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Energie- und Verkehrswende müssen zentrale Bestandteile der Sondierungsgespräche sein

Deutsche Umwelthilfe fordert: ‚Klimaschutz First‘ als Leitbild der neuen Regierung – Sofortprogramm zur Einhaltung der Klimaschutzziele für 2020 erforderlich – Ausbau der erneuerbaren Energien und Kohleausstieg müssen forciert werden – Hilfe für die von Dieselabgasen belasteten Städte und verbindliche Einhaltung der Luftqualitätswerte in 2018 notwendig – Schlagkräftiges Umweltministerium nötig.

Anlässlich der am Mittwoch, 18.10.2017, beginnenden Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, Bündnis90/Die Grünen und FDP fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH), dass dringend notwendige Maßnahmen für die Energie- und Verkehrswende in Deutschland als Basis einer Jamaika-Koalition verhandelt werden. Angesichts der stark angestiegenen vorzeitigen Todesfälle durch das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) muss die Einhaltung der Luftqualitätswerte in 2018 auf den Tisch. Als erforderlich betrachtet die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation außerdem die Bündelung der Themen Umwelt, Klimaschutz und Energiewende in einem schlagkräftigen Ressort. Auch die Verkehrs- und Agrarwende müssen unter neuer Leitung energisch vorangebracht werden.

Für den Energiebereich fordert die DUH ein Klimaschutzgesetz, einen verbindlichen Fahrplan für den Kohleausstieg, eine Verdoppelung des Ausbautempos der erneuerbaren Energien sowie die Förderung energetischer Gebäudesanierung.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Deutschland wird sein selbst gestecktes Klimaziel von 40 Prozent weniger Treibhausgasen bis 2020 dramatisch verfehlen, wenn die neue Regierung nicht umgehend handelt. Wir benötigen ein Klimaschutzgesetz für verbindliche Ziele in allen Wirtschaftssektoren sowie eine ökologische Steuerreform, die CO2 einen Preis gibt. Ohne den Ausstieg aus der Kohle wird das Klimaziel keinesfalls erreichbar sein. Erneuerbare Energien müssen erheblich ausgebaut werden – sie sind die Pfeiler der Stromversorgung der Zukunft und der Verkehrswende.“
 
Erneuerbare Energien schaffen zusammen mit der Digitalisierung völlig neue Produkte und Dienstleistungen, die helfen, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern. Deutschland darf bei der globalen Energiewende nicht den Anschluss verpassen. Es fällt auch als Exportland zurück, wenn es bei zentralen Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts auf den Märkten der Welt nicht mehr vorne dabei ist. 2016 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch etwa 32 Prozent. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, muss spätestens 2050 der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 96 Prozent steigen, dazu muss das Ausbauziel im Erneuerbaren-Energien-Gesetz deutlich angehoben werden. Erneuerbarer Strom muss auch verstärkt in den Sektoren Verkehr und Wärme zum Einsatz kommen. 

Auf Gebäude (Wohn- und Nichtwohngebäude) entfallen 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und 30 Prozent der energiebedingten CO2-Emmissionen. Die DUH fordert die rasche Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes mit einer ambitionierten Definition des Energieeffizienzstandards für Neubauten. Bei Bestandsgebäuden müssen bestehende Regelungen konsequent vollzogen werden. Die energetische Sanierungsrate muss mit Förderinstrumenten gesteigert sowie sozialverträglich ausgestaltet werden.

Ebenso wie die Energiewende muss auch die Verkehrswende endlich konkret eingeleitet werden.

„Unter der neuen Koalition muss der Schmusekurs zwischen Politik und Autoindustrie ein Ende finden, der zu 12.860 jährlichen vorzeitigen Todesfällen als Folge des Dieselabgasgiftes Stickstoffdioxid führt. Die neue Bundesregierung muss sicherstellen, dass den betroffenen Städten noch in diesem Winter geholfen wird und die Jahresmittelwerte für NO2 in 2018 erstmals in allen Städten eingehalten werden. Die Täuschung der Verbraucher mit falschen Abgas- wie Spritverbrauchswerten mit aktiver Duldung der Behörden muss ein Ende finden. Klimaschutz im Verkehrssektor darf nicht nur auf dem Papier stattfinden, wir brauchen ein Sonderinfrastrukturprogramm für den öffentlichen Nahverkehr“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. 

Die DUH fordert eine verbindliche technische Nachrüstung für alle Diesel-Pkw und leichte Nutzfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 und 6 auf Kosten der Hersteller. Darüber hinaus muss endlich sichergestellt werden, dass künftig nur noch Fahrzeuge verkauft werden, die geltende Abgas- und Verbrauchsgrenzwerte auf der Straße einhalten. In den Verhandlungen auf EU-Ebene um die Weiterentwicklung von CO2-Grenzwerten für Pkw-Flotten muss sich die neue Regierung für eine an den Klimaschutzabkommen orientierte Absenkung der Grenzwerte und endlich ehrliche Spritangaben stark machen.

Um den Aufgaben der Marktüberwachung endlich nachzukommen, ist die Einrichtung einer unabhängigen Kontrollbehörde, idealerweise beim Umweltbundesamt, notwendig.

Vor dem Hintergrund des Dieselskandals sowie der wachsenden Lücke zwischen realem Spritverbrauch und Herstellerangaben, ist die Einführung eines Unternehmensstrafrechts sowie einer Sammel- bzw. Musterfeststellungsklage überfällig, um die Rechte von Verbrauchern gegenüber Fahrzeugherstellern zu stärken.

Auch in der Agrarpolitik fordert die DUH eine Wende hin zu einer naturverträglichen Landwirtschaft auf der gesamten Fläche sowie eine Abkehr von der umwelt- und klimaschädlichen Massentierhaltung: Die beiden von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Überschreitung der NO2-Grenzwerte sowie der zu hohen Nitratbelastung verdeutlichen den Handlungsdruck der neuen Bundesregierung mit Blick auf die Minderung von Stickstoffemissionen.

Als dringend erforderlich erachtet die DUH daher die Verabschiedung einer nationalen Stickstoffstrategie, die das Zusammenwirken der Umwelt-, Landwirtschafts- und Ernährungs-, Energie- und Verkehrspolitik sowie den Gesundheits- und Verbraucherschutz verstärkt und die Umsetzung zielführender Minderungsmaßnahmen schnell vorantreibt.

Quelle

Deutsche Umwelthilfe 2017

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