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Bundesarchiv, B 145 Bild-F048646-0033 / Wegmann, Ludwig / CC-BY-SA 3.0 | Helmut Schmidt auf einem Parteitag der SPD in Dortmund, 1976

© Bundesarchiv, B 145 Bild-F048646-0033 / Wegmann, Ludwig / CC-BY-SA 3.0 | Helmut Schmidt auf einem Parteitag der SPD in Dortmund, 1976

Helmut Schmidt: Ihm fehlte ökologische Vernunft

Er gehörte, wie Marion Gräfin Dönhoff schrieb, „ohne Zweifel zu den fähigsten Politikern, die unser Land je hervorgebracht hat“. Ein Nachruf von Michael Müller, Mitherausgeber von klimaretter.info

Helmut Schmidt, ein großer deutscher und europäischer Staatsmann, ist tot. Am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren, wurde Schmidt 96 Jahre alt. Schmidt war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler. Er stieg in der zweiten Hälfte der 70er Jahre zur wahrscheinlich wichtigsten Führungsfigur der westlichen Industriestaaten auf.

Brandt und Schmidt – ein Ergänzungsverhältnis

Zusammen mit Willy Brandt prägte Schmidt unser Land in den 70er Jahren. Sie machten Schluss mit den verstaubten Verhältnissen der Adenauerzeit. Die Deutschen kehrten mit ihnen vollends in die Völkergemeinschaft zurück, mit Brandt als Friedenskanzler und Schmidt als Weltökonom und Krisenmanager. Sie wollten ein europäisches Deutschland. Davon träumte Brandt schon im Exil, ähnlich Schmidt. Mit der Wirtschafts- und Währungsunion wollte er die Selbstbehauptung Europas.

Brandt und Schmidt müssen in einem Zusammenhang gesehen werden, im Miteinander, Nebeneinander und auch Gegeneinander. Betrachtet man die beiden Kanzlerschaften, dann wird schnell klar, wie sehr sich unser Land in deren Regierungszeit emanzipiert hat. Aber es war auch eine schwierige Beziehung, ein Ergänzungsverhältnis, wie der Psychologe Horst Eberhard Richter es nannte. Sie waren Weggefährten und Rivalen: Der Emigrant Willy Brandt als Vertreter der befreiten Minderheit, der Wehrmachtssoldat Helmut Schmidt als Vertreter der besiegten Mehrheit. Für den einen wurde als Regierender Bürgermeister in Berlin der Mauerbau 1961, für den anderen als Hamburger Innensenator die Sturmflut 1962 das entscheidende Datum für den bundespolitischen Aufstieg.

(…)

Wenn gewachsene Gewissheiten in Frage gestellt wurden, reagierte Schmidt meist mit Spott und Grobheit. Als Journalisten 1972 von ihm wissen wollten, was er von den Thesen des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums halte, antwortet er sarkastisch: „Club of Rome? Nie gehört!“ (…) Dennoch ist es keine Frage, dass Helmut Schmidt politischer war als die konservativen Kanzler, die ihm folgten. Aber er hätte zumindest die Tür öffnen müssen für die neuen sozialen und ökologischen Bewegungen. Und die hätten seine große politische Kraft für ihre Anliegen brauchen können. Das hätte unserem Land gutgetan.

Hier können Sie den Nachruf weiterlesen

Quelle

KLIMARETTER.INFO 2015 | Michael Müller, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter und Umweltstaatssekretär, ist Mitherausgeber von klimaretter.info. Er war langjähriger politischer Weggefährte von Helmut Schmidt.

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