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© Stiftung Klimaneutralität 2025

55 Politikempfehlungen für ein klimaneutrales Deutschland

Ein Strategie-Update für die Klimapolitik – 55 Handlungsempfehlungen für die nächste Legislaturperiode.

In der kommenden Legislaturperiode wird sich entscheiden, ob Deutschland sein nationales Klima-
Zwischenziel in 2030 erreicht. Dafür müssen die Treibhausgasemissionen um 65% gegenüber 1990
gemindert werden. Dasselbe Ziel bindet Deutschland im Rahmen der Europäischen Lastenteilung.
Was muss getan werden, damit das gelingt? Antworten darauf geben 55 Handlungsempfehlungen
der Stiftung Klimaneutralität für die Bereiche Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude und
Landwirtschaft. Die Empfehlungen wurden heute in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Aus Sicht
der Stiftung müssen die klimapolitischen Instrumente so umgebaut werden, dass sich alle Menschen
anpassen können.

Anders als bei der Bundestagswahl 2021 ist die deutsche Energie- und Klimapolitik heute viel mehr europäisch integriert. Die EU hatte bereits im Juli 2021 mit einem „Europäischen Klimagesetz“ das Ziel Klimaneutralität bis 2050 verbindlich festgelegt; ebenso wie die Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 %. Seitdem sind im Rahmen des Green Deals eine Reihe von EU-Gesetzen beschlossen und reformiert worden, die auch für Deutschland den energie und klimapolitischen Rahmen verbindlich prägen.

Mit dem Europäischen Emissionshandel für Industrie- und Energiewirtschaft (ETS I) werden die zulässigen Emissionen in diesen Sektoren von Jahr zu Jahr stark reduziert und erreichen schon vor 2040 den Nullpunkt. Nach 2039 werden keine Emissionsberechtigungen mehr versteigert.


Rainer Baake, Co-Direktor der Stiftung Klimaneutralität: „Die Ampel-Regierung hat klimapolitisch ins-
besondere im Energiesektor viel erreicht. Aber es ist bislang nicht gelungen, Klimapolitik so zu gestal-
ten, dass alle Menschen den Umstieg auf klimafreundliche Technologien schaffen können. Die Sorge
vor finanzieller Überforderung ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Steigende CO2-Preise im
Rahmen des Emissionshandels werden diesen Prozess beschleunigen, wenn bei der Förderung der
Haushalte und der Finanzierung der Infrastruktur nicht umgesteuert wird. Die grundsätzlich hohe Zu-
stimmung zu den Klimazielen würde dadurch gefährdet. Viele Teile des etablierten klimapolitischen
Instrumentenmixes müssen jetzt radikal umgebaut werden. Bislang sind die Vorreiter finanziell geför-
dert worden, um klimafreundliche Technologien, etwa besonders effiziente Häuser oder Elektroautos,
am Markt zu etablieren. Klimaneutralität gerade im Gebäude und Verkehrssektor kann jedoch nur er-
reicht werden, wenn es Lösungen für alle Schichten der Gesellschaft gibt. Dazu machen wir konkrete
Vorschläge. Prioritäten müssen radikal verändert werden.“

Thomas Losse-Müller, Co-Direktor der Stiftung Klimaneutralität: „Die nächste Bundesregierung wird
sehr schnell grundlegende Reformen umsetzen müssen. Wir schlagen vor, alle klimapolitischen Maß-
nahmen durch eine einheitliche Sozialstaffel am Einkommen zu orientieren. Durch dieses Instrument
können wir auch ein soziales Klimageld umsetzten, das zielgenau die Menschen erreicht, die eine
Entlastung angesichts steigender Preise benötigen. Die einheitliche Sozialstaffel ist auch für die Moder-
nisierung des deutschen Sozialstaates ein wichtiger Schritt.“

Eine einheitliche Sozialstaffel sorgt für zielgenauen Klimaschutz

Durch ein nach Einkommen gestaffeltes soziales Klima-Geld sollen 60 Prozent der Bevölkerung einen
Ausgleich für steigende CO₂-Preise erhalten. Die ausgezahlte Summe soll jährlich der Hälfte der Ein-
nahmen aus der ETS-II-Bepreisung entsprechen. Eine bürokratiearme Prüfung des Anspruches soll über
die Nutzung der neu eingeführten einheitlichen Sozial-Staffel erfolgen. Diese wird mit Hilfe bereits bei
den Finanzämtern vorliegende Einkommensdaten berechnet werden.

Die Sozialstaffel soll auch für alle weiteren klimapolitischen Instrumente genutzt werden. Beispiels-
weise für die Auszahlung der BEG-Förderung. Dadurch erreichen diese Instrumente die ganze Breite
der Bevölkerung. Dasselbe gilt für Förderung von kostengünstigen E-Autos.

406 Milliarden Euro bis 2030 für sozialen und effektiven Klimaschutz

Für die Minderung der CO2-Emissionen um 65% bis 2030 geht die Studie von einem zusätzlichen öf-
fentlichen Finanzbedarf in Höhe von rund 406 Mrd. Euro aus. Diese Mittel sollen über einen Mix an
Maßnahmen mobilisiert werden. Zentrales Instrument ist dabei eine Reform der Schuldenbremse und
die Bildung eines verfassungsrechtlich abgesicherten Sondervermögens für Klimaschutz.

Damit könnten Investitionen wie der Ausbau der Bahn, des regionalen öffentlichen Verkehrs und die
Förderung der Industrie verlässlich finanziert werden. Losse-Müller: „Auf Deutschland und seine Be-
völkerung kommen enorme finanzielle Belastungen zu, wenn die Erreichung der Klimaziele nicht im
vereinbarten Tempo gelingt. Deshalb ist es wichtig, die Transformationsaufgaben jenseits wechselnder
politischer Mehrheiten und unvorhergesehener Krisen abzusichern.“

Niedrigere Strompreise für Haushalte und Industrie

Im Bereich Energiepolitik schlägt die Studie weitere Schritte zur Senkung der Strompreise vor. Rainer
Baake: „Zu hohe Strompreise behindern die für Klimaneutralität notwendige umfassende Elektrifizie-
rung. Im globalen Vergleich führt das zudem zu einer Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der
energieintensiven Unternehmen in Deutschland. Dies trifft besonders für die Stahlindustrie und
Grundstoffchemie zu.“

Zur Senkung der Strompreise soll die Stromsteuer dauerhaft auf ihr EU-rechtlich zulässiges Minimum
von 0,05 ct/kWh für Gewerbe und auf 0,1 ct/kWh für nicht-gewerbliche Nutzung gesenkt werden. Die
Kosten für die Förderung der Erneuerbaren Energien sollen gedeckelt werden, indem Neuanlagen zu-
künftig über alle Technologien hinweg nicht mehr als 10 Cent/kWh erhalten. Der Neubau von Hoch-
spannungsleitungen erfolgt zukünftig über Freileitungen. Netzentgelte werden durch Zuschüsse aus
dem Bundeshaushalt und eine öffentliche Beteiligung an den Übertragungsnetzbetreibern gesenkt.

Zur Beschleunigung des Markthochlaufs von Wasserstoffprojekten schlägt die Stiftung den Aufbau von
Leitmärkten zur Sicherung der Nachfrage vor. So soll der Bund Quotenregelungen für den Einsatz von
grünem Wasserstoff in den verschiedenen Anwendungsbereichen einführen, etwa eine jährlich stei-
gende Quote für grünes Ammoniak (NH3) in Stickstoffdünger.

Klimafreundliche Mobilität durch bessere Planung

Im Verkehrsbereich fordern die Autoren der Handlungsempfehlungen, den Bundesverkehrswegeplan
an das Klimaschutzgesetz anzupassen. Die neue Bundesverkehrswegeplanung soll nicht nur bis 2040,
sondern bis zum Zieljahr der Klimaneutralität 2045 aufgesetzt und die Nutzen-Kosten-Analyse der Ver-
kehrsprokelte wird auf die Reduktion von CO2-Emissionen ausgerichtet. Zu den weiteren Maßnahmen
gehören u.a. eine Reform der Kfz-Steuer zur Förderung emissionsfreier Antriebe, der Ausbau der öf-
fentlichen Nahverkehrssysteme, die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen von 130 km/h und
eine Reform der Pendlerpauschale.


Thomas Losse-Müller: „Mit einer Reform der Pendlerpauschale werden die ungleichen Vorteile unterschiedlicher Einkommensgruppen beseitigt. Zukünftig wird ein fixer Betrag pro Wegkilometer von der Steuerschuld statt vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Somit erhalten alle Steuerpflichtigen
den gleichen Entlastungsbetrag pro Kilometer, unabhängig von ihrem Einkommen.“

Quelle

Stiftung Klimaneutralität 2025

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