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Effekte des Klimawandels

Veränderte Bodenfeuchte könnte Grünland stark beeinträchtigen. Ökologen der Universität Hohenheim testen, wie der Klimawandel Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Tieren stört.

Ein Zuviel an Wasser könnte Pflanzengemeinschaften und ihre Wechselbeziehungen mit anderen Organismen ebenso massiv beeinträchtigen wie Trockenheit. Das vermuten Landschaftsökologen der Universität Hohenheim. Sie wollen die Folgen veränderter Bodenfeuchte wie Staunässe und Trockenheit auf Pflanzen, Pflanzenfresser, Bestäuber und Wurzelpilze im Grünland nun genauer untersuchen. Denn mit dem Klimawandel wird sich auch die Menge und Verteilung des Niederschlags ändern. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit fast 300.000 Euro, womit es als Schwergewicht der Forschung an der Universität Hohenheim gilt.

Wie Dürre Pflanzengesellschaften beeinträchtigt, ist gut erforscht. Doch der Weltklimarat prognostiziert künftig auch höhere Niederschlagsmengen, häufigere Starkregen und Überschwemmungen als Folgen des Klimawandels – und wie sich das auswirkt, ist noch fraglich.

Die Landschaftsökologin Dr. Julia Walter von der Universität Hohenheim befürchtet, dass sich unter dem Einfluss häufiger Staunässe die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Pflanzenfressern und den Wurzelpilzen verändern und so diese Gemeinschaften aus dem Gleichgewicht geraten könnten. Um diese Hypothese zu testen, hat sie Anfang letzten Jahres ein Forschungsprojekt gestartet, das diesen Fragen auf den Grund gehen will.

Verschiedene hydrologische Bedingungen im Experiment

Die Wissenschaftlerin hat für ihre Experimente über 120 Grünland-Soden ausgestochen und ca. 900 Graslandgemeinschaften, Monokulturen und Einzelpflanzen angesät. Alle wachsen in 30 cm hohen Töpfen.

„Diese Töpfe stehen auf einer Versuchsstation der Universität, dem Heidfeldhof“, erklärt sie. „Nun stellen wir in den Töpfen fünf verschiedene Wasserstände ein – von sehr trocken bis extrem nass. Außerdem untersuchen wir die Auswirkung von gepulstem Stress im Vergleich zu chronischem, indem wir komplette Überschwemmung bzw. Dürre für einen kurzen Zeitraum von rund drei Wochen etablieren.“

Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und anderen Organismen im Fokus

Die Forscher wollen wissen, ob sich die Produktivität der Wiesen und die Inhaltsstoffe der Pflanzen unter Wasserstress verändern. Doch nicht nur die Pflanzen selbst stehen im Fokus, sondern vor allem die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und anderen Organismen.

„Uns interessieren auch die Wechselwirkungen mit den blattfressenden Insekten. Im Experiment setzen wir Larven auf die Pflanzen oder füttern sie mit dem Aufwuchs“, berichtet Dr. Walter. Die Frage sei, ob veränderte Bodenfeuchte einen Einfluss darauf hat, wieviel sie fressen, wieviel Gewicht sie ansetzen, wie lange es bis zur Verpuppung dauert und wie viele erwachsene Tiere letztlich schlüpfen. „Man weiß, dass die Tiere bei Trockenheit etwas länger fressen, dafür aber auch schwerer werden. Ob das bei Nässe womöglich umgekehrt gilt, bleibt abzuwarten.“

Mit Bestäubern gibt es ebenfalls Wechselwirkungen, die im Projekt untersucht werden. „Eine veränderte Bodenfeuchte könnte Blütenpflanzen absterben lassen, so dass dann Gräser dominieren“, mutmaßt Dr. Walter. „Oder das Nektarangebot könnte sich ändern. Beides ist von Trockenstress bekannt, doch der Einfluss von Staunässe ist ein unbeschriebenes Blatt.“ Die Forscher wollen daher Parameter wie Gräser-Anteil, Blütengröße oder Zuckergehalt des Nektars bestimmen und die Verweildauer von Bestäuber-Insekten auf der Blüte messen.

Experimente schließen auch Wurzelpilze ein

In Zusammenarbeit mit Dr. Derek Persoh von der Ruhr-Universität Bochum steht zudem die Frage auf dem Programm, wie sich die verschiedenen hydrologischen Bedingungen auf Wurzelpilze auswirken. „Die sogenannten Mykorrhiza-Pilze leben in Symbiose mit den Pflanzen. Sie sorgen für eine verbesserte Nährstoffaufnahme“, erklärt Dr. Walter. „Wenn sie durch Staunässe geschädigt werden, kann das für die Pflanzen zum Problem werden, was wiederum Pflanzenfresser und Bestäuber beeinträchtigen kann.“

Und wenn sich die Pflanzengemeinschaft verändert, wirkt sich das auch auf die chemische Zusammensetzung der Streu und deren Abbauzeiten aus. „Das verändert den Nährstoffkreislauf im System. Eigentlich beschleunigt Feuchtigkeit den Abbau, aber wenn es zu nass wird, kann das wiederum bremsen.“

Die möglichen Konsequenzen: „Im schlimmsten Fall könnte das Netzwerk zusammenbrechen. Wenn es zu wenig oder qualitativ zu schlechte Nahrung für Bienen und Pflanzenfresser gibt, könnten ganze Populationen einbrechen. Und das kann eine Kaskade lostreten, die sich über die Nahrungskette fortsetzt.“

Doch für genauere Aussagen müssten noch viele Fragen geklärt werden, betont Dr. Walter – und baut auf die Ergebnisse ihres Projektes in drei Jahren.

HINTERGRUND zum Projekt
Das Projekt „Folgen extremer Regenereignisse für biotische Interaktionen im Grünland: Die Bedeutung von Saisonalität und Häufigkeit von Staunässe“ startete am 1.1.2015 und wird bis Mitte 2019 laufen. Kooperationspartner der Universität Hohenheim ist die Ruhr-Universität Bochum. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben mit 294.220 Euro.

HINTERGRUND: Schwergewichte der Forschung
31,2 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2015 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.

Universität Hohenheim / Julia Walter | Totalansicht des Experiments an der Universität Hohenheim zu Folgen extremer Regenereignisse.
Quelle

Universität Hohenheim | Dr. Julia Walter 2016

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