Gas, Öl und Kohle aus Russland: Putins Energiegewinne
Fossile Energieexporte bescheren Russland seit dem Beginn des Ukrainekriegs Rekordeinnahmen. Laut einer Analyse hat sich daran nichts geändert, obwohl die Mengen teils deutlich sanken. Experten fordern von Deutschland, schneller aus Erdgas auszusteigen und die erneuerbaren Energien stärker auszubauen.
Russland hat in den ersten 100 Tagen seines Angriffskrieges auf die Ukraine Rekordeinnahmen aus dem Export fossiler Brennstoffe erzielt, obwohl die Exportmengen teilweise deutlich zurückgegangen sind. Grund sind die hohen Weltmarkt-Preise für Erdöl, Erdgas und Kohle.
Deutschland ist dabei weltweit immer noch der zweitgrößte Abnehmer.
Insgesamt hat Russland seit Kriegsbeginn am 24. Februar die Rekordsumme von umgerechnet rund 93 Milliarden Euro aus fossilen Energieverkäufen eingenommen, wie eine am heutigen Montag vorgelegte Analyse der unabhängigen Forschungsorganisation Centre for Research on Energy and Clean Air (Crea) in Helsinki zeigt.
Die Erlöse aus den fossilen Exporten machten bisher rund 40 Prozent der Einnahmen des russischen Etats aus. Das Finanzministerium in Moskau erwartet, dass die Geldflüsse in diesem Jahr erheblich steigen werden, und es hieß dort, ein Teil der Mehreinnahmen solle zur Finanzierung der „Sonderoperation“ in der Ukraine verwendet werden.
Die aktuelle Analyse unterstreicht, dass das so laufen könnte. Das Prinzip lautet: weniger Exporte, aber mehr Einnahmen.
Das Gesamtvolumen der fossilen Exporte aus Russland ist laut Crea zum Beispiel im Mai zwar um 15 Prozent gegenüber der Zeit vor der Invasion gesunken. Der EU etwa gelang es, die täglichen Einfuhren aus Russland um 20 Prozent zu senken, wobei die größten Reduktionen von Polen, den baltischen und den nordischen Staaten geleistet wurden. Trotzdem nahm Russland mehr Geld ein als vorher.
Der Grund: Russlands Exportpreise lagen in diesem Monat im Schnitt 60 Prozent höher als im vorigen Jahr, und das, obwohl das Land deutliche Abschläge von bis zu 30 Prozent etwa beim Verkauf von Erdöl hinnehmen musste, um das Produkt loszuschlagen.
Länder wie Indien, China, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien erhöhten ihre Einfuhren. Indien wurde zu einem bedeutenden Importeur von russischem Rohöl, es kaufte rund 18 Prozent der Exporte.
Der Nachfragerückgang und die Preisabschläge kosteten Russland laut Crea im Mai rund 200 Millionen Euro pro Tag im Mai. Trotzdem waren die Einnahmen unter dem Strich höher als vorher.
Deutschland bleibt beim Erdgas die Nummer eins
China ist nach Crea-Angaben inzwischen der größte Abnehmer von Öl, Kohle und Gas aus Russland, mit Importen im Wert von 12,6 Milliarden Euro seit Kriegsbeginn. Es hat damit Deutschlands Position übernommen.
Die Bundesrepublik, die ihre Energieimporte aus Russland reduziert hat, ist aber mit 12,1 Milliarden Euro immer noch die Nummer zwei und bei Gas weiterhin die Nummer eins.
Als weitere Abnehmer folgen Italien und die Niederlande (jeweils 7,8 Milliarden), die Türkei (6,7), Polen (4,4), Frankreich (4,3) Indien und Südkorea (je 3,4). Die Analysten der Forschungsorganisation haben für die Studie Daten aus dem Schiffsverkehr sowie Daten zu Pipeline-Transporten ausgewertet.
Der leitende Crea-Experte Lauri Myllyvirta sagte, die Geschwindigkeit bei der Abkehr von den Energieströmen aus Russland reiche bei Weitem nicht aus. „Wir müssen viel mehr tun, um den Geldfluss nach Russland zu stoppen. Weltweit müssen wir den Einsatz sauberer Energie beschleunigen, um Importe fossiler Brennstoffe zu ersetzen und die hohen Energiepreise zu senken, die Russlands Einnahmen in die Höhe treiben.“
Myllyvirta warnte mit Blick auf Deutschland davor, als Alternative für russisches Erdgas zu stark auf Flüssigerdgas (LNG) zu setzen. Eine übergroße LNG-Infrastruktur werde wahrscheinlich fossile Energien und hohe Preise festschreiben, was letztlich eben Russland zugutekomme.
Hierzulande will die Ampel-Bundesregierung den Bau von bis zu zwölf LNG-Termimals ermöglichen. Myllyvirta dazu: „Die Lösung für Deutschland ist klar: die Energieimporte aus Russland stoppen und so schnell wie möglich mit erneuerbaren Energien ersetzen.“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet hingegen, dass die westlichen Sanktionen im Energiesektor bald Wirkung zeigen werden. „Das Ölembargo wird Russland hart treffen“, sagte Scholz am Sonntagabend auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow in Brandenburg.
Die EU hat ein Kohleembargo und ein eingeschränktes Ölembargo gegen das Land beschlossen. Der Kohlestopp tritt im August in Kraft, der für Öl zum kommenden Jahreswechsel. Der russische Anteil an deutschen Ölimporten ist bereits von 35 auf zwölf Prozent gesunken.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!