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Fotolia.com | Tyler Olson

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Earth Overshoot Day: Bleibt die Erde im Discount-Angebot?

Die Menschheit hat die Ressourcen für 2024 schon verbraucht. Deutschland konsumiert sogar das Dreifache des Zumutbaren. Kann ein Ressourcenschutzgesetz das ändern?

Die Menschheit hat die Ressourcen für 2024 schon verbraucht. Deutschland konsumiert sogar das Dreifache des Zumutbaren. Kann ein Ressourcenschutzgesetz das ändern?

Ein Öko-Warntag, immer Anfang August: der Erdüberlastungstag. Er signalisiert, dass die Menschheit die erneuerbaren Ressourcen der Erde bereits verbraucht hat, die ihr rechnerisch gesehen für das gesamte Jahr zur Verfügung stehen.

Um die Ansprüche ohne „Überlastung“ zu erfüllen, wären theoretisch 1,7 Erden notwendig. Da Industrieländer wie Deutschland quasi sogar drei Erden beanspruchen, wird unterdessen hierzulande der Ruf nach einem effektiven Ressourcenschutzgesetz lauter.

Seit rund zehn Jahren fällt der symbolische Tag auf einen Tag Ende Juli oder Anfang August. Eine gewisse Entspannung gab es nur während der Corona-Pandemie, als wegen der Lockdowns der Verkehr und die Industrieproduktion zurückgingen. Dadurch sank auch der ökologische „Fußabdruck“ der Menschheit und die Überlastung setzte erst später ein.

Die Berechnungen für den „Earth Overshoot Day“ stammen von der US-Organisation Global Footprint Network. Sie analysiert dafür, ab wann die Menschheit für das restliche Jahr mehr Acker- und Weideland, Fischgründe und Wald beansprucht, als rechnerisch zur Verfügung stehen. Zugleich wird weitaus mehr CO2 ausgestoßen, als Wälder und Ozeane aufnehmen können.

Ausgeglichen war die Bilanz nur bis zum Ende der 1960er Jahre. Als das Global Footprint Network den Überlastungstag 1987 erstmals berechnete, fiel er noch in den Oktober.

Was nicht mehr schlechter wird, ist noch lange nicht gut

Dass der Überlastungstag zuletzt nicht noch weiter nach vorne rückte, werten Umwelt-Fachleute als Zeichen dafür, dass der Ressourcenhunger der wachsenden Weltwirtschaft durch Effizienzgewinne immerhin ausgeglichen werden konnte. Eine Trendwende ist das aber noch nicht. Jahr für Jahr steigt die akkumulierte CO2-Emissionslast in der Atmosphäre, zugleich schrumpfen die verfügbaren Ressourcen weiter.

Nichtregierungsorganisationen sehen Industrieländer wie Deutschland in der Verantwortung, mit der Ressourcen-Einsparung voranzugehen. Hierzulande gibt es mit dem Plan der Ampel-Regierung für eine „Kreislaufwirtschaftsstrategie“ einen neuen Ansatz dafür. Der Entwurf dazu, im Juni vom Bundesumweltministerium vorgestellt, zielt auf eine Halbierung des deutschen Rohstoffverbrauchs bis 2045.

Der Umweltverband BUND und das entwicklungspolitische Inkota-Netzwerk fordern, dass diese und weitere Vorgaben in der nun anstehenden Ampel-Ressortabstimmung erhalten bleiben. In einem Ressourcenschutzgesetz müssten sie zudem mit klaren politischen Verantwortlichkeiten festgeschrieben und mit verbindlichen Maßnahmen unterlegt werden, so die NGOs. Das Gesetz müsse klare Schutzziele, Erreichungsjahre und Reduktionspfade sowie ein Monitoring, Berichtspflichten und Sanktionen enthalten.

Laut dem BUND liegt ein Schlüssel, um weniger zu verbrauchen, in mehr Suffizienz. Motto: weniger Ressourcenverbrauch, mehr Lebensqualität – etwa durch längere Haltbarkeit und bessere Reparaturmöglichkeiten für Produkte sowie Mehrwegsysteme, was Abfälle vermeidet und so die Ressourcen schont.

NGOs fordern Gesetze mit Biss

Die Stärkung dieser Bereiche schaffe zudem neue Jobs und vermindere die Abhängigkeit von Importen, so der Umweltverband. Ohne eine Neuordnung der Ressourcenpolitik hin zu deutlich kleineren Mengen an verbrauchten Ressourcen ließen sich die globalen, völkerrechtlich verbindlichen Klimaschutz- und Biodiversitätsziele nicht erreichen.

Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt sagte dazu: „Wir brauchen schleunigst ein Gesetz, um unseren Ressourcenverbrauch deutlich zu senken. Ein rechtlicher Rahmen ist dringend notwendig, um klare Verantwortlichkeiten zu schaffen und echte Anreize für eine nachhaltige, andere Art des Wirtschaftens zu setzen.“

Das entwicklungspolitische Inkota-Netzwerk hat die möglichen Lösungen am Beispiel von Elektrogeräten durchdekliniert. Es gehe darum, die Produkte länger zu nutzen, wiederzuverwenden, zu reparieren und fachgerecht zu recyceln.

„Doch dazu muss die Politik die Rahmenbedingungen verbessern und Hersteller in die Pflicht nehmen“, sagte Julius Neu von Inkota. Der Rohstoffexperte sieht das für dieses Jahr angekündigte Reparaturgesetz als möglichen wichtigen Schritt, um Reparaturen einfacher und günstiger zu machen. Dazu brauche es strenge Vorgaben zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu angemessenen Preisen, ein Verbot reparaturfeindlicher Praktiken und einen Reparaturbonus.

Die Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch äußerte mit Blick auf den Erdüberlastungstag die Hoffnung, der „Wendepunkt“ könne erreicht sein. „Vieles spricht dafür, dass die Überlastung bald sinkt“, sagte ihr politischer Geschäftsführer Christoph Bals. Der weltweite Siegeszug von erneuerbaren Energien, Speichertechnologien, E‑Mobilität und Wärmepumpen beginne das fossile Geschäftsmodell zu untergraben.

Doch diese und weitere ermutigende Trends müssten stark beschleunigt werden, um irreversible Klima-Kipppunkte und weitere massive Artenverluste zu verhindern. „Schnelles, wirksames und sozial verträgliches Handeln ist gefragt, um die Freiheitsrechte der heute jungen Menschen und künftiger Generationen zu schützen“, sagte Bals.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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