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Depositphotos.com | kukota | Berg rutscht

© Depositphotos.com | kukota | Berg rutscht

Mehr Gefahren im Alpinismus: Wenn der Berg rutscht

Steinschläge, Starkregen, Eisbrüche: Der Klimawandel macht den Outdoor-Tourismus in den Bergen riskanter. In Bayern nahm die Zahl der Todesfälle zu. Sportler:innen sollten sich darauf einstellen, dass sich die Alpen verändern. Von Christina Mikalo

Im Sommer und Herbst zieht es viele Menschen zum Wandern in die Berge. Die Freude am Sport im Freien kann einem angesichts der Todesfälle durch Bergunglücke in diesem Jahr jedoch schnell vergehen.

So gab es allein in Bayern laut dem zuständigen Innen- und Sportminister Joachim Herrmann (CSU) bis zum 19. August bereits 33 Todesfälle – zwölf mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, in dem die Zahl der Verunglückten insgesamt bei 41 gelegen hatte.

Dieses Jahr sind allein sechs Menschen im Bereich der Zugspitze ums Leben gekommen. Doch auch anderswo war vermehrt von Bergunfällen zu lesen. Einen Grund dafür sehen viele in den Folgen der Klimakrise.

Mehr und stärkere Gefahren

So warnt etwa der Dachverband der großen Bergsportverbände des Alpenraums, der Club Arc Alpin, dass „altbekannte Gefahren wie Steinschlag“ wegen des auftauenden Permafrosts „in neuer Dimension und Häufigkeit“ auftreten.

Vor allem die Gletschergegenden im Hochgebirge veränderten sich stark. Durch das Schmelzen des Eises würden etwa Gletscherbäche mehr Wasser führen, was es gefährlicher machen könne, sie zu überqueren.

© Max Hirschfeld / Kleinwalsertal

Auch kommt es laut dem Club Arc Alpin vermehrt zu starkem Regen in hohen Lagen. Gefriert dieser, erhöht das unter Umständen die Lawinengefahr. Steinschlag, Hangrutschungen und Muren – Erdrutsche, durch die Schlamm und Gesteinsmaterial ins Tal fließen – können ebenfalls durch Starkregen ausgelöst werden.

Tödlich kann es dabei enden, wenn den Bergsteiger:innen das Eis buchstäblich unter den Füßen wegbricht und sie in Gletscherspalten stürzen. Das ist in diesem Jahr bereits mehrmals passiert.

Und schließlich gibt es noch ein Risiko, an das viele bei einem Urlaub in den Bergen vielleicht nicht sofort denken: Sonneneinstrahlung und, vor allem im Sommer, Hitze.

Der Alpenraum erwärmt sich stärker als im globalen Mittel. In den vergangenen 100 Jahren lag der Temperaturanstieg in den Ostalpen bei knapp zwei Grad Celsius, während es global „nur“ um circa 0,8 Grad Celsius wärmer wurde. Prognosen zufolge werden sich die Alpen bis Ende des Jahrhunderts um drei bis fünf Grad erwärmt haben.

Alpen verändern sich

Wer trotzdem in die Berge will, sollte ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sich die Bedingungen dort verändern, mahnt Stefan Winter, der beim Deutschen Alpenverein das Ressort Sportentwicklung leitet. Einige Wege werden zum Beispiel nicht mehr passierbar sein – weil es sie schlichtweg nicht mehr gibt.

Alle Gletscher der Ostalpen befinden sich seit 2010 auf dem Rückzug und werden laut den Prognosen innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre weitgehend verschwunden sein. Das wird auch Folgen etwa für Alpenvereinshütten haben, die dann – zusätzlich zu den trockenen Sommern – auch kein Wasser mehr von den Gletschern beziehen können. Einige Hütten mussten wegen des Wassermangels bereits im vergangenen Sommer schließen.

Ohne Wege und Hütten oder nur mit solchen, die teuer saniert werden müssen, wird es auch der Tourismus in den Alpen zunehmend schwer haben. Allerdings ist das nicht die einzige Herausforderung. Auf den Alpen lastet ein hoher Nutzungsdruck.

Es fragt sich aber, ob etwa die Skiindustrie als Folge ausbleibender Kundschaft und unsicherer Schneeprognosen neue Gebiete erschließen und dadurch die Natur weiter zurückdrängen sollte. Gleiches gilt für den in den Alpen geplanten Ausbau der Wasserkraft für die Energiewende.

So kam es bereits zu Protesten gegen den Bau eines Staudamms für ein Pumpspeicherwerk im Platzertal, durch den eines der größten alpinen Moor- und Feuchtgebiete Österreichs zerstört würde. Moore sind wichtige CO2-Speicher, und viele zum Teil seltene Tier- und Pflanzenarten haben dort ihre Heimat.

Der Alpenraum steht wegen der Klimakrise also vor vielen Herausforderungen. Bergsportler:innen täten gut daran, sich darauf einzustellen und Risiken bereits im Vorfeld einer Tour zu verringern.

Vorab aktuelle Karten checken, Warnapps nutzen und sich alternative Routen überlegen – das kann helfen, auf mögliche Gefahren am Berg vorbereitet zu sein. Vor Hitze kann etwa schützen, ausreichend Wasser mitzuführen, eine Kopfbedeckung zu tragen und die Tour in die frühen Morgenstunden zu legen. Letzteres kann auch vor Steinschlag bewahren, der eher im Tagesverlauf mit zunehmender Sonneneinstrahlung und Hitze auftritt.

Beim Wandern außerdem wichtig ist genügend Fitness: Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen am Berg.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Christina Mikalo) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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