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Rückblick 2011: Energiewende legt Zahn zu

Erneuerbare Ressourcen nach Super-GAU in Japan wichtiger – Soziale Medien und mobiles Internet bestimmende globale Trends – Griechenland instabil – Börsenmärkte von extremer Volatilität geprägt.

Rückblick 2011: Energiewende legt Zahn zu

Das Jahr 2011 war schon wieder von Katastrophen geprägt, die Mensch und Natur zugleich ausgelöst haben. Neuseeland wurde von einem Erdbeben überrascht, Thailand und zuletzt die Philippinen von Überflutungen. Die mit Abstand teuerste Katastrophe war am 11. März das Tohoku-Erdbeben mit der Stärke 9,0. Der dabei ausgelöste Tsunami zerstörte Teile von Japans Ostküste und führte im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi zur Kernschmelze in drei Reaktoren (siehe: Mega-Beben, Tsunami, Super-GAU: Unglücke kommen nie allein). Die langfristigen ökologischen Folgen des Super-GAUs sind noch kaum absehbar, die gesellschaftlich-politischen jedoch bereits enorm.

Erneuerbare statt Atomstrom

Grundlegend geändert hat Fukushima die Energiepolitik, erwies sich doch das Paradigma des billigen und sicheren Atomstrom endgültig als gescheitert (siehe: Fukushima: Sargnagel für Atomstrom). Tatsächlich ruderte Deutschland bereits im Mai bei seiner erst 2010 beschlossenen AKW-Laufzeitverlängerung zurück, die Schweiz besiegelte im Dezember ihren Atomausstieg und Österreich mit dem neuen Ökostromgesetz das Atomstromimport-Ende (siehe: Photovoltaik: Aufbruchstimmung in Österreich). Wenig gelernt hat die Welt hingegen aus den großen Ölunfällen (siehe: BP-Ölpest: Vertuscht, verzerrt und vergessen).

Erneuerbare Energien boomen weltweit, allen voran große Wind- und kleine Sonnenstromanlagen. Dabei investieren erstmals China und andere Schwellen- und Entwicklungsländer in Summe mehr in die Zukunftstechnologien als die Industriestaaten (siehe: Globaler Investitionsboom der Erneuerbaren). Auch wenn sich beim Vorreiter Deutschland der Trend zum Kraftwerk am eigenen Dach fortsetzt, wurden auch Rückstände deutlich. So müssen etwa Elektroauto-Hersteller im Sinne ihrer Glaubwürdigkeit stärker auf nachhaltige Stromversorgung achten (siehe: Elektroautos: Fukushima sensibilisiert Branche) oder die Photovoltaik-Branche durch die erstarkende Konkurrenz aus China künftig neue Wege gehen.

Vergessenes Klima

Der globale Klimaschutz verschwand 2011 allerdings von der Polit-Agenda. Die UN-Staaten gaben ihr ursprüngliches Ziel de facto auf, künftige Klimakatastrophen durch die Beschränkung der Erderwärmung auf zwei Grad zu verhindern, indem sie einen neuen Klimavertrag bis 2020 verschoben. Positiv ist zu vermerken, dass sich bisherige Blockierer wie China, die USA und Indien beteiligen wollen (siehe: Resümee Durban: Klimapolitik gewinnt Dynamik). Wie gefährdet die weltweite Solidarität dennoch ist, zeigt der vorzeitige Ausstieg Kanadas aus dem Kyoto-Vertrag gleich nach der Durban-Klimakonferenz, der weltweit Nachahmer-Debatten auslöste. Zeitgleich lockerte auch Brasilien seinen Urwaldschutz.

Dabei bleibt die Beweisführung der Klimafolgen erdrückend: Der CO2-Ausstoß erreichte nach der Wirtschaftskrisen-Pause wieder ein Rekordhoch, das sommerliche Arktiseis war klein wie nie (siehe: Arktiseis so klein wie nie) und Wetterextreme wie Trockenheiten, Taifune und Überflutungen nahmen zu (siehe: Klimawandel bringt nie dagewesene Extremhitze). Neue Weltkarten zeigen, dass die Opfer des Klimawandels jene sind, die ihn am wenigsten verursacht haben und sich zugleich am wenigsten anpassen können (siehe: Weltkarte zeigt die Klimawandel-Opfer).

Hunger, Frust und sieben Milliarden

Wie verheerend Extremwetter sind, wenn sie mit politischem Versagen und Armut gepaart sind, zeigt die Dürrekatastrophe am Horn von Afrika. Somalia, Kenia und Äthiopien erlebten die größte Hungersnot seit sechs Jahrzehnten (siehe: Hunger in Ostafrika: Nothilfe ist zu wenig). Der Höhepunkt ist noch immer nicht erreicht, doch die dringend nötige internationale Hilfe kommt dem globalen Kurzzeitgedächtnis unter die Räder. Ähnlich ergeht es Haiti, wo eine von UN-Soldaten aus Nepal eingeschleppte Cholera-Epidemie (siehe Haiti: Cholera zweimal schlimmer als befürchtet) mittlerweile zwar im Griff ist, die Erholung vom Beben 2010 jedoch noch in weiter Ferne liegt.

Die Geburt des siebenmilliardsten Menschen gab der Ressourcendebatte zusätzlich Antrieb. Biodiesel-Produktion und Spekulationen entpuppen sich als Hungrigmacher (siehe: Biodiesel und Spekulation schüren Hunger), wobei sich der Biolandbau zunehmend als Alternative für die Ernährungsfrage präsentiert (siehe: Food Crash: Keine Alternative zu Biolandbau). Sichtungen von EHEC-Keimen im Gemüse sorgten auch hierzulande für Ernteverluste und erschütterten das Vertrauen in die Lebensmittelversorgung (siehe: EHEC: Verschwinden von alleine wäre Katastrophe).

Weltweit haben Jugendliche 2011 in vielen Kontexten Frust und fehlende Perspektiven ausgedrückt. Hauptmotive waren hohe Jugendarbeitslosigkeit – etwa für die spanischen „Indignados“-Bewegung, die Praxis der Finanzmärkte – wie bei den „Occupy“-Bewegungen in den USA und Europa, Wut auf verfehlte Bildungs- (Chile) sowie Sozialpolitik (England, siehe: Englische Randalierer haben nichts zu verlieren), sowie in Russland Mängel der Demokratie. In arabischen Ländern führten Proteste gegen autokratische Herrscher und Sozialprobleme zu Revolutionen (Tunesien, Ägypten) und Bürgerkriegen (Libyen, Syrien). Viele der Konflikte dauern noch fort.

© Johannes Pernsteiner 2011

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Quelle

pressetext 2011Johannes Pernsteiner 2011Dieter N. Unrath 2011Markus Keßler 2011

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