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Bigi Alt

© Bigi Alt | Wald

Die meisten Böden können weniger CO2 speichern als gedacht

Aufforstungen nicht nur gut – mehr Bäume könnten CO2-Speicher in Böden gefährden.

Bedeuten viele Bäume auch jeweils mehr gespeichertes CO2? Die Untersuchung eines internationalen Forschungsteam in Nature zweifelt daran, auch die Böden spielen eine Rolle dabei. César Terrer et al. zufolge können vor allem Waldböden dann weniger CO2 speichern, wenn die Bäume schneller wachsen. Das liege wohl daran, dass die Bäume zum Wachsen mehr Nährstoffe brauchten. Dafür müssten an ihren Wurzeln Bakterien aktiver werden, um diese Nährstoffe aus dem Boden bereit zu stellen. Diese erhöhte Aktivität führe aber auch zu mehr CO2-Ausstoß.

Die Welt rechne also zu stark mit Böden und Pflanzen, um die für den Planeten zerstörerische Kohlendioxidverschmutzung aufzufangen, warnten die Forscher. Denn grundsätzlich stimme es schon: Die anthropogene höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre rege das Pflanzenwachstum an, weil Pflanzen und Bäume das Kohlendioxid für den Aufbau ihrer Zellen bräuchten. Allerdings gefährde das beschleunigte Pflanzenwachstum der Analyse zufolge einen weiteren CO2-Speicher: die Böden. Wüchsen nämlich viel mehr Pflanzen und Bäume durch erhöhte CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre, entweiche im Gegenzug in Böden gespeichertes CO2.

Anders sei der Effekt bei Graslandschaften, wie Savannen oder Tundra. Da führt laut den Forschenden mehr CO2 zu mehr Wachstum, während gleichzeitig auch mehr CO2 im Boden eingelagert wird. Fachleute warnen denn auch, Grasland aus Klimaschutzgründen aufzuforsten.

Aus dem Abstract von Nature

Terrestrische Ökosysteme wie Wälder entfernen pro Jahr etwa 30 Prozent des anthropogenen CO2. Ob diese Kohlenstoffsenke aber weiter so funktioniert, hängt jedoch zum Teil davon ab, wie die pflanzliche Biomasse und die Vorräte an organischem Kohlenstoff im Boden (SOC) auf einen zukünftigen Anstieg des atmosphärischen CO2 reagieren. Obwohl die Pflanzenbiomasse in Experimenten mit erhöhtem CO2 (eCO2) oft zunimmt, wurde beobachtet, dass der SOC zunimmt, unverändert bleibt oder sogar abnimmt. Die Mechanismen, die diese Schwankungen zwischen den Experimenten bewirken, sind nur unzureichend bekannt; das führt zu Unsicherheiten bei Klimaprojektionen.

In dem Nature-Artikel haben die Autoren die Daten von 108 eCO2-Experimenten zusammengefasst und herausgefunden, dass der Effekt von eCO2 auf die SOC-Bestände am besten durch eine negative Beziehung zur Pflanzenbiomasse erklärt werden kann: Wenn die Pflanzenbiomasse durch eCO2 stark stimuliert wird, nimmt die SOC-Speicherung ab; umgekehrt nimmt die SOC-Speicherung zu, wenn die Biomasse schwach stimuliert wird. Dieser Kompromiss scheint mit dem Nährstofferwerb der Pflanzen zusammenzuhängen: Die Pflanzen erhöhen ihre Biomasse indem sie den Boden nach Nährstoffen absuchen; das verringert die SOC-Speicherung.

Die Forschenden fanden heraus, dass insgesamt die SOC-Vorräte mit dem eCO2 in Grasland (8 ± 2 Prozent), aber nicht in Wäldern (0 ± 2 Prozent) zunehmen, obwohl die Pflanzenbiomasse in Grasland weniger zunimmt (9 ± 3 Prozent) als in Wäldern (23 ± 2 Prozent). Ökosystemmodelle reproduzieren diesen Kompromiss nicht – das könnte bedeuten, SOC-Projektionen müssten möglicherweise überarbeitet werden.

Klimaprojektionen gehen also fälschlicherweise davon aus, dass Land und das, was darauf wächst, die CO2-Belastung der Menschheit der Atmosphäre aufnehmen könnten. Die Ergebnisse der Studie ziehen laut den Wissenschaftlern die weitverbreitete Annahme in Zweifel, nach der das in Böden gespeicherte CO2 erhalten bleibt, während die Masse an Pflanzen wächst. Dieselben Forscher schätzten bereits 2019, dass eine Verdoppelung des CO2-Ausstoßes im Vergleich zur Mitte des 19. Jahrhunderts – wie bis Ende dieses Jahrhunderts erwartet – die pflanzliche Biomasse nur um 12 Prozent erhöhen wird, weit weniger als zuvor prognostiziert. Andere Untersuchungen haben gewarnt, dass Wälder ihre Wirksamkeit beim Aufnehmen von zu viel CO2 verlieren könnten. Dies liegt zum Teil aber auch daran, dass alle sechs Sekunden alter Primärwald von der Fläche eines Fußballplatzes zerstört werde, wodurch CO2 freigesetzt und die für die Absorption verbleibenden Flächen reduziert werden. Erschwerend kommt dazu, dass ab einer bestimmten Temperaturschwelle laut einer Studie Anfang dieses Jahres auch die Fähigkeit der Pflanzen abnimmt, CO2 zu absorbieren.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „SOLARIFY“ 2021 verfasst! 

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