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Fotolia.com | Axel Wolf

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Klimawandel, Ökologische Zivilisation, China und der Bodensee

Konzept einer „Ökologischen Zivilisation“ wird in China forciert

In letzter Zeit richtete die gesamte Welt ihre Aufmerksamkeit auf Lima und die dort stattfindende internationale UN-Klimakonferenz. Nach einer Verlängerung der Konferenz um fast 36 Stunden unterzeichneten die 195 Staaten eine Abschlusserklärung, die als schwacher Kompromiss bezeichnet werden kann. Trotzdem beschreibt die EU dieses Abkommen als ersten Schritt für ein Klimaabkommen bei der nächsten Konferenz im kommenden Jahr. Auch die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks beurteilte das Ergebnis positiv. Hendricks äußerte, dass bilaterale Treffen mit Ländern wie den USA oder China Hoffnung dafür gäben, noch vorhandene Stolpersteine bis zum Gipfel in Paris zu überwinden. 

Für den Global Nature Fund (GNF) ist die politische Neuausrichtung Chinas in diesem Punkt besonders bemerkenswert. Während zweier Konferenzen, die zeitgleich im November im südchinesischen Nanchang stattfanden, wurde das Konzept einer „Ökologischen Zivilisation“ forciert, das vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas (CPC) ausgegeben wurde. Politische Repräsentanten regionaler und nationaler Ebenen betonten die hohe Priorität, mit der China den ökologischen Fortschritt in alle Bereiche wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und sozialen Fortschritts inkorporieren muss. 

Chinesische Provinzregierungen stehen in einem Wettbewerb um die Ziele der „Ökologischen Zivilisation“ – basierend auf einer kohlenstoffarmen Kreislaufwirtschaft. Der Global Nature Fund hofft, dass diese neue, von Peking vorangetriebene Ausrichtung dazu beiträgt, mit China im kommenden Jahr in Paris zu einem angemessenen und effizienten Klimaabkommen zu kommen. 

Vom 1. bis 12. Dezember fand in Lima, Peru, die 20. jährliche Zusammenkunft der Vertragsstaaten des „UN Framework Convention on Climate Change“ von 1992 und das 10. Treffen der Mitglieder des Kyoto-Protokolls von 1997 statt. Das übergeordnete Ziel der Konferenz war es, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und den Klimawandel-induzierten Temperaturanstieg auf 2 Grad zu begrenzen. 

Der Klimawandel ist eine sich ankündigende globale Katastrophe, der Ökosysteme und Artenvielfalt sowie die Existenzgrundlage von Milliarden Menschen weltweit bedroht, falls zeitnah keine wegweisenden Handlungen unternommen werden. 

Die für den globalen Temperaturanstieg verantwortlichen Treibhausgase werden überwiegend durch die westlichen Industrieländer erzeugt und korrelieren mit der industriellen Produktion eines Landes. Momentan stammen die größten absoluten Treibhausgasemissionen aus China und den USA, gefolgt von der EU und einigen Schwellenländern. Überwiegend leiden die Entwicklungsländer unter den Folgen wie Starkregen, Trockenheit oder Hochwasser. 

Wissenschaftliche Daten belegen inzwischen zweifelsfrei den menschlichen Einfluss dieser Prozesse. Doch erst seit wenigen Jahren beginnen die Hauptemittenten der Treibhausgase mit ersten Schritten in Richtung auf eine zukünftige kohlenstoffarme Wirtschaft. In diesem Kontext fand vorausgehend zur Weltklimakonferenz in der südchinesischen Provinz Jangxi, am Ufer des größten Süßwassersee in China, dem Poyang Hu, das 3. Weltforum für eine kohlenstoffarme Wirtschaft und Eco-Economy statt. Die Konferenz war ein Forum für nationale und internationale Interessensgruppen, die zu einer neuen ökologischen Gesellschaft mit Hilfe von kohlenstoffarmen Technologien einen Beitrag leisten möchten. Der Global Nature Fund und die Bodensee-Stiftung nahmen an dieser Konferenz teil. 

Marion Hammerl, Präsidentin des GNF, eröffnete die Konferenz zusammen mit hochrangigen chinesischen und internationalen Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Vor rund 5.000 Teilnehmern aus 40 Ländern und China betonte Präsidentin Hammerl die Notwendigkeit einer nachhaltigen Nutzung natürlicher und aquatischer Ressourcen, ohne die erfolgreiches ökonomisches Wachstum nicht dauerhaft möglich ist. „Nur intakte Seen und Feuchtgebiete können die negativen Einflüsse des Klimawandels kompensieren und die unersetzbaren Ökosystemleistungen zur Verfügung stellen, die wir für unsere Existenzgrundlage und wirtschaftliche Entwicklung brauchen“, so Hammerl. Regionen mit ausreichender Wasserversorgung, so wie die Jiangxi Provinz oder die Bodensee-Region, hätten Glück wegen dieses wertvollen Naturkapitals. Umso sorgfältiger müssen jedoch auch solche Regionen mit ihren Wasserressourcen umgehen, wenn sie von ihnen auch in der Zukunft profitieren wollen. 

Die Folgen des Klimawandels für Seen-Ökosysteme waren auch eines der Hauptthemen der 14. Living Lakes-Konferenz, die parallel zum 3. Weltforum in Nanchang stattfand. Delegierte von Nicht-Regierungs-Organisationen aus 34 Ländern diskutierten die Situation von Seen in dicht besiedelten Gebieten. Das viertägige Treffen ermöglichte einen intensiven Erfahrungsaustausch zu Lösungsvorschlägen sowie neuen Wegen zum Schutz der Seen weltweit. 

Viele Seen des Living Lakes-Netzwerks sind schon heute unmittelbar von den schwerwiegenden Folgen des Klimawandels betroffen. Ein Beispiel, das auf der 14. Living Lakes-Konferenz intensiv besprochen wurde, ist der mongolische Hovsgol See, einer der wenigen fossilen Seen weltweit mit einem Alter von mehr als 2 Millionen Jahren. Der globale Temperaturanstieg begünstigt das saisonale Auftauen des Permafrostbodens im Einzugsgebiet des Sees. Organische Substanzen, die seit Jahrmillionen durch den Frost gebunden waren, werden freigesetzt, gelangen in den Hovsgol See und gefährden das sensible Ökosystem. Im Zusammenhang mit häufigeren und heftigeren Niederschlagsereignissen verstärkt sich so die Oberbodenerosion und führt zu einer Eutrophierung des Sees. Solche direkten Folgen des Klimawandels bedrohen das fragile ökologische Gleichgewicht, das sich im See über Millionen Jahre etabliert hat. 

Die Auswirkungen des Klimawandels beschränken sich dabei keineswegs auf ferne Länder: Die Folgen sind auch am Bodensee im Herzen Europas sichtbar. Als zweitgrößter Wasserkörper Europas, der den größten Teil seines Wassers aus den benachbarten Alpen bekommt, ist die Wasserstandsdynamik durch Änderungen in der Schneefall-Häufigkeit in den Alpen sowie das Abschmelzen der Gletscher determiniert. Laut Internationaler Gewässerkommission für den Bodensee (IGKB) sind Luft- und Wassertemperaturen in den vergangenen Jahrzehnten signifikant gestiegen. So ist der See an der Oberfläche heute im Mittel etwa ein Grad wärmer als vor 50 Jahren. 

Diese Entwicklung ist nicht ohne Folgen für den Bodensee: Die stärkere Erwärmung des Wassers führt zu einer Störung der saisonalen Wasserzirkulation des Sees, die für eine gute Durchmischung und den notwendigen Sauerstoffaustausch erforderlich ist. Damit könnte sich jedoch die Versorgung der tieferen Schichten des Sees mit sauerstoffhaltigem Wasser verschlechtern, mit entsprechenden Konsequenzen unter anderem für die Wasserqualität. Die gestörte Wasserstandsdynamik führt darüber hinaus zu Schäden in den ufernahen Ökosystemen. 

Neben der dringend notwendigen Verstärkung der eigenen Anstrengungen in der Bodensee-Region und in Deutschland für vereinbarte Klimaschutzziele, setzt der GNF darauf, dass Länder wie China es ernst meinen mit der „Ökologischen Zivilisation“. Davon würden nicht nur die Seen der Welt profitieren!

Quelle

Global Nature Fund 2014

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