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pixabay.com | Gerd Altmann | Herz Gehirn

© pixabay.com | Gerd Altmann | Herz Gehirn

Herzintelligenz: „Wir brauchen neue Drehbücher für Chefetagen, Betriebe, Universitäten und Schulen“

In unserer durchrationalisierten und technologisierten Welt sind viele Menschen davon überzeugt, alles beherrschen zu können. Und dann kommt die Corona-Pandemie, und sie sind plötzlich fassungslos und spüren, dass sie nichts in ihrer Hand haben. Und nun der Krieg in Europa neben den vielen anderen großen Problemen, zu denen auch der Klimawandel gehört. All das verdeutlicht auch den enormen Stellenwert von unternehmerischer Verantwortung – für den ökologischen Fußabdruck ebenso wie für das körperliche und mentale Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Unternehmen sind heute gefordert, Nachhaltigkeit aktiv voranzubringen, um unseren Kindern eine lebenswerte Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zu hinterlassen. Dabei steht der ökologische Aspekt häufig im Vordergrund – doch wie sieht es mit den Menschen aus?

People Management stellt das „S“ in ESG (Enviromental, Social, Governance) in den Vordergrund – als Basis für alles andere

„Ökologische Nachhaltigkeit und People Sustainability sind eng miteinander verknüpft. Wir müssen bedenken, dass die Menschen einen angemessenen Lebensstandard benötigen, um ökologische Nachhaltigkeit aktiv voranzutreiben. Im Sinne von Ursache und Wirkung ist People Sustainability eine Voraussetzung für die ökologische Nachhaltigkeit“, sagt Kai Anderson, Transformation Lead International Mercer. Ist das Thema People Sustainability bei HR angekommen? Und falls ja, wie sieht es mit der Umsetzung aus? Um dieser Frage nachzugehen, ist Mercer Ende 2021 in einer Studie mit über 220 europäischen Unternehmen den Fragen zum Stand der Nachhaltigkeitsinitiativen nachgegangen. Die Ergebnisse der Studie können in englischer Sprache hier herunterladen werden. Unternehmen bestehen aus Menschen – und diese haben ein Bedürfnis nach Ordnung. Wo das Miteinander geregelt ist, wird diese Ordnung als Orientierungshilfe erfahren. Leitlinien helfen, die Energien in Unternehmen zu konzentrieren, auszurichten und schaffen so die Voraussetzung für das Wirksamwerden dieser Energien. Unternehmen lassen sich am besten leiten von Werten, die sich von den vier Kardinaltugenden Weisheit, Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit ableiten lassen. „Kardinaltugend kommt vom lateinischen Wort ‚cardo’, das Türangel heißt. Die vier Tugenden sind wie eine Türangel, um die sich alles dreht. Ohne sie findet man keinen Zugang zum Raum der Seele. Im Lateinischen heißt die Tugend ‚virtus’. Virtus ist eine Kraft, eine Fähigkeit, Geschicklichkeit. Die Seele braucht die Kräfte der Tugenden, damit sie das Leben meistert“, sagt Pater Anselm Grün. Im Übrigen kommt das deutsche Wort Tugend von „taugen“.

Ohne Tugend taugt das Leben nicht

Führungskräfte und Mitarbeitende sollten nach Ansicht des Unternehmers und Autors Werner Neumüller Grundwerte wie Ehrlichkeit, Integrität, Verlässlichkeit Mut und Fleiß nicht nur einfordern, sondern selbst leben. Er sagt, dass es heute häufig an „Ethos“ fehle. Streng definiert meint dies nicht eine „Ethik“, sondern Maßstäbe und persönliche Grundhaltungen. Es geht um die tiefere Ebene des persönlichen Gewissens, des reinen Herzens und des inneren Kompasses. Also das, was bereits als Voraussetzung gegeben sein muss, wenn Gesetze und Regeln eingehalten werden sollen. Unternehmenskultur bedeutet für ihn nicht die einmalige Beschäftigung mit Werten und mit Verantwortung, sondern ist eine permanente Vergegenwärtigung des eigenen Lebens und der Situation des Unternehmens. Die Neumüller Unternehmen erreichen jährlich etwa 12.000 Bewerbungen, darunter vor allem von spezialisierten Fachkräften für Bereiche wie Gesundheitswesen, Elektronikentwicklung und -produktion, Verfahrenstechnik und Maschinenbau, aber auch von Betriebswirten für Bereiche wie Wirtschaftsprüfung, Buchhaltung, Controlling, Einkauf oder Vertrieb. Nicht vom Kerngeschäft getrennt ist das gesellschaftliche Engagement von Regina und Werner Neumüller, die durch eine gemeinnützige Stiftung auch im Sinne des „Ehrbaren Kaufmanns“ wirken.

Die Firmengruppe ist auch Mitglied in der Gilde „Ethics in Business“, einer Allianz von Unternehmern, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung verpflichtet sehen. Zur Aufnahme war ein umfangreiches Prüfverfahren erforderlich, bei dem unter anderem Unternehmenswerte und Führung, werteorientierte Personalarbeit, Engagement im gesellschaftlichen Umfeld und Umweltschutz berücksichtigt wurden. Dieses Unternehmensbeispiel zeigt zugleich, dass ökologische Nachhaltigkeit nicht ohne soziale Nachhaltigkeit funktioniert. „Das Pflichtprogramm wird von vielen HR-Bereichen bereits absolviert. Wenn es aber darum geht, Unternehmen im Kern nachhaltig zu machen und mit sozialer Nachhaltigkeit Akzente zu setzen, gibt es noch viel zu tun,“ so Kai Anderson.

Was es für den Wandel braucht, ist eine „Balance zwischen Herz, Hand und Verstand“, eine Balance von Ökologie und Ökonomie, sagt der Umweltexperte Franz Alt

Er plädiert dafür, dass auch der Herzensbildung mehr Aufmerksamkeit zuteilwird. Dazu gehören u.a. Mitgefühl, Liebe, Großzügigkeit und Toleranz. Jede wirkliche Veränderung – auch ökologische – geht über das Herz und erfordert „Herzintelligenz“, die durch Geist und Seele gestärkt wird. Vor diesem Hintergrund entstand der Sammelband „Bauchgefühl im Management“, das Werner Neumüller mit herausgegeben hat, und in dem er sich für mehr Emotion und gesunden Menschenverstand in der Wirtschaft ausspricht. Hier braucht man sich nur an die allgemeinen ethischen Grundsätze zu halten, die für alle Bereiche des Lebens gelten. Sie müssen allerdings wieder neu zum Bewusstsein gebracht werden – angefangen in Familie und Schule. Mit dem Verstand allein kommt die Menschheit nicht zur Vernunft, sagt Franz Alt. Dabei verweist er nicht nur auf die Erkenntnis der modernen Neurowissenschaften, dass unser Verstand weitgehend von unseren Gefühlen abhängig ist, sondern auch darauf, dass wird „eine Ethik des vorausschauenden Denkens und Fühlens“ benötigen, welche sich ausmalen kann, was noch nicht ist, aber sein wird.“

Weiterführende Informationen
Quelle

Dr. Alexandra Hildebrandt | Erstveröffentlichung: XING 2022

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