Die ökologische Frage im 21. Jahrhundert
Die Umweltbewegung in Deutschland ist in der Krise. Die Debatte ist erstarrt und greift für aktuelle und zukünftige Probleme auf Denkmuster der Vergangenheit zurück. Der Historiker Frank Uekötter plädiert in seinem Buch für eine neue Ökologiebewegung, die sich von überholten Gewissheiten löst und neue Wege beschreitet.
„Die deutschen Atomkraftwerke sind sicher.“ „Atomkraft ist eine unverantwortliche Risikotechnologie.“ „Atomkritiker sind zynische Apokalyptiker.“ Als im März dieses Jahres das Atomkraftwerk in Fukushima explodierte, schienen binnen kürzester Zeit in der deutschen Öffentlichkeit alle genau zu wissen, wie sie das Geschehene einzuordnen hatten. Es passierte ein Unfall, wie es ihn noch nie zuvor gegeben hatte und alle wussten Bescheid. Offenbar haben Befürworter wie Gegner der Kerntechnik einen festen Referenzrahmen, der für jeden anzunehmenden Unfall passt, ohne dass man viel nachdenken muss.
Frank Uekötter untersucht in seinem Buch die Geschichte der Umweltdebatte in Deutschland. Seine These: Wir Deutsche wissen, wie wir über Umwelt denken müssen. Nach mehreren Jahrzehnten lastet auf der ökologischen Diskussion ein dicker Stapel von Gewissheiten, mit denen man jedes Ereignis zuverlässig abarbeiten kann. Unorthodoxe Ideen haben es schwer, weil es keinen zwingenden Grund für ein neues Denken zu geben scheint. So schwelt unter der Oberfläche der rhetorischen Gewissheiten eine unbeantwortete Frage: Passen unsere Denkschablonen eigentlich noch zu den Problemen des 21. Jahrhunderts?
Mit seinem Gang durch die Geschichte der Umweltbewegung zeigt der Autor, dass die aktuelle Umweltdebatte an Traditionen anknüpft, die einst ganz anderen Zusammenhängen entsprangen und heute zweifelhaft geworden sind. So denken wir in einer globalisierten Welt noch immer in Klischees der alten Bundesrepublik – vom Atomprotest, der meist an der Landesgrenze endet, bis zur „Risikotechnologie“ Gentechnik. Frank Uekötter plädiert in seinem Buch dafür, Umwelt neu zu denken: globaler, vernetzter und weniger dogmatisch. Dann eröffnen sich Chancen für ein ökologisches 21. Jahrhundert.
Der Autor
Frank Uekötter, Dr. phil. habil., ist Privatdozent für die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Er ist Dilthey-Fellow am Forschungsinstitut des Deutschen Museums sowie LMU-Fellow am Rachel Carson Center für Umwelt und Gesellschaft in München. Er beschäftigt sich insbesondere mit Themen der Umwelt-, Wissenschafts- und Technikgeschichte.
Quelle
Campus Verlag 2011