Klima-Erfolg in Berlin: Die Hauptstadt bekommt den Volksentscheid
Nach den vielen ernüchternden klimapolitischen Entwicklungen auf deutscher und internationaler Ebene gab es am Dienstag einen echten Erfolg: dem zivilgesellschaftlichen Bündnis „Berlin 2030 klimaneutral“ ist es gelungen, 261.968 Unterschriften für den Volksentscheid zu sammeln – genug also, sodass im Februar demokratisch abgestimmt wird, ob Berlin auf den Pfad zu Klimaneutralität bis 2030 gesetzt wird!
Zunächst einmal möchte ich allen Aktivist*innen rund um das Bündnis, insbesondere von der zivilgesellschaftlichen Bewegung „Klimaneustart“, danken für ihr unermüdliches Engagement, das diesen Erfolg erwirkt hat. Sie haben durch das Sammeln offengelegt, dass große Teile der Berliner Bevölkerung verstanden haben, dass die aktuelle Klimapolitik der Berliner Regierung weit davon entfernt ist, die Klimakrise aufzuhalten. Bisher ist Klimaneutralität bis 2045 das Ziel – was viel zu spät ist! Das Erwirken eines Volksentscheides setzt ein bedeutsames Signal: die Bevölkerung ist unzufrieden mit der Klimapolitik und geht demokratisch gegen die Fehlentscheidungen und die falschen Beschlüsse der Landesregierung an!
Eine wichtige Entscheidung der Berliner Verwaltung steht allerdings noch aus: ob der Volksentscheid mit der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar 2023 zusammengelegt wird, oder zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Diese Entscheidung beeinflusst maßgeblich die Erfolgswahrscheinlichkeit, da die Wahlbeteiligung an einem zusammengelegten Wahltag deutlich höher sein wird. Damit das Volksbegehren reüssiert, sind nicht nur mehr Ja- als Nein-Stimmen nötig, sondern auch die Zustimmung von mindestens 25% der Stimmberechtigten – das wären rund 613.000 Ja-Stimmen. Umso wichtiger ist es nun, dass alle Berliner*innen über das Volksbegehren abstimmen.
Leider kommt schon ein Dämpfer aus der Senatsinnenverwaltung von Iris Spranger (SPD). Sie will offensichtlich die Abstimmung nicht parallel zur Wahlwiederholung abhalten, wie die TAZ berichtet. Hier gilt es, politischen Einfluss zu nehmen, dass diese demokratie- und klimapolitische Haltung der SPD geführten Senatsinnenverwaltung nicht realisiert wird.
Dies sind die Forderungen des Volksbegehrens, über die abgestimmt werden wird:
- Klimaziele anpassen: Reduktion der CO2-Emissionen bis 2025 um 70% und bis 2030 um 95% gegenüber 1990. (Das beinhaltet auch 100% Erneuerbare Energien bis 2030)
- Berücksichtigung aller Treibhausgase: Einbeziehung weiterer Klimagase sobald die Datengrundlage dafür vorhanden ist.
- Verpflichtungen statt Ziele: Umformulierung des Gesetzestextes, damit aus unverbindlichen Zielen Verpflichtungen werden. Dadurch sollen Lücken zum politischen Nichthandeln geschlossen und Sanktionsmechanismen bei Nichteinhaltung eingeführt werden.
- Sozial ausgleichen: Da die Klimakrise bereits bestehende soziale Ungerechtigkeiten verschärft, muss die Verschärfung der Klimaverpflichtungen mit einem sozial gerechten Ausgleich einhergehen.
- Reduktion vor Kompensation: Insofern keine weiteren Reduktionen möglich sind, müssen die verbleibenden 5% Emissionen über seriöse und nachhaltige Mechanismen kompensiert werden.
Wenn das Volksbegehren Erfolg hat, wird dies Signalwirkung haben in die ganze Welt: dass weite Teile der Bevölkerung verstanden haben, wie es um die Erdüberhitzung steht, und die bestehenden politischen Beschlüsse nicht dazu führen, dass effektiver Klimaschutz geleistet wird.
Hiermit noch einmal der ganz klare Appell an alle Berliner Bürger*innen: gehen Sie zur Wahl, engagieren Sie sich für einen großen Wahlerfolg und stimmen Sie im Frühjahr 2023 für das Volksbegehren Berlin 2030!
- Alle Informationen finden Sie hier
Quelle
Hans-Josef Fell 2022 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG