Der sozial gerechte Preis für CO2
Ein Preis auf CO2 kann stark wirksam und zugleich sozial gerecht sein – wenn er richtig gemacht ist.
Das zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Kern der Idee: Eine gezielte Rückgabe der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung vor allem an ärmere Menschen, die relativ viel Energie brauchen und daran wenig ändern können. Einer Ausweitung der CO2-Preise stehen allem politische Befürchtungen entgegen: Soziale Härten und damit möglicher Aufruhr.
„Entscheidend ist, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zurückgegeben werden, und zwar zielgerichtet: Mit der Gießkanne zurückverteilen ist nur die zweitbeste Lösung“, erläutert Martin Hänsel, Ökonom am PIK und Hauptautor der Studie, die im Journal of Environmental Economics and Management (JEEM) erschienen ist. „Am sinnvollsten ist es, besonders betroffene Gruppen mit direkten Transfers zu unterstützen. Wir identifizieren in der Studie erstmals diese besonders betroffenen Gruppen: Denn das sind nicht einfach die ärmeren Bevölkerungsschichten. Vielmehr gibt es innerhalb jeder Einkommensgruppe Haushalte mit sehr hohen Energieausgaben – die Menschen müssen mit dem Auto zur Arbeit fahren, weil sie auf dem Land wohnen, sie haben eine alte Ölheizung oder wohnen zur Miete, sodass sie keinen Einfluss auf Dämmung haben, und so weiter. Diese Gruppen muss der Staat identifizieren und gezielt entlasten. Das ist gesamtgesellschaftlich gesehen die gerechteste Lösung.“
„Gerade in der aktuellen Krise mit steigenden Energiekosten für alle heißt es immer wieder, ein CO2-Preis sei nicht zumutbar. Dabei ist das Gegenteil der Fall, gerade jetzt brauchen wir hier politische Steuerung“, sagt Max Franks, ebenfalls Ökonom in Potsdam und Autor der Studie. „Die Forschung ist sich schon lange einig, dass das Verschmutzen der Atmosphäre nicht aufhört, wenn es niemanden etwas kostet. Wir sind jetzt der Frage nachgegangen, wie das am besten geht, damit es eben genau nicht die Armen am härtesten trifft – und wir sehen: Es gibt eine sozial gerechte Lösung.“
Gezielte Rückzahlungen an die Bedürftigsten stellen den Staat vor die Herausforderung, zu wissen, welche Haushalte besonders energieintensiv aufgestellt sind und daran kurzfristig wenig ändern können. „Hier gibt es bereits Ideen, wie das funktionieren könnte. Dennoch haben wir uns auch angeschaut, was die bürokratisch leichtere Lösung wäre. Es zeigt sich, dass Gießkannentranfers, also alle bekommen das gleiche zurück, nur dann vertretbar funktionieren, wenn sie verbunden sind mit einer moderaten Förderung von erneuerbaren Energien. Denn das senkt die Energiepreise und so gibt es letztlich auch weniger Härtefälle und die ungleiche Belastung sinkt“, sagt Matthias Kalkuhl, der am MCC zu CO2-Bepreisung und Steuerreformen forscht und Mitautor der vorliegenden Studie ist.
Ottmar Edenhofer, Direktor des PIK und des MCC und ebenfalls Autor der Studie: „Wir haben für diese Studie den ökonomischen Blick erweitert. Wir schauen die Menschen nicht – wie sonst üblich – pauschal danach an, was sie verdienen. Sondern danach, wie sehr Energiepreisveränderungen sie treffen. Damit ist das Modell, das wir dafür gebaut haben, auch sehr gut anwendbar auf die aktuelle Energiekrise. Denn auch hier gilt: Wir müssen entlasten bevor wir belasten, und wir müssen das gezielt tun. Dafür ist es entscheidend, die unterschiedlichen Ausgangslagen der Menschen zu berücksichtigen. Denn schlussendlich brauchen wir den CO2-Preis als marktwirtschaftlichen Hebel, die Emissionen wirksam zu senken. Er löst nicht alle Probleme, aber ohne ihn lässt sich das Klimaproblem nicht lösen.“
- ScienceDirect „Optimal carbon taxation and horizontal equity: A welfare-theoretic approach with application to German household data“
- MCC Arbeitspapier „CO2-Bepreisung: Mehr Klimaschutz mit mehr Gerechtigkeit“