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pixabay.com | andrea77n | Alpen Dolomiten

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Skifahren selbst mit Schneekanonen nicht mehr garantiert

Die Klimaerwärmung macht weiße Pisten zunehmend zur Seltenheit. Wie gut sich eines der größten Skigebiete der Schweiz bis 2100 noch mit technischer Beschneiung behelfen kann und wie viel Wasser dafür benötigt wird, haben Forschende der Universität Basel berechnet.

Die Zukunft für den Schneesport in der Schweiz sieht nämlich alles andere als rosig beziehungsweise weiß aus. Aktuelle Klimamodelle sagen voraus, dass es in kommenden Jahrzehnten im Winter zwar mehr Niederschlag geben wird. Dieser fällt vor allem an Weihnachten aber immer häufiger nicht als Schnee, sondern als Regen, schreibt Angelika Jacobs am 28.12.2022 auf der Webseite der Universität Basel, Dennoch investierte ein Investor unlängst mehrere Millionen Schweizer Franken, um das Skigebiet Andermatt-Sedrun-Disentis auszubauen. Eine kurzsichtige Entscheidung?

Ein Forschungsteam um Dr. Erika Hiltbrunner vom Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel hat nun berechnet, inwiefern sich dieses Skigebiet künftig mit technischer Beschneiung eine mindestens 100-tägige Skisaison bewahren kann. Dafür sammelten sie Daten über die Ausrichtung der Pisten, die Orte, die beschneit werden müssen und wie viel Wasser es dafür braucht. Zudem nutzten sie die neuesten Klimaszenarien (CH2018) in Kombination mit der Simulierungssoftware SkiSim 2.0, um die Schneeverhältnisse mit und ohne technische Beschneiung zu prognostizieren. Ihre Ergebnisse erschienen am 06.12.2022 im International Journal of Biometeorology.

Keine Garantie für eine weiße Ski-Saison

Künstliche Beschneiung könne zwar zumindest in den höher gelegenen Teilen des Skigebiets mehr als 1.800 Meter über dem Meer) eine 100-tägige Skisaison gewährleisten. Aber für das Weihnachtsgeschäft war es zu knapp, da es vorher oft nicht kalt genug war. Bei einem Szenario mit ungebremstem Klimawandel wird insbesondere die Region Sedrun auf Dauer keine Schneegarantie über die Feiertage mehr bieten können. Zu einem gewissen Grad könne man die Situation womöglich mit neuen Schneekanonen auffangen, aber eben nur teilweise, schreiben die Forschenden.

„Was viele nicht bedenken, ist, dass man auch für die technische Beschneiung gewisse Witterungsverhältnisse braucht.“

Dr. Erika Hiltbrunner

„Es darf nicht zu warm sein und die Luft nicht zu feucht, sonst entsteht keine ausreichende Verdunstungskälte, damit das zerstäubte Wasser in der Luft gefriert und als Schnee herunterkommt.“ Warme Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf und so wird es mit immer wärmeren Wintern auch zunehmend schwieriger bis unmöglich, technisch Schnee zu erzeugen. Anders ausgedrückt: „Hier setzt die Physik der technischen Beschneiung natürliche Grenzen.“

540 Millionen Liter
© Universität Basel / Erika Hiltbrunner / Skifahren ist selbst mit Schneekanonen nicht mehr garantiert.

Geschäfte ließen sich aber weiterhin machen, denn die künstliche Beschneiung ermöglicht es den Betreibern des Skigebiets, zumindest höher gelegene Pisten während 100 aufeinanderfolgenden Tage geöffnet zu halten – auch noch bis Ende des Jahrhunderts und mit ungebremst fortschreitendem Klimawandel. Der Preis dafür ist aber recht hoch: Die Berechnungen der Forschenden zeigen, dass der Wasserverbrauch für Kunstschnee erheblich steigen wird – für das gesamte Skigebiet um rund 80 Prozent. In einem durchschnittlichen Winter gegen Ende des Jahrhunderts beliefe sich der Verbrauch also auf rund 540 Millionen Liter Wasser, im Vergleich zu heute 300 Millionen Liter.

Allerdings sei diese Bedarfssteigerung noch relativ moderat im Vergleich zu anderen Skigebieten, betonen die Forschenden. Frühere Studien hatten gezeigt, dass sich beispielsweise der Wasserverbrauch für die Beschneiung im Skigebiet Scuol um das 2,4- bis 5-fache steigern wird, weil dort die beschneite Fläche stark vergrößert werden muss, um die Schneesicherheit zu garantieren. In der Studie werden Perioden von 30 Jahren betrachtet. Allerdings Es gibt aber große jährliche Schwankungen: Im schneearmen Winter 2017 verdreifachte sich der Wasserverbrauch für die Beschneiung eines der drei Teilgebiete von Andermatt-Sedrun-Disentis.

Konflikte bei der Wassernutzung
pixabay.com | Hans | Beschneiungsanlage
© pixabay.com | Hans | Beschneiungsanlage

Heute komme ein Teil des Wassers für die Beschneiung des größten Teilgebietes von Andermatt-Sedrun-Disentis aus dem Oberalpsee. Zu diesem Zweck dürften jährlich maximal 200 Millionen Liter entnommen werden. Setze sich der Klimawandel ungebremst fort, werde das zwar noch bis Mitte des Jahrhunderts reichen. Danach müssten aber neue Wasserquellen erschlossen werden, so Dr. Maria Vorkauf, Erstautorin der Studie, die inzwischen bei der Forschungsanstalt Agroscope (dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) angegliedertes Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung) arbeitet.. „Am Oberalpsee wird auch Strom mit Wasserkraft erzeugt“ „Hier werden wahrscheinlich Konflikte zwischen dem Wasserbedarf für das Skigebiet und jenem für die Stromerzeugung entstehen.“

Zunächst dürfte dieses Skigebiet jedoch sogar noch vom Klimawandel profitieren: Wenn tiefer gelegene, kleinere Skigebiete schließen müssen, konzentriert sich der Tourismus auf große und höher gelegene Gebiete, wie beispielsweise Andermatt-Sedrun-Disentis. Fest steht, dass die verstärkte Beschneiung die Kosten und damit auch die Preise für die Skiferien in die Höhe treiben wird.

„Irgendwann können sich Personen mit durchschnittlichem Einkommen solche Ferien schlicht nicht mehr leisten“, so Hiltbrunner.

Quellen:

Quelle

Universität Basel 2022 | Der Bericht wurde von der Redaktion „SOLARIFY“ 2022 verfasst! 

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