Arzneimittel gehören nicht in den Ausguss
Auf zahlreichen Wegen gelangen Medikamente ins Abwasser und damit in den Wasserkreislauf – mit Folgen für die Umwelt.
Problematisch sind in erster Linie Wirkstoffe, die sich bei der biologischen Reinigung nicht abbauen lassen. Wie wichtig die fachgerechte Entsorgung von Medikamentenresten ist und wie man eine Verunreinigung des Wasserkreislaufs damit vermeiden kann, erklärt Philip Heldt von der Verbraucherzentrale NRW.
Wie gelangen Medikamente ins Abwasser?
Nehmen Menschen Arzneimittel ein, scheiden sie unter Umständen Bestandteile davon über Kot oder Urin wieder aus. Arzneimittel, die als Creme verabreicht werden, gelangen beim Duschen und Baden in die Kanalisation, weitere durch die falsche Entsorgung über Toilette und Waschbecken. Und nicht unerhebliche Mengen stammen aus der Nutztierhaltung. Denn den Tieren werden häufig Medikamente verabreicht, insbesondere in Betrieben mit konventioneller Intensivtierhaltung.
Wie schwierig ist es, die Stoffe aus dem Abwasser herauszufiltern?
Das ist unterschiedlich. Viele medizinische Wirkstoffe sind schnell und gut abbaubar. Manche aber eben nicht, weil sie sich nicht von Bakterien abbauen lassen. Der bakterielle Abbau ist aber das gängige Verfahren bei der Wasseraufbereitung. Mancherorts werden Kläranlagen deshalb mit Aktivkohlefiltern oder Ozonisierungsanlagen nachgerüstet, um auch die Stoffe zu zerstören, die sich durch bakteriellen Abbau nicht beseitigen lassen. Das ist erfolgreich, geschieht aber nicht flächendeckend.
Was passiert weiter mit den Stoffen?
Wasser, das die Kläranlage durchlaufen hat, wird in Flüsse geleitet und gelangt so wieder in den natürlichen Wasserkreislauf. Das bedeutet, dass Menschen und Tiere davon trinken und damit die Stoffe aufnehmen können.
Welche Auswirkungen können die noch vorhandenen Medikamentenrückstände auf die Tier- und Pflanzenwelt haben?
Bekannt sind zum Beispiel hormonelle Veränderungen in Wasserlebewesen, mit Unfruchtbarkeit und Artensterben als mögliche Folge. Auch von Verhaltensänderungen weiß man, die ebenfalls zum Aussterben einzelner Arten beitragen können. 2019 hat man in Österreich 40 Fließgewässer untersucht und in allen davon das Schmerzmittel Diclofenac nachgewiesen. In Toxizitätsstudien wurde für bestimmte Fischarten eine schädigende Wirkung auf Leber und Nieren nachgewiesen. Bei Forellen zum Beispiel führt bereits ein halbes Mikrogramm Diclofenac pro Liter Wasser zu Nierenschäden.
Nehmen die Menschen durch das Trinkwasser auch Medikamentenrückstände auf?
Nein, man kann das Wasser aus dem Hahn in Deutschland bedenkenlos trinken. Zum einen werden die meisten Stoffe in den Kläranlage bis deutlich unter den Grenzwerten abgebaut. Zum anderen entnehmen die Wasserwerke für das Trinkwasser nur Wasser aus sehr reinen Quellen. Damit das auch in Zukunft weiter möglich ist, ist ein sorgsamer Umgang mit dem Abwasser wichtig.
Was können Verbraucher:innen tun im Umgang mit Medikamenten?
Am Wichtigsten ist es, Medikamente nicht über die Toilette oder das Waschbecken zu entsorgen. Abgelaufene oder nicht mehr benötigte Medikamente kann man in manchen Apotheken abgeben, auch eine Entsorgung über den Restmüll ist in fast allen Städten möglich. Die Medikamente werden dann mit dem anderen Restmüll in der Müllverbrennungsanlage sicher verfeuert. Nur in Kommunen mit mechanisch-biologischer Abfallbehandlung sollten Medikamente zum Wertstoffhof gebracht werden. Informieren können sich Verbraucher:innen auf der Homepage ihres lokalen Abfallentsorgers. Nicht zuletzt trägt ein moderater Fleischkonsum zum Gewässerschutz bei. Auch der Kauf von Fleisch aus biologischer Haltung ist eine Alternative, da dabei weniger Medikamente eingesetzt werden.
- Mehr Informationen zu dem Thema finden Sie unter www.verbraucherzentrale.nrw/trinkwasser, www.abwasser-beratung.nrw sowie www.kmia.de.