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PIK-Statement zu drei Klimaklagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Verstoßen Staaten gegen die Menschenrechte von Bürgerinnen und Bürgern, wenn sie zu wenig gegen den Klimawandel tun? Mit dieser Frage hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschäftigt und in drei Fällen geurteilt.

Dazu Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK: „Mit seiner jüngsten Rechtsprechung hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Kernfrage der internationalen Klimapolitik – der Frage nach der Verantwortung – geäußert. Dass das Gericht dem Verein der Schweizer KlimaSeniorinnen Recht gegeben und unzureichende Klimapolitik als menschenrechtsverletzend anerkannt hat, ist bahnbrechend. Dieses Urteil sollte auch andere Staaten an ihre internationalen Verpflichtungen erinnern: Wer sich Klimaziele setzt, ist dafür verantwortlich, diese einzuhalten. 

Klar ist aber auch, dass Europa das 1,5°C-Ziel alleine nicht halten kann und auch die Schweiz hier nicht alleine die Verantwortung trägt. Das Pariser Klimaabkommen legt globale Ziele, nicht aber verpflichtende Beiträge einzelner Staaten fest. Verantwortlich für die Bekämpfung des Klimawandels ist also die gesamte internationale Staatengemeinschaft – und vor allem sind es die Hauptemittenten. Es braucht daher bindende Mechanismen über Staatsgrenzen hinweg, um Kooperation zu ermöglichen. Ein gelungenes Beispiel dafür ist der Carbon Border Adjustment Mechanism der Europäischen Union, der für nicht-europäische Staaten monetäre Anreize zur Kooperation schafft. Das kann helfen, Kohlenstoffmärkte weiter auszubauen und international zu vernetzen.“

Dazu auch Johan Rockström, ebenfalls Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK: „Nach mehr als drei Jahren Gerichtsverfahren hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass ein Staat – in diesem Fall die Schweiz – es versäumt hat, angemessen auf die von Menschen verursachte Klimakrise zu reagieren und damit die Menschenrechte seiner Bürger verletzt. Bei diesen Urteilen geht es jedoch nicht nur um einen Staat: Es ist das erste Mal, dass sich ein internationales Gericht zum Klimawandel als Menschenrechtsfrage äußert. Das wird wichtige Auswirkungen für alle Politiker und Politikerinnen, insbesondere für die Regierenden haben.

Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände bedrohen schon heute Menschenleben. Mit fortschreitendem Klimawandel nehmen diese Extremwetterereignisse zu. Künftige Generationen sind daher besonders vom Klimawandel bedroht. Regierungen müssen dringend Maßnahmen ergreifen, um Emissionen zu mindern und schwer vermeidbare CO2-Emissionen durch Negativemissionen auszugleichen. Je stärker wir das CO2-Budget für 1,5°C-Grad überschreiten, desto mehr CO2 muss darüber hinaus durch gezielte Entnahmen abgebaut werden. Klimaklagen können Druck auf Regierungen ausüben, ihre klimapolitischen Anstrengungen zu erhöhen, und damit diplomatische Verhandlungen voranbringen.“

Zum Hintergrund:

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt hatten der Schweizer Verein der KlimaSeniorinnen und seine Mitglieder, der ehemalige Bürgermeister der französischen Stadt Grande-Synthe Damien Carême sowie eine sechsköpfige Gruppe junger Portugiesinnen und Portugiesen im Alter von zwölf bis 24 Jahren. Die Beschwerden der KlimaSeniorinnen und Damien Carême richteten sich gegen ihre jeweiligen Heimatländer, die Schweiz und Frankreich. Im Falle der portugiesischen Jugendgruppe standen alle 27 Mitgliedsstaaten der EU sowie Großbritannien, Russland, die Türkei, Norwegen und die Schweiz auf der Anklagebank. Damit ist die Klage der Portugiesinnen und Portugiesen weltweit in Bezug auf die Beschwerdegegner die ‚größte‘ bisher verhandelte Klimaklage. Ursprünglich richtete sie sich auch gegen die Ukraine. In Folge des russischen Angriffskrieges hatten die Jugendlichen die Klage gegen das Land jedoch zurückgezogen.

In allen drei Fällen beriefen sich die Klägerinnen und Kläger auf ihre Menschenrechte, die sie durch eine ungenügende Klimapolitik der angeklagten Staaten verletzt sahen. Konkret bezogen sie sich dabei auf das Recht auf Leben (Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK) und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8 EMRK). Die portugiesischen Jugendlichen beriefen sich außerdem auf das Verbot unmenschlicher Behandlung (Artikel 3 EMRK) und das Verbot von Diskriminierung in der Anwendung von Rechten und Freiheiten (Artikel 14 EMRK). Die Staaten, so die Anklage, unternähmen nicht genug, um ihre Verpflichtungen unter dem Pariser Klimaabkommen einzuhalten und die Erderwärmung auf unter 2°C, möglichst auf 1,5°C zu begrenzen.

Quelle

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) 2024

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