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Hurrikan Sandy zeigt: Blackouts sind gefährliche Bedrohung für Atomkraftwerke

US-Nuklearaufsicht: AKW Oyster Creek nach Hurrikan von Überflutung bedroht.

Das grundlegende Problem der Hochrisiko-Technologie Atomkraft zeigte sich beim Auftreffen des Hurrikans Sandy auf die US-amerikanische Ostküste: Das Atomkraftwerk Oyster Creek war bereits zuvor heruntergefahren worden, es wurde dennoch aufgrund des massiven Anstiegs des Pegels im Kühlwasserreservoir die zweite von vier Alarmstufen ausgerufen. Die US-Nuklearaufsicht NRC berichtet, dass der Reaktor in Oyster Creek bei einem weiteren Anstieg des Hochwassers nur mehr durch Feuerwehr-Löschsysteme und Notstromgeneratoren gekühlt werden kann.

Durch den Ausfall der Stromversorgung (Blackout) und die Unzuverlässigkeit der Notstrom-Dieselgeneratoren kommt es immer wieder zu Beinahe-Katastrophen in Atomkraftwerken weltweit – nicht nur durch Naturgewalten wie Hurrikans. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus diesen unzähligen Beinahe-Katastrophen eine Atom-Katastrophe mit weitreichender und lang anhaltender Verseuchung wird“, warnt Dr. Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000.

Oyster Creek ist der älteste noch laufende Siedewasserreaktor in den Vereinigten Staaten (seit 1969 in Betrieb), das Containment ist vom Typ Mark-I, das letztes Jahr in Fukushima spektakulär versagte und zu den Explosionen von Reaktor 1 und 3 führte. Insgesamt 16 Reaktoren sind im vom Hurrikan Sandy betroffenen Gebiet in Betrieb, von ihnen vier in unmittelbarer Nähe des Auftreffens auf Land, darunter Salem 1 und 2 und die beiden Fukushima-1-baugleichen Reaktoren Oyster Creek und Hope Creek.

„Oyster Creek ist zwar derzeit für einen Brennstoffwechsel offline, die Gefahr endet aber nicht beim Herunterfahren von Atomkraftwerken: Das Abklingbecken mit dutzenden Tonnen abgebranntem Kernbrennstoff entwickelt immer noch so viel Nachzerfallswärme, dass das Wasser im Becken nach einem Stromausfall innerhalb von 25 Stunden zu kochen beginnen würde und dann die Brennelemente trocken fallen und zu brennen beginnen könnten – wie letzes Jahr im Abklingbecken von Fukushima-4“, sagt Uhrig. „Der Schlüssel ist jetzt, in Oyster Creek die Stromversorgung mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten, auch wenn durch den Hurrikan das Stromnetz ausfällt.“

Dass dies auch unter „normalen“ Umständen jederzeit zu einem Problem werden kann, zeigt der schwere Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark, wo 2006 infolge des Zusammenbruchs des Stromnetzes ein Blackout im Atomkraftwerk verursacht wurde, mehrere Dieselgeneratoren versagten und erst knapp vor Beginn der Kernschmelze die Kühlung manuell durch das verzweifelt kämpfende Personal wieder hergestellt werden konnte.

Auch im tschechischen Dukovany kam es 1994 durch den Fehler eines Technikers zum Verlust der externen Stromversorgung, zwei der vier Blöcke erreichten Eigenversorgung, ein Notstrom-Generator sprang automatisch an – beim vierten Block musste jedoch wiederum die Bedienmannschaft manuell eingreifen, um den Generator noch in Betrieb zu bekommen.

„Die Hochrisiko-Technologie Atomkraft ist paradoxerweise angewiesen auf Strom, der im Notfall immer verlässlich zur Verfügung stehen muss. Da dies nicht garantiert werden kann, ist die einzig logische Konsequenz: Abschalten und auf sichere Energieversorgung durch Erneuerbare umstellen“, sagt Uhrig.

Quelle

Global 2000 2012

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