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Blackout des Monats: Peter Ramsauer: Plakativ statt stichhaltig

Der Blackout des Monats März geht an Peter Ramsauer, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Bundestages.

Der CSU-Politiker erhält die Auszeichnung für seine am 16. März im Nachrichtenmagazin Der Spiegel geäußerten Worte: „Welche Folgen die Energiewende für die Stromkosten hat, hätte man sich vorher überlegen müssen. Wer die Preise wieder senken will, muss zurück zur Atomkraft.“

Fachliche Begründung: Auch Peter Ramsauer möchte nun die Stromkosten senken und zieht als Joker die angeblich billige Atomkraft aus dem Ärmel. Er hat definitiv recht, dass die Stromkosten seit einigen Jahren ein wichtiges Thema sind. Er hat auch recht, dass Politiker eigentlich vor ihren Handlungsschritten überlegen müssen, welche Konsequenzen sie haben. Es wird also in seinem Sinne sein, wenn wir uns nun überlegen, was zu den ständigen Strompreiserhöhungen führt und welche Wirkung Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken hätten.

Tatsächlich werden bei den meisten Stromkunden 6,24 Cent pro Kilowattstunde als sogenannte EEG-Umlage eingesammelt. Viele Menschen denken deshalb, dass die erneuerbaren Energien die Kostentreiber sind. Dabei haben sich die Zahlungen für die erneuerbaren Energien seit 2009 nur verdoppelt, die Umlage allerdings hat sich versechsfacht. Betrachtet man diese Marktverzerrungen genau und bringt sie mit der Aussage von Ramsauer in Verbindung, so zeigen sich interessante Wirkmechanismen, die uns zu sinnvollen Lösungsansätzen führen – die allerdings der Aussage von Ramsauer deutlich widersprechen.

Die Kosten für die Erneuerbaren werden verzerrt

In der EEG-Umlage werden die Kosten der erneuerbaren Energien umverteilt. Verzerrt werden sie allerdings von herrschenden Marktmechanismen und Ausnahmeregelungen. Den größten Anteil der Umlagesteigerung für 2014 hatten zum Beispiel erstaunlicherweise die niedrigen Strompreise an der Börse. Je weniger die erneuerbaren Energien nämlich bei der Vermarktung einnehmen, desto mehr müssen die Stromkunden zuzahlen. Das macht mit Vorauszahlungen und Nachzahlungen insgesamt etwa die Hälfte der Umlagesteigerung für 2014 aus – 2,33 Cent pro Kilowattstunde. Die von dem früheren FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler massiv ausgeweiteten Industrieprivilegien sind für ein Drittel der Steigerung verantwortlich und betragen mittlerweile 1,26 Cent pro Kilowattstunde. Die Erneuerbaren selbst trugen mit gerade einmal 15 Prozent zur Umlagesteigerung bei. Die Steigerungen hängen also tatsächlich enger mit politischen Entscheidungen zusammen als mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien.

Ramsauers Vorschlag hätte ungeahnte Folgen

Wie würde sich nun die politische Entscheidung für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke auf die Strompreise für die Bürger auswirken?

Werfen wir einen Blick auf die Börsenpreise. Je länger Grundlastkraftwerke zu niedrigen Preisen produzieren, desto günstiger wird europaweit der Strom an der Börse. Dadurch erwirtschaften aber die erneuerbaren Energien kaum Geld und die Differenzkosten steigen entsprechend. Letztlich zahlt der Normalverbraucher mehr EEG-Umlage. Laufen die Atomkraftwerke länger, würden durch diesen Effekt also die Strompreise weiter steigen.

Hinzu kommt, dass die Grundlastkraftwerke ihren Strom über langfristige Verträge verkaufen. Die erneuerbaren Energien lassen sich allerdings nicht Jahre im Voraus prognostizieren. Wenn sie entstehen, sind die meisten Verträge also schon abgeschlossen. Sie kommen kaum mehr in den schon ausgelasteten Markt hinein und haben selten Chancen, einen guten Preis zu erwirtschaften. Die Anlagen müssen aus physikalischen Gründen teilweise sogar abgeregelt werden. Manchmal bezahlen wir auch noch dafür, dass der Strom an anderen Orten abgenommen wird. Das sind Lösungen im Namen der Versorgungssicherheit, die von den Kunden doppelt und dreifach bezahlt werden müssen.

Eine Lösung: Den Terminmarkt für Strom abschaffen

Hätten alle die gleichen Marktchancen, würde sich hier einiges ändern. Im Moment bedeutet jedes zusätzliche Grundlastkraftwerk mehr Konkurrenz für die erneuerbaren Energien, eine Versperrung des Marktzugangs und eine Verteuerung des Strompreises – dadurch, dass wertvoller Strom ungenutzt bleibt oder sogar vernichtet werden muss.

Dürften Kernkraftwerke als eine Form der Grundlastkraftwerke länger laufen, würden sie die Kosten der Energiewende und damit die Stromkosten der meisten Verbraucher deutlich steigern. Will man Kosten senken, muss die Politik die marktregelnden Gesetze an die erneuerbaren Energien anpassen. Der Solarenergie-Förderverein SFV schlägt als ersten Ansatz eine simple Lösung vor: Es würde die Energienutzung effektivieren und Kosten reduzieren, wenn der Terminmarkt abgeschafft würde. Dann würde ein großer und ungünstiger Marktvorteil der Grundlastkraftwerke wegfallen, weil der gesamte Strom zur gleichen Zeit gehandelt würde.

Es gibt sicherlich Lösungen zur Senkung der Strompreise. Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken wären allerdings kontraproduktiv. Peter Ramsauer sollte also seine Aussage noch mal überdenken. Sie ist plakativ, fachlich stichhaltig ist sie nicht.

Quelle

KLIMARETTER.INFO | Trudel Meier-Staude 2014Die Umweltaktivistin Trudel Meier-Staude lebt in München und engagiert sich seit vielen Jahren für einen konzernunabhängigen StrommarktMehr Informationen zum Blackout des Monats und zu energie neu denken

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