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Wie Taifune tropische Küstenökosysteme schädigen

2005 richtete Hurrikan Katrina an der Golfküste der USA enorme Schäden an und forderte viele hundert Menschenleben. Das Ereignis verdeutlichte, welche Zerstörungskraft in einem tropischen Wirbelsturm steckt. Das weltweit am häufigsten von tropischen Stürmen heimgesuchte Meeresgebiet liegt vor der Küste Südchinas mit der Insel Hainan. Die Region wird im Schnitt achtmal jährlich von Taifunen heimgesucht. Im Jahre 2008 traf der Wirbelsturm Kammuri auf Hainan.

Forscher des ZMT und ihre chinesischen Partner untersuchten die Auswirkungen des Taifun auf die Küstenökosysteme der Insel unmittelbar nach dessen Auftreffen.

Wirbelstürme können das Wetter in einem Umkreis von bis zu 1000 km beeinflussen. Allein durch ihre physikalische Gewalt werden marine Ökosysteme beschädigt: Seegräser werden entwurzelt oder Korallen zerbrochen. Neben starken Winden bringen die Stürme meist auch enorme Regenmengen mit sich. Die ökologischen Auswirkungen dieser Naturereignisse sind in der Region bisher kaum untersucht worden.

Die Insel Hainan weist eine Vielfalt von tropischen Küstenhabitaten auf, darunter Mangroven, Seegraswiesen und Korallenriffe. Diese Systeme sind tiefgreifenden Veränderungen durch den Menschen ausgesetzt. Wie in vielen Gebieten Südost-Asiens hat sich auch in Hainan in den letzten Jahrzehnten die Art der Landnutzung stark geändert. Das Forscherteam untersuchte das Mündungsgebiet des Flusses Wenchang, das ehemals von dichten Mangrovenwäldern gesäumt wurde. Sie wurden großflächig abgeholzt und in Aquakulturteiche für die Aufzucht von Garnelen und Fischen umgewandelt.

Mangroven halten Nährstoffe und Sedimente aus Flusseinträgen zurück, und schützen dadurch das Küstenmeer vor übermäßigen Stoffeinträgen. Die ausgedünnten Wälder hingegen können diese Pufferfunktion kaum noch wahrnehmen. Durch die Aquakultur und intensive Landwirtschaft im Hinterland gelangen nun große Mengen an Nährstoffen und Sedimenten in Flüsse und Ästuare.

Unter ungestörten Bedingungen kann ein Ästuar ein Überangebot von Nährstoffen herausfiltern. Vor dem Taifunereignis fanden die Forscher nur geringe Nährstoffmengen im Küstenmeer vor der Mündung des Wenchang. Der Fluß verbreitert sich in seinem Mündungsgebiet zu einer Lagune. Hier fließt das Wasser langsamer und verweilt länger, so dass Phytoplankton, kleine Algen, einen Großteil der Nährstoffe aufnehmen und Sedimente sich am Grund des Gewässers absetzen können. Das bedeutet einen gewissen Schutz für die sensiblen und artenreichen Lebensgemeinschaften vorgelagerter Küstenökosysteme wie Korallenriffe und Seegraswiesen.

Taifun Kammuri mit seinen heftigen Regenfällen hingegen schwemmte das Phytoplankton aus dem Ästuar ins Küstenmeer hinaus, zusammen mit großen Mengen an Nährstoffen aus Aquakultur und Landwirtschaft sowie erodierten Böden. In den Küstengewässern bildeten sich Algenblüten. Auch große Massen an Süßwasser wurden weit ins Meer hineingetrieben. Zwei Wochen nach dem Sturm hatten sich die Verhältnisse am Wenchang noch nicht normalisiert.

Korallenriffe und Seegaswiesen sind an salzhaltiges, klares Wasser mit geringen Nährstoffkonzentrationen angepasst. In Hainan sind diese Küstenhabitate durch Überfischung, Dynamit- und Zyanidfischerei bereits sehr stark geschädigt. Wie die Forscher am Wenchang beobachten konnten, belasten Taifune sie zusätzlich. Experten diskutieren darüber, dass aufgrund des Klimawandels die Häufigkeit und Intensität von Wirbelstürmen ansteigen könnte. Überall dort in den Tropen, wo die zerstörerische Kraft von Naturgewalten und menschlichen Einflüssen zusammentreffen, könnte das für die Küstenökosysteme und ihre Ressourcen verheerende Folgen haben.

Publiziert in:

Herbeck, L.S., Unger, D., Krumme, U., Liu, S.M., Jennerjahn, T. (2011) Typhoon-induced precipitation impact on nutrient and suspended matter dynamics of a tropical estuary affected by human activities in Hainan, China. Estuarine Coastal and Shelf Science 93: 375-388.

Quelle

Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie 2011

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