Eat as much as you need
Mailen ist kostenlos: Das papierlose Büro gibt es nur in der Theorie. Dank EDV ist der Papierverbrauch gar gestiegen, da helfen auch gern gemeinte Signaturen in eMails (Bitte prüfen Sie der Umwelt zuliebe, ob der Ausdruck dieser Mail erforderlich ist) nicht viel. Ein Kommentar von Matthias Hüttmann
Das papierlose Büro gibt es nur in der Theorie. Dank EDV ist der Papierverbrauch gar gestiegen, da helfen auch gern gemeinte Signaturen in eMails (Bitte prüfen Sie der Umwelt zuliebe, ob der Ausdruck dieser Mail erforderlich ist) nicht viel. Auch wenn man das sinnfreie Ausdrucken von eMails vermeidet, führt das parallele Arbeiten in der digitalen und analogen Welt zu ständigem Synchronisieren und Kopieren. Verzichtet man weitgehend auf Papier, nützt das auch nur wenig, da dank der Allways-Online-Philosophie immer mehr Geräte in ständiger Bereitschaft gehalten werden, Experten sprechen vom „vernetzten Bereitschaftsbetrieb“. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass der dadurch verursachte Energieverbrauch von 2010 auf 2020 um mehr als 67 Prozent steigt. Weltweit seien laut Internationaler Energieagentur bereits heute rund 14 Milliarden Geräte mit dem Netz verbunden. 2020 werden es rund 50 Milliarden sein.
Der Stand-By-Verbrauch vieler Geräte sinkt, die Laufzeiten steigen an. Florian Henle vom Ökoenergieversorger Polarstern prognostiziert: „Der gesamte Bereich der Informations-, Telekommunikations- und Unterhaltungsmedien wird in den nächsten zehn Jahren bis zu 35 Prozent des Stromverbrauchs privater Haushalte ausmachen“. Die Bundesregierung rechnet vor, dass die bundesdeutsche IT-Infrastruktur 2007 55,4 Mrd. kWh und 2010 bereits 59 Mrd. kWh verbrauchen wird. Mal abgesehen vom Energiehunger des Internets. Eine einzige Web-Suche bei Google benötigt eine Strommenge, bei deren Produktion 200 Milligramm CO2 freigesetzt wird, der weltweite Energiebedarf samt angeschlossener Computer, Kühlanlagen und Netzwerk-Hardware könnte sich bereits auf knapp 1 Billiarde Kilowattstunden summieren.
Lieber den Magen verrenkt …
… als dem Wirt etwas geschenkt. Wer mit dieser Einstellung ins Restaurant gehen möchte findet zahlreiche Offerten wie „Eat as much as you can“. Da kann so manch einer einfach nicht widerstehen. Das ist sicher auch ein Grund weshalb Flatrates als äußerst attraktiv gelten. Der Vorteil: All-Inclusive-Angebote befreien vom lästigen Denken über Notwendigkeit und Bedarf. Nimmt man das Beispiel der „intelligenten“ Telefone (Smartphones), so wird deutlich wohin das bisweilen führt. Dank Überall-Kommunikation wird man immer wieder unfreiwillig Zeuge „wichtiger“ Gespräche, die nur dadurch zu erklären sind, dass dafür nicht gelöhnt werden muss. Auch gilt es die Flatrate auszunutzen, schließlich hat man ja dafür bezahlt. Das Frühstücksbuffet im All-Inclusive-Urlaub ist üppig, die Ressourcenverschwendung ebenso. Das günstige Flatrate-Tarif nur funktionieren es lange es Kunden gibt, die das Angebot wenig nutzen und somit die Finanzierung von Vielnutzern leisten, wird gerne übersehen. Flatrate basieren auf einer Mischkalkulation. Wird dies zu sehr ausgenützt, steigen die Preise für alle. Rechnen sich diese Geschäftsmodelle aber weiterhin, kann es zu einer Dominanz von Pauschaltarifen kommen, was der Bereitschaft sparsam mit Ressourcen umzugehen entgegenwirkt. Es fehlt schlichtweg der Anreiz, der Verzicht lohnt sich nicht. Im Gegenteil, es wächst das Gefühl durch eigenes Sparen andere zu finanzieren.
Unendlich Erneuerbar
Timo Leukefeld hat den Begriff vom „intelligenten Verschwenden“, der im Gegensatz zum blöden Sparen steht, geprägt. Er plädiert dafür, Energie, die im Überfluss vorhanden ist, ausgiebig zu nutzen. Diese Steigerung an Lebensqualität macht jedoch nur in einem definierten Rahmen Sinn. Schließlich ist die Verschwendung von Energie nur denkbar wenn ihre Produktion erneuerbar geschieht und bezogen auf das Individuum unendlich ist. Berücksichtigt man das nicht, führt Gedankenlosigkeit zu weiter steigenden CO2-Ausstoß und den bekannten Folgen. Der sogenannte Rebound-Effekt beschreibt eine weitere Problematik. Benötigt Technik weniger Energie, gehen Menschen sorgloser damit um, letztlich wird teilweise sogar mehr Energie verbraucht, da effizientere Geräte weniger sparsam oder nicht dem Bedarf angepasst benutzt werden. Der Knackpunkt ist die Intelligenz. Mit ihrer Hilfe werden Verbräuche minimiert, Freiräume geschaffen und der sparsame Umgang mit Energie festgelegt. Es geht nämlich nicht allein um die Frage wie man etwas tut (Effizienz), sondern vielmehr auch darum ob man etwas bzw. ob man das Richtige tut (Effektivität). Ideal ist die Kombination aus beidem.
In der Theorie geht man davon aus, dass steigende Energiepreise den Anreiz erhöhen seinen Energieverbrauch zu senken. Dies führt oft zu einer Steigerung der Energieeffizienz – am meisten dann, wenn dies nutzenmaximierend getan wird (homo oeconomicus). Noch ist davon jedoch nichts zu spüren. In Privathaushalten ist der elektrische Energieumsatz auch durch Elektrogeräte stark angestiegen. Die Folge: Der prozentualen Zunahme am Gesamtenergieverbrauch steigt weiter an.
Um das Denken, sprich unsere Intelligenz, auch wenn uns das durch die Inflation des Begriffs „Smart“ gerne suggeriert wird, müssen wir folglich nach wie vor selbst kümmern. Das kann uns niemand abnehmen.
Quelle
Matthias Hüttmann | Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie
Landesverband Franken e.V. 2015 | Erstveröffentlichung „SONNENENERGIE“ 3|2015 Juni-Juli