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Rechtsgutachten zu BVerfG-Klima-Urteil: Weitere Klagen vor Verfassungs-, Verwaltungs- und Zivilgerichten wahrscheinlich

Der BVerfG-Klima-Beschluss vom Frühjahr ist die vermutlich weitestgehende Klima-Entscheidung eines obersten Gerichts weltweit. Er fordert im Kern eine faire intertemporale Balance in Bezug auf die Freiheit der Menschen ein.

Damit müssen in Bund, Ländern und EU zahlreiche Gesetze auf den Prüfstand, wie ein neues Rechtsgutachten im Auftrag des Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) zeigt. Eine weitere Verfassungsklage 2022 liegt, so das Gutachten, aufgrund der bisher klar unzureichenden Reaktion der Politik auf die BVerfG-Entscheidung nahe. Ebenfalls möglich sind verwaltungsgerichtliche Klagen gegen fossil basierte Industrie- oder Verkehrsprojekte, die nicht mit baldiger Emissionsneutralität vereinbar sind. Das Rechtsgutachten zeigt ferner die Option einer zivilrechtlichen Klage gegen große fossile Konzerne auf.

Professor Felix Ekardt, der gemeinsam mit Rechtsanwältin Dr. Franziska Heß die erfolgreiche Klage vertreten und das Gutachten verfasst hat, erklärt: „Das im Juni aufgrund unserer erfolgreichen Klage reformierte Klimaschutzgesetz ist bei weitem noch nicht ausreichend, um die verfassungsrechtlich und durch das Paris-Abkommen gebotene baldige Emissionsneutralität umzusetzen. Deutschland muss außerdem bei den EU-Verhandlungen über die neuen Klimapolitik-Vorschläge der EU-Kommission auf klare Verbesserungen drängen, statt wie seit vielen Jahren eher noch zu bremsen. Auch jede Verwaltungsentscheidung über einen Bebauungsplan oder ein Großprojekt muss künftig prüfen, ob das Ganze mit baldiger Emissionsneutralität vereinbar ist.“

Susanne Jung, Geschäftsführerin des SFV erklärt: „Wir brauchen Nullemissionen bis 2030, um existenzielle Risiken von der Menschheit abzuwenden. Dafür wird der SFV mit aller Macht arbeiten – auch mit weiteren Klagen, wenn die Politik auf allen Ebenen nicht schleunigst umsteuert.“

Das Klagebündnis von SFV, BUND und vielen Einzelklägern hatte im November 2018 Verfassungsbeschwerde wegen der völlig unzureichenden deutschen Klimapolitik erhoben. Im Januar 2020 schlossen sich, nachdem das BVerfG die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen hatte, weitere Verbände und Einzelkläger mit eigenen Beschwerdeschriften an. Die BVerfG-Klage wurde aus Spenden und Eigenmitteln durch den SFV finanziert. Sie wurde vertreten von Dr. Franziska Heß, Baumann Rechtsanwälte, und Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik, der die Klage seit 2010 mit mehreren Gutachten für den SFV auf der Basis seiner langjährigen Forschung vorbereitet hat.

Quelle

Felix Ekardt 2021 | Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A. 2021 | Felix Ekardt is the head and founder of the Research Unit Sustainability and Climate Policy based in Leipzig and Berlin and a Professor of Public Law and Legal Philosophy at Rostock University.

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