Tschernobyl: Flächenbrände setzen Strahlung frei
Der Fallout von Tschernobyl wird laut einem „NewScientist“-Bericht nicht einfach spurlos verschwinden. Radioaktive Wolken könnten sich wieder über Europa verbreiten.
Laut Forschern des Norwegian Institute for Air Research wären Brände denkbar, die die in den oberen Schichten der Erde befindliche Strahlung in den dichten Wäldern der Ukraine und Weißrusslands freisetzen.
Brände in 2002, 2008 und 2010
Waldbrände haben bereits in der Vergangenheit verstärkte Radioaktivität in Europa bewirkt. Diese Situation könnte sich jedoch mit den Klimaveränderungen, der politischen Instabilität und durch einen bizarren Effekt von Strahlung auf abgestorbene Blätter verstärken. Nach der Reaktorexplosion 1986 wurden die Menschen aus der am stärksten betroffenen 4.800 Quadratkilometer großen Region in der Ukraine und Weißrussland evakuiert.
Diese Sperrzone wurde in der Folge zu einer Oase für Wildtiere und boreale Wälder. Das Team um Nikolaos Evangeliou hat die Auswirkungen von Flächenbränden auf die Region untersucht und daraus ihre Häufigkeit und Schwere in der Zukunft berechnet. Für die Erstellung von Luftmodellen und Feuern wurden Satellitenfotos von realen Bränden aus den Jahren 2002, 2008 und 2010 mit den Messungen von radiaktivem Zäsium 137 aus der Region kombiniert.
Halbwertszeit länger als vermutet
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass von den 85 Petabecquerel (PBq) radiaktivem Zäsium, die beim Unfall in Tschernobyl freigesetzt wurden, noch immer zwischen zwei und acht PBq in den obersten Schichten der Erde der Sperrzone vorhanden sind. In einem anderen Ökosystem würden diese Werte laut Evangeliou langsam mit der Erosion oder der Entfernung der Vegetation abnehmen.
In diesen verlassenen Wäldern nehmen jedoch die Bäume die radioaktiven Ionen auf, während die abgestorbenen Blätter sie wieder an die Erde abgeben. Das Team hat berechnet, dass die drei Feuer zwischen zwei und acht Prozent des Zäsiums, ungefähr 0,5 PBq, als Rauch freigesetzt haben. Dieser Rauch wurde über Europa verteilt. Seine Spuren wurden in der Türkei, Italien und in Skandinavien nachgewiesen.
Laut dem Experten Ian Fairlie unterschätzt diese Simulation jedoch die potenziellen Risiken. Die Schätzungen gehen nämlich von der Halbwertszeit aus, die das Team für Zäsium 137 angenommen hat. Diese könnte länger ausfallen. Die Berechnungen gehen davon aus, dass in der nahegelegenen Hauptstadt Kiew durchschnittlich zehn Mikrosievert Strahlung freigesetzt wurden. Das entspricht rund einem Prozent der jährlich zugelassenen Dosis.
Krebserkrankungen werden erwartet
Einer aktuellen in „Ecological Monographs“ veröffentlichten Studie nach ist jedoch nicht die durchschnittliche Dosis das Problem. Manche Menschen werden jedoch viel stärker belastet, da die Feuer radioaktives Strontium, Plutonium und Americium und Zäsium unregelmäßig freisetzen. Zusätzlich kommt es in manchen Nahrungsmitteln zu hohen Konzentrationen dieser Schwermetalle.
Pilze enthalten zum Beispiel sehr hohe Mengen an Zäsium. Die über die Nahrung eingenommene Dosis kann von Bedeutung sein. Die resultierenden Krebserkrankungen sind in Zusammenhang mit Krebserkrankungen von weniger belasteten Personen nur schwer erkennbar. Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change wird diese Region in Zukunft trockener werden. Die Dürren verstärken heute schon die Brände.