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Konzept für Pestizidabgabe: Kostenlose Verschmutzung von Wasser stoppen

Absatzmenge von Pestiziden wie Glyphosat und Co. in Deutschland um fast 40 % gestiegen.

„Preise für Lebensmittel müssen die Wahrheit sprechen und alle Kosten widerspiegeln, die bei der Produktion anfallen. Nur dann erfüllen Preise ihre wirtschaftliche Steuerungsfunktion. Eine Pestizidabgabe wäre ein wichtiger erster Schritt für mehr Fairness im Wettbewerb“, betont Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), anlässlich der heutigen Veröffentlichung eines Gutachtens „Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland“ des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung. „So lange die Verschmutzung von Wasser und die Schädigung der Artenvielfalt durch den massiven Pestizideinsatz für die Verursacher kostenfrei bleiben, wird eine umweltfreundliche Bewirtschaftung wie der Ökolandbau verhindert.“
 
Die von den Gutachtern entwickelte Pestizidabgabe wäre schnell und einfach umsetzbar und könnte eine neue Dynamik in der Landwirtschaft hin zu ökologisch zukunftsfähigen Systemen wie dem Ökolandbau auslösen. „Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sollte den Vorschlag Pestizidabgabe deshalb umgehend aufgreifen und auch auf entsprechende europäische Regelungen hinwirken“, so Löwenstein. Bei zwischenstaatlichen Handelsabkommen müsse darauf gedrungen werden, die dadurch unterschiedlich hohen Produktionskosten über eine Grenzabgabe auszugleichen. So könne die Wirkung der Pestizidabgabe noch verbessert werden.
 
In den letzten 20 Jahren ist die Absatzmenge von Pestiziden wie Glyphosat und Co. in Deutschland um fast 40 % gestiegen. Instrumente, die den Einsatz von Ackergiften begrenzen sollen – wie der von der Bundesregierung initiierte Nationale Aktionsplan zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (NAP) – reichen offenbar nicht aus, um diese besorgniserregende Entwicklung zu korrigieren. Auch die Zulassungsverfahren sind lückenhaft. „Wir benötigen dringend wirksame Instrumente, um die Ressourcen zu schützen und die umweltfreundlichste Landwirtschaft zu stärken“, sagt der Vorsitzende des Bio-Spitzenverbandes abschließend.

Ein neues Gutachten zur Einführung einer Pestizidabgabe in Deutschland stellt das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) heute vor. Landwirte und Pestizidindustrie sollen danach an den externen Kosten beteiligt werden, die durch die Anwendung von Pestiziden entstehen, so etwa für das Aufbereiten von Trinkwasser, die Lebensmittelüberwachung sowie für Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschutzmitteln. Das Gutachten „Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland“ wurde im Auftrag der Bundesländer Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erstellt.

Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe kommentiert: „Die Einführung einer Pestizidabgabe ist längst überfällig. Derzeit zahlt die Allgemeinheit die versteckten Kosten des viel zu hohen und riskanten Einsatzes von gefährlichen Spritzmitteln. Es ist absolut richtig und nachvollziehbar, die Landwirte und Pestizidindustrie zur Kasse zu bitten. Die Regelungen in Dänemark, Schweden und Frankreich belegen bereits, dass die Umsetzung einer solchen Abgabe machbar ist. Verpflichtende Mittel sind nötig, um die Erforschung von umweltfreundlichen Alternativen und der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft zu fördern.

Eine Pestizidabgabe kann den hohen Einsatz der giftigen Spritzmittel reduzieren. Das ist dringend notwendig, denn Pestizide gelangen in Böden und Gewässer und verbleiben dort zum Teil über Jahrzehnte. Die Gifte reduzieren die Artenvielfalt, sie schädigen Tiere wie Bienen, Käfer, Frösche und Vögel. Besonders für Menschen gefährliche Spritzmittel wie das umstrittene Glyphosat, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein, müssen sofort verboten werden. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt ist nun gefordert, sich auf Bundesebene für die Einführung einer Pestizidabgabe stark zu machen und diese zügig umzusetzen.“

Absatz an Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland, Ergebnisse der Meldungen gemäß §64 Pflanzenschutzgesetz für das Jahr 2013, 2014:

  • Hersteller verkaufen in Deutschland knapp 100 000 Tonnen Pflanzenschutzmittel (davon 54 % Herbizide, 28 % Fungizide, 7,6 % Wachstumsregler, 4,6 % Insektizide und 4 % Molluskizide) mit über 30 000 Tonnen an Wirkstoffen.
  • In den letzten 20 Jahren der Absatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) um 36,7 Prozent angestiegen.
  • In Deutschland sind derzeit fast 700 Pflanzenschutzmittel und über 250 Wirkstoffe zugelassen, diese werden von 92 Zulassungsinhabern und 106 Vertriebsunternehmen angeboten und von 12.290 Groß- und Einzelhändlern verkauft.
  • 94,7 Prozent der Mittel setzen professionelle Anwender ein, nur 5,3 Prozent private Anwender.
Quelle

Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. 2015

Greenpeace.de 2015

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ 2015

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