Frankreich holt die Frage nach AKW-Rückbau ein
Nach Jahren gibt es nun auch in Frankreich eine Debatte über den Rückbau von Atomreaktoren und die Endlagerung des Atommülls. Ein Parlamentsbericht kommt zu dem Schluss: Dem Atomkonzern EDF und dem Staat und fehlen Geld und eine Strategie.
„Wir haben Atomreaktoren gebaut, ohne uns die Frage nach ihrem Ende zu stellen“, stellte die sozialistische Abgeordnete und Berichterstatterin Barbara Romagnan vergangene Woche nüchtern fest. Der Parlamentsbericht zur technischen und finanziellen Durchführung des Rückbaus von Atomkraftwerken zeigt deutlich, dass das bisherige Geld nicht reichen wird. Erst seit 2006 ist der französische Atomkonzern EDF gesetzlich dazu verpflichtet, Rückstellungen für den Abriss seiner Atomreaktoren anzusammeln.
Der Betreiber der französischen Atomkraftwerke ist hochverschuldet und steht seit Jahren mit immer neuen Skandalen im Rampenlicht. Zuletzt machte das Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze Schlagzeilen, weil es innerhalb von einer Woche zu zwei Bränden, u.a. im Maschinenraum, gekommen war. Auch um den französischen AKW-Bauer Areva ist es nicht besser bestellt. Beide Konzerne gehören größtenteils dem französischen Staat, der helfend eingreifen musste.
Rückbau alter Anlagen erst 2100 abgeschlossen
Der Parlamentsbericht wirft nun öffentlich die Frage auf, wie die 58 derzeit aktiven Atomreaktoren zurückgebaut werden können und was mit dem stark strahlenden Atommüll passieren soll. EDF hat eigenen Angaben zufolge Rückstellungen in Höhe von 22 Milliarden Euro gebildet. Viel zu wenig, befindet nun der Bericht. Mindestens doppelt so viel sei notwendig und das sei nur eine Schätzung. Genau beziffern lasse sich die Summe nicht, es bleibt ein enormes Risiko. Zudem sei die technische Machbarkeit des Rückbaus nicht gesichert, werfen die Parlamentarier EDF vor. Die Probleme sind nicht neu und vom Atomkonzern sogar bestätigt: Im vergangenen Sommer kündigte EDF an, der bereits begonnene Rückbau der Atomkraftwerke der ersten französischen Generation würde erst im Jahr 2100 abgeschlossen sein.
In einer Pressemitteilung verkündete der Atomkonzern dennoch, EDF übernehme alle finanziellen und technischen Verpflichtungen beim Rückbau seiner Anlagen. Der französische Staat, mit 85 Prozent EDF-Haupteigentümer, kommt im dem Bericht ebenfalls schlecht weg. „De facto verfügt unser Land nicht über eine Rückbau-Strategie“, stellte Julien Aubert von den konservativen Republikanern fest. Damit ist die Debatte über den Abriss alter AKWs eröffnet, bislang war das in der französischen Politik ein Tabu-Thema.
(Foto: © E48616, CC BY-SA 3.0)