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Warum Liz Truss stürzen musste

In ihrer Regierungserklärung hatte die britische Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss ihre Wunschpolitik noch so beschrieben: „Wachstum, Wachstum, Wachstum“ plus Steuersenkung für die Superreichen.

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Mit diesem neoliberalen Programm scheitern heute sogar Konservative an den erzkonservativen Börsen in London. In einer Zeit, in der hierzulande Bücher wie „Das Ende des Kapitalismus“ Spiegel-Bestseller werden, hat die klassische neoliberale Wachstumsideologie schlicht ausgedient. Der neue englische Premierminister Rishi Sunak hat dann auch gleich versprochen, die Fehler seiner Vorgängerin rasch revidieren zu wollen. Das erklärt den Sturz seiner Vorgängerin. Die Finanzinvestoren haben verstanden, dass der Abschied von der alten Energiepolitik und die rasche Energiewende in den nächsten 15 Jahren unausweichlich sind.

Es gibt noch eine zweite Lüge des fossilen Wachstuns-Kapitalismus: „Den menschengemachten Klimawandel gibt es nicht.“ Christian Stöcker spricht auf Spiegel-online von den „zwei größten Lügen des fossilen Kapitalismus“.

  • Zur ersten Lüge: Steuersenkungen finanzieren sich eben nicht von selbst.
  • Und zur zweiten Lüge: Auf einem begrenzten Planeten kann es niemals unbegrenztes Wachstum geben. Jetzt ist ökonomische Reife statt ewiges Wachstum gefragt. Das heißt: eine Balance zwischen der klassischen Ökonomie und einer zeitgemäßen Ökologie.
Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen

Die Katastrophen nehmen weltweit zu. 2021 Überschwemmungen im Ahrtal in Deutschland mit 35 Milliarden Euro Schäden. Waldbrände in Kalifornien und Australien. Überschwemmung in Pakistan mit unbezahlbaren Schäden. Eisschmelze an den Polen und Anstieg des Meeresspiegels. Weltweites Korallensterben. UNO-Generalsekretär Guterres: Wir töten unsere Kinder. Tatsächlich haben wir unseren Brutinstinkt verloren.

Deshalb haben sich die Klimawandel-Leugner ein neues Narrativ einfallen lassen müssen: Klimawandel gab´s schon immer und es ist zu schwierig und zu teuer, ihn zu stoppen. Deshalb machen wir einfach so weiter wie bisher. Das ist genau so unlogisch wie unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten. Deshalb sollen nun auch weiterhin die Interessen der alten fossil-atomaren Energielobbys gelten. Zur Erinnerung: In den USA halten nur 54 Prozent der Bevölkerung den Klimawandel für ein echtes Problem.

Dass die erneuerbaren Energien unschlagbar preiswert sind, wollen die Vertreter der alten Energiewirtschaft immer noch nicht wahrhaben. Sie fantasieren ganz nostalgisch vom „billigen Atomstrom“, obwohl dieser langfristig unbezahlbar ist. Soeben erschien eine wissenschaftliche Studie in den USA, die prognostiziert, dass eine Kilowattstunde Solarstrom schon 2025 für einen Cent produziert werden kann. Die Regierung Biden hat soeben beschlossen, den raschen Ausbau der erneuerbaren Energien mit 380 Milliarden Dollar zu fördern.

Bei der ersten Lüge gilt nach wie vor der Grundsatz, den der wissenschaftliche Vertreter des Neoliberalismus, der US-Ökonom Milton Friedman, aufgestellt hat. „Ich bin immer und unter allen Umständen für Steuersenkungen, egal, aus welchem Grund und wann immer sie möglich sind.“

Dieser Ideologie, die sich längst als verhängnisvoll erwiesen hat, hängt bis heute auch Christian Lindner an. Für Neoliberale gilt noch immer, dass Steuersenkungen für Reiche alle immer reicher machen.

„Ideologiefreie Energiepolitik“ von Christian Lindner

Dieser Glaubenssatz ist noch unerschütterlicher als die Ideologie der Klimawandel-Leugner. Lindner sprach erst jetzt wieder von einer „ideologiefreien Energiepolitik“ und meint damit Kohle, Gas, Öl und längere Laufzeiten für die restlichen Atomkraftwerke in Deutschland, obwohl er in einem Anfall von Erleuchtung im Bundestag auch mal davon sprach, dass erneuerbare Energien „Freiheitsenergien“ sind.

Die deutschen Neoliberalen und die US-Republikaner werden irgendwann das Schicksal von Liz Truss erfahren, wenn sie nicht endlich eine wirklich ideologiefreie Realpolitik lernen. Die FDP ist nach den letzten drei Landtagswahlen in Deutschland bereits auf dem Weg ins politische Abseits. Doch sie zeigt sich noch immer lernunfähig.

Vielleicht hilft in Deutschland dieser Oktober-Sommer 2022 dazu, den Klimawandel ernster zu nehmen als bisher und die Energiewende zu beschleunigen. Die Blätter sind schon gelb und rot und braun, doch die Temperaturen bleiben sommerlich.

Quelle

FRANZ ALT 2022

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