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pixabay.com | Renate Dohr | Wutach-Schlucht

© pixabay.com | Renate Dohr | Wutach-Schlucht

Vor 50 Jahren an der Wutach – Der Kampf um sauberes Wasser beginnt

Die Wutach, der kleine, schöne Fluss im Schwarzwald war einmal berühmt für seine Wasserqualität und eines der besten Forellengewässer Europas.

Der exklusive Londoner „Bad Boll Fishing Club“ hatte auf einer Länge von 80 Kilometern die Angelrechte an der Wutach gepachtet und Bad Boll war damals ein kleines Schwarzwald-Bad am Rande der Wutach-Schlucht. Doch die ungeklärten Abwässer der Papierfabrik in Neustadt führten ab 1905 zu einem raschen Rückgang des Fischbestandes.

Vor 50 Jahren, im Jahr 1972 geschah in der kleinen, konservativen Schwarzwaldstadt Donaueschingen „Ungeheuerliches“. Die Umweltschützer und Paddler Roland Görger und Konrad Jäger, beide aktiv in der Freiburger Aktion Umweltschutz, dem späteren BUND, demonstrierten bei den Donaueschinger Musiktagen. Sie verteilten 1000 Infoblätter und verlangten die Abwasserklärung der fürstlichen Papierfabrik in Neustadt und die Beendigung der massiven Wasserverschmutzung der Wutach. Nach dem Krieg mussten die beiden Kajak-Fahrer die Plastifizierung der Ufer, die hemmungslose Gewässerverschmutzung und die immer schnellere Zerstörung der Bäche und Flüsse erleben und erleiden. Beide standen für eine neue, politischere Generation im Natur- und Umweltschutz, die sich auch mit Autoritäten anlegte.

Der Zustand der Umwelt in Deutschland war 1972 teilweise entsetzlich und viele Bäche und Flüsse stinkende Kloaken. Es war eine Zeit, in der in Deutschland Kinder durch Luftverschmutzung krank wurden, Asbest-Gefahren wurden verharmlost und der Schweizer Atommüll noch im Meer versenkt. Es war die Zeit einer erwachenden Umweltbewegung, in der aus „Nur-Naturschutzverbänden“ politisch engagierte „Umwelt- und Naturschutzorganisationen wurden. Ein »Fenster der Möglichkeiten« öffnete sich am Oberrhein und wenige Jahre später kam es zu den großen, spektakulären Protestaktionen und Bauplatzbesetzungen gegen ein Bleiwerk in Marckolsheim (F) und gegen die AKW Wyhl, Kaiseraugst (CH) und Gerstheim (F).

Heute wäre so eine Aktion keine besondere Nachricht, damals war sie sehr ungewöhnlich. Sponsor der Donaueschinger Musiktage war der Fürst zu Fürstenberg, der auch Besitzer der Papierfabrik Neustadt war. Protest gegen „den Fürst“ war damals in Donaueschingen noch ein Sakrileg. Nach langem Streit und wirtschaftlichen Verwerfungen wurde endlich eine Kläranlage eingebaut. Ein erster Erfolg für den Wasserschutz und den Schutz unserer Bäche und Flüsse, an dem eine damals noch junge Umweltbewegung ihren Anteil hat. Wenn heute in Bächen und Flüssen wieder gebadet werden kann, wenn die Lachse langsam zurückkehren, dann sollten wir daran erinnern, dass diese Erfolge nicht vom Himmel gefallen sind, sondern teilweise hart erkämpft werden mussten. Die frühen Kämpfe waren schwierig und mühsam und dennoch einfach, denn die Vergiftungen und Belastungen waren zumeist sichtbar, messbar und erkennbar. Die erfreulichen heutigen Kämpfe gegen Klimawandel, Artenausrottung, Atommüllproduktion und die Folgen unbegrenzten Wachstums sind schwieriger. Dennoch können wir aus den frühen Erfolgen Hoffnung und Kraft schöpfen.

„Die Umweltbewegung wird für das gelobt, was sie in der Vergangenheit getan und erreicht hat und sie wird heftig dafür kritisiert, was sie aktuell fordert und durchsetzen will“

Quelle

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein 2022 | (Alt-)BUND-Geschäftsführer

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