger fliegen, fahren Autos und essen sich krank mit viel Fleisch, obwohl sie wissen, was sie damit sich und der Umwelt sowie der Zukunft ihrer Kinder antun. Ist die Wahrheit uns Menschen tatsächlich zumutbar? Reicht dafür die klassische, rein rationalistische Aufklärung?

Konservative und religiöse Menschen vertrauten über Jahrtausenden der Weisheit der Natur. Doch dieses Vertrauen wird in den Zeiten der Klimaerhitzung und des Artensterbens zunehmend erschüttert. Die Natur spielt nicht mehr mit, sie spielt eher verrückt, sie hat Fieber und sie streikt. Wir sind gerade dabei, unseren uralten Vertrauensgefährten – die Natur als Quelle unseres Reichtums und Glücks – zu verlieren. Zunächst aber sollten wir wenigstens begreifen, dass wir ja gar nicht das Klima als solches retten wollen, sondern – ganz egoistisch – uns selbst.

Hierfür muss uns eine zweite Aufklärung so rasch wie möglich gelingen. Das heißt Technik und Ethik, Religion und Philosophie, Natur und Vernunft, Freiheit und Verantwortung zusammenzudenken. Nur so entsteht eine „Öko-Spiritualität“. Der Dalai Lama spricht auch von „Herzensbildung“. Wenn wir diese Interdependenz nicht verstehen, wird unsere Freiheit bald in Unfreiheit enden. Die Klimaerhitzung produziert diese schon heute in vielfacher Weise, zum Beispiel für Flüchtlinge oder für Bauern, die ihr Land an die Wüste verlieren, oder für ältere Menschen, die – auch in Europa – durch Hitzesommer wie die von 2003 und 2018 sterben mussten. Allein im Jahr 2003 sind es laut EU-Statistik etwa 60 000 Menschen. In Indien, wo die Hitze im Sommer 2019 auf unerträgliche fünfzig Grad und mehr stieg, starben Tausende ältere Menschen an Überhitzung. Und das waren nur die Vorboten.

Es ist immer wieder verblüffend, wie schwer sich gerade Konservative tun, diese Zusammenhänge zu verstehen. Dabei ist es doch eine zentrale Aufgabe der Konservativen, die Schöpfung zu bewahren. Ach, wären die Konservativen doch wirklich konservativ!

Nach der Aufklärung glaubten viele Intellektuelle, wir könnten uns nicht nur von unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit emanzipieren, sondern auch von der Natur. Wir raubten in gerade mal dreihundert Jahren der Natur die Rohstoffe, die sie in Millionen von Jahren angesammelt hatte, bliesen den Abfall in die Luft und füllten die entstandenen Riesenlöcher mit Unmengen von Müll. Die heutigen Ökonomen nennen das Fortschritt. Und nun? Was folgt auf den Wachstumswahn nach der Aufklärung? Schaffen wir eine Aufklärung der Aufklärung, die uns hilft, den jetzt notwendigen Wandel zu organisieren?

Gott oder Geld?

Seit dreihundert Jahren glauben die Ökonomen, Geld sei die Basis allen Wirtschaftens. Es ist jedoch die Natur, die diesen Namen verdient und die Basis der Ökonomie bildet. Auf einer toten Erde zu wirtschaften macht wenig Sinn und bringt auch keine Jobs.

Ökonomie und Ökologie kommen beide vom griechischen Wort oikos für „haushalten“. Die Herrschaft des Geldes ist die Hauptkrankheit unserer Zeit. „Der Versuch, die Zahlen von den Werten zu trennen, führt zur totalen Herrschaft der Zahlen“, schreibt der Begründer der „Gemeinwohl-Ökonomie“, Christian Felber. Und weiter: „Die Trennung von Ökonomie und Ökologie ist einer der größten Sündenfälle der Wirtschaftswissenschaft.“

Die Vermehrung des Geldes macht die Welt nicht reicher. Die brutalste Armut haben wir dadurch geschaffen, dass wir in den letzten fünfzig Jahren etwa die Hälfte aller Lebensarten im Tier- und Pflanzenreich ausgerottet haben. Mehr Geld, aber weniger Reichtum an Leben: Gegenüber dieser Irrsinns-Ökonomie ist die Theologie beinahe eine exakte Wissenschaft.

Eine Zukunft kann es nur geben, wenn wir in der Gegenwart lernen, die größten Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Nur dann werden wir in der wirklichen Wirklichkeit ankommen. Oder in der göttlichen Ordnung.

In der Sprache der Religion ist Gott identisch mit Geist und Frieden ein anderes Wort für Gerechtigkeit.

Energiekrise, Flüchtlingskrise und Klimakrise hängen eng zusammen. Wenn wir diese Zusammenhänge sehen, finden wir Lösungen, und aus Krisen entstehen Chancen. Der Schlüssel zur Lösung all dieser Krisen ist die Energiekrise.

 Geistes-Sex: Reifen statt wachsen

Wir können spirituell, geistig, kulturell oder auch religiös immer weiter reifen, aber niemals materiell unendlich wachsen. Unsere materiellen Ressourcen sind begrenzt, aber die Ideen unseres Geistes sind es nicht. Es gibt Geistes-Sex. Eine Pfingst-Idee. Ideen können sich vermehren, auf diese Weise entstehen Fortschritt und Wohlstand. Und dennoch propagieren alle Regierungen der Welt äußeres ökonomisches Wachstum. Das einzige materielle Wesen, das unendlich wächst, ist der Krebs. Mit der Philosophie des ewigen Wachstums propagieren wir ganz offiziell eine Krebsgeschwür-Ökonomie. Und das weltweit. Doch diese kann tödlich sein.

Wie können wir aber in den Zeiten der Klimaerhitzung und der Umweltzerstörung geistig so wachsen, dass wir diese Herausforderungen – vielleicht – noch bestehen? Wie können wir reifen statt wachsen? Das ist wohl die Frage aller gegenwärtigen Fragen.

Viele Kinder und Jugendliche beginnen uns zu durchschauen und sich gegen den Verbrennungswahn, gegen unsere Pyromanie zu wehren.

Es ist nicht pathetisch, sondern einfach wahr: Das Ende der menschlichen Zivilisation ist möglich geworden.

Transformation ist aber auch möglich – es gibt immer Alternativen. Was wir tun, können wir auch lassen. Alle Probleme, die von Menschen verursacht wurden, können auch von Menschen gelöst werden:

  • Frieden ist möglich
  • Liebe ist möglich
  • Gerechtigkeit ist möglich
  • Mitgefühl ist möglich
  • Klimaschutz ist möglich
  • nachhaltiges Wirtschaften ist möglich und damit:
  • eine bessere Welt ist möglich

Schönen Worten müssen freilich entsprechende Taten folgen. Nur Taten sind der Wahrheitsbeweis unserer Worte. Dann werden aus Utopien konkrete und realisierbare Visionen.

Das einzige Gegengift zu Geld und Gier ist das Mitgefühl, lehrt uns der Buddhismus, aber auch das ursprüngliche Christentum.

Die technischen Voraussetzungen für die Überwindung des fossil-atomaren Zeitalters sind alle gegeben. Wir haben überhaupt keine Erkenntnisprobleme, wir haben massenhaft Umsetzungsprobleme. Deutschland hat mit seinem technologischen Vorsprung bei erneuerbaren Energien keinen Grund zur Angst vor den anstehenden Veränderungen durch eine hundertprozentige Energiewende. Im Gegenteil: Die heutige Ressourcenkrise bietet uns eine riesige Chance. Mit den alternativen Energie-Technologien.

Es liegt jetzt ausschließlich an uns selbst, dem Einstieg ins Solarzeitalter zum Durchbruch zu verhelfen.

 Sind wir noch zu retten?

 Ja, noch sind wir zu retten! Noch! Unsere Zukunft ist kein blindes Schicksal. Die Zukunft ist das, was wir heute aus ihr machen.

Das Grundsatzprogramm des Christentums ist die Bergpredigt. Und Buddhas Grundsatzprogramm heißt Mitgefühl mit allem Leben. Er lehrt es im „Achtfachen Pfad“. Der heute beinahe weltweit vorherrschende ungehemmte Neo-Liberalismus hat sich praktisch zu einer Diktatur des internationalen Finanzkapitals entwickelt. Der Dalai Lama sagt dazu: Geld ist ein wichtiges Tauschmittel, aber „es ist falsch, das Geld als einen Gott oder eine Substanz mit einer eigenen Macht zu betrachten“. Und Jesus fragt seine Freundinnen und Freunde: „Wem wollt ihr dienen: Gott oder dem Mammon? Ihr müsst euch entscheiden!“

Buddha und Jesus sind die größten, nachhaltigsten und überzeugendsten Vorbilder der letzten 2.000 Jahre. Bisher haben wir zu wenig von ihnen gelernt. Sonst würden wir weder Atombomben-Politik machen noch unsere Lebensgrundlagen zerstören indem wir einen dritten Weltkrieg gegen die Natur und damit gegen uns selbst führen.

Quelle

Franz Alt 2023

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