Nordhessen will zum Silicon Valley für Erneuerbare Energien werden
Ein breites Bündnis aus Unternehmen, Hochschulen, Gewerkschaften und Verbänden plant Innovationen für Nordhessen. Ein „Sustainable Valley“ soll entstehen. Von Bastian Ludwig/HNA
Ein breites Bündnis aus lokaler Wirtschaft, Forschung und Verbänden hat das Land Hessen aufgefordert, Nordhessen auf seinem Weg zur Modellregion für nachhaltige Energiesysteme auch finanziell zu unterstützen.
Ziel sei es, den Raum Kassel zu einer Art „Silicon Valley“ für den Bereich der Nachhaltigkeit zu entwickeln, sagte die Kasseler Uni-Präsidentin Ute Clement bei der Präsentation des Vorhabens. Um ein solches „Sustainable Valley“ auf den Weg zu bringen, hat das Bündnis konkrete Forderungen an die Parteien im Vorfeld der Landtagswahl am 8. Oktober formuliert.
Unter anderem sollen sogenannte Reallabore in der Region entstehen, in denen Innovationen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien und E-Mobilität getestet werden können. Allein dafür wären im ersten Schritt 30 Millionen Euro nötig.
Im Vorfeld der Landtagswahl haben sich 14 Akteure aus Nordhessen zusammengeschlossen, um die Region als Innovationsmotor für die Energiewende voranzubringen. Schwerpunkte sind nachhaltige Energiesysteme und E-Mobilität. Mit dem Positionspapier, das die Initiative gestern im Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) vorstellte, soll die Politik in Wiesbaden dazu bewegt werden, ihr Augenmerk auf diese Vorreiterrolle Nordhessens zu lenken. Aufseiten der Wirtschaft gibt es mit SMA, der E-Achsen Produktion im Daimler-Werk, dem VW-Werk-Baunatal, das zum E-Motoren-Zentrum werden soll, und den Viessmann-Werken in der Region bereits etliche große aber auch viele kleine Unternehmen, die entsprechendes Know-how mitbringen.
Nordhessen: Ein erfolgreicher Wandel braucht qualifizierte Köpfe
Hinzu kommt die Entwicklung entsprechender Technologien an der Uni Kassel oder beim Fraunhofer IEE. Weit mehr als 20 000 Menschen arbeiten inzwischen in Nordhessen im Bereich der nachhaltigen Wirtschaft und Forschung – Tendenz stark steigend, so die Initiatoren.
Hinter der Initiative stehen: Uni Kassel, Mercedes Benz Werk Kassel, SMA, Viessmann, die Sera-Gruppe, Fraunhofer IEE, DGB Nordhessen, Stadtwerkeunion Nordhessen, EAM, NVV, VDI Nordhessen, Kasseler Klimaschutzrat, Regionalmanagement und das Kompetenznetzwerk Deenet.
Ein erfolgreicher Wandel brauche qualifizierte Köpfe, heißt es von den Initiatoren. Schon 2025 werden 18 000 Fachkräfte in der Region fehlen, bis 2030 sollen es 56 000 sein, haben Handwerkskammer, IHK und die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände Nordhessen (VhU) errechnet. Die Verbände und Kammern unterstützen deshalb die Idee einer Modellregion, die qualifiziertes Personal anlockt.
Die duale Ausbildung soll gestärkt werden, ebenso die Finanzierung der Uni Kassel. So wird eine Aufstockung des Sockelbudgets um neun Prozent gefordert. Die Verlagerung sämtlicher Naturwissenschaften vom Standort Oberzwehren (AVZ) an den Campus Holländischer Platz sei sinnvoll, um teure Außenstandorte der Hochschule einsparen zu können. Die Initiative fordert einen Fonds, um den Wandlungsprozess in der Wirtschaft abzufedern. Wer seinen Job etwa im Zuge der Neuausrichtung der Automobilindustrie verliere, solle betrieblich weiterqualifiziert werden.
Um weitere Innovationen in der Region entwickeln zu können, wird die Finanzierung eines Technologieparks Nordhessen gefordert. Dort soll Forschung umgesetzt werden. Um junge Unternehmen bei der Entwicklung innovativer Ideen zu unterstützen, wird ein mit zwei Millionen Euro gefüllter Fonds gefordert, der im Gründerzentrum Science Park verwaltet wird.
Kassel: Initiative stößt bei CDU, Grünen und SPD auf Zustimmung
Um Forschungsergebnisse in der Praxis besser erproben zu können, sollen Reallabore entstehen, in denen Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam in den Bereichen Klimaschutz, Energie- und Wärmeversorgung tätig sind. Dafür wäre eine Finanzierung in Höhe von 30 Millionen Euro nötig.
Um möglichst viele Menschen aus der Region bei der Entwicklung einer Modellregion mitzunehmen, sind unterschiedliche Ansätze vorgeschlagen. So soll es niederschwellige Anlaufstellen geben, in denen Experten zu Themen wie energetische Sanierung etc. beraten.
Zudem sollen die Menschen in der Region durch entsprechende Formate beim angestrebten Umbau der Infrastruktur beteiligt werden. Städten und Gemeinden sollen Anreize geliefert werden.
Laut der Initiative sind die Vorschläge zumindest bei CDU, Grünen und SPD auf Wohlwollen gestoßen. Dies hätten die Parteien durch Stellungnahmen zum Positionspapier deutlich gemacht.
HNA Hessische/Niedersächsische Allgemeine | Lokalredaktion Kassel vom 21.02.2023 / Bastian Ludwig | Danke für die Genehmigung der Veröffentlichung des Artikels von HNA/Bastian Ludwig