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Deutlich mehr Corona-Tote durch Luftverschmutzung

Deutschland bewegt sich global in der traurigen Spitzengruppe. Jeder vierte Corona-Todesfall könnte hierzulande auf verschmutzte Luft zurückzuführen sein. Die Deutsche Umwelthilfe fordert eine drastische Verschärfung von Grenzwerten.

Schon bei der SARS-Epidemie 2003 zeigten sich die fatalen Auswirkungen dreckiger Luft auf die Todesraten. Eine Studie zufolge hatten Patienten bereits in Gegenden mit gemäßigter Luftverschmutzung ein 84 Prozent höheres Risiko zu sterben als in Umgebungen mit niedriger Luftverschmutzung. Nun legen Wissenschaftler für die aktuelle Corona-Pandemie erste Schätzungen zu den Folgen vor, die das langfristige Einatmen verschmutzter Luft auf COVID-19-Todesfälle hat, mit erschreckenden Zahlen.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie, der Harvard T.H. Chan School of Public Health, des London Centre for Climate Change and Planetary Health, der Berliner Charité und der Universitätsmedizin Mainz, ermittelten weltweit Schätzungen des Anteils der vermeidbaren COVID-19-Todesfälle, wenn die Bevölkerung einer geringeren menschengemachten Luftverschmutzung ausgesetzt wäre. Im Detail wurden die Auswirkungen von Feinstaub auf die Todesfälle ermittelt.

Deutschland in der traurigen Spitzengruppe

So ergeben die Schätzungen, dass in Deutschland 26 Prozent der Corona-Todesfälle in Zusammenhang mit Luftverschmutzung stehen. Nur in Tschechien (29 Prozent) und China (27 Prozent) sind die Werte höher. Vergleichsweise niedrig sind die Werte in Israel (6 Prozent) Australien (3 Prozent) und Neuseeland (1 Prozent). Laut Andrea Pozzer vom Max-Planck-Institut zeige der zurechenbare Anteil keinen direkten Zusammenhang, sondern einen indirekten Effekt.

„Unsere Schätzungen zeigen die Bedeutung der Luftverschmutzung auf Komorbiditäten, also Gesundheitsfaktoren, die sich gegenseitig verschlimmern und so tödliche gesundheitliche Folgen der Virusinfektion auslösen können“, so Pozzer. Allerdings werde die tatsächliche Sterblichkeit durch viele Faktoren beeinflusst – beispielsweise das Gesundheitssystem des Landes. So haben Länder wie Italien und die USA weit mehr Corona-Tote, gemessen an der Bevölkerung, zu beklagen, liegen jedoch bei den Schätzungen zu anteiligen Todesfällen durch Luftverschmutzung mit 15 (Italien) beziehungsweise 18 Prozent (USA) unter Deutschland.

Verschärfte Grenzwerte gefordert

Auch wenn die Todeszahlen in Deutschland noch vergleichsweise niedrig sind, zeigen die Forscher klar auf, dass mit sauberer Luft noch weit mehr Tote vermieden werden könnten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert daher Ad-hoc Maßnahmen, um Sterberisiken abzumildern. „Die Luftqualitäts-Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide müssen bereits 2021 europaweit verschärft werden“, so DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

DUH und weitere Experten weisen darauf hin, dass negative Gesundheitseffekte auch bei Feinstaubbelastungen deutlich unterhalb des geltenden Grenzwertes von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel auftreten. Feinstaub mit einer Größe von weniger 2,5 Mikrometern gelangt über die Lungen in die Blutgefäße. Das verursacht Entzündungen und Atembeschwerden, die zu chronischem Bluthochdruck, Diabetes und Cholesterin führen. Das Herz-Kreislauf-System wird geschwächt und es kann zu schweren Atemwegserkrankungen kommen.

Viele deutsche Städte hinken sogar bei der Umsetzung der bislang geltenden Grenzwerte hinterher. „Bund und Länder sowie die Kommunen sind dringend aufgefordert, die Saubere Luft in unseren Städten endlich umzusetzen. Dabei müssen sich die Politiker gerade bei den problematischen Luftschadstoffen an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation orientieren“, fordert Resch. Die WHO empfiehlt eine Konzentration von 10 µg/m³ im Jahresmittel nicht zu überschreiten. Zwar ist in Deutschland ein positiver Trend erkennbar, doch laut Umweltbundesamt überschritten deutsche Ballungsräume 2019 den WHO-Grenzwert noch um durchschnittlich 4,1 Prozent.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (mf) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 28 / 2019 | „Urbane Energiewende“ |  Jetzt lesen | Download

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