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© northvolt.com | Symbolbild

Die Einweihung der neuen Batteriefabrik Northvolt ist ein starker Lichtblick

Wiederaufbau deutscher Solarindustrie an FDP gescheitert. Von Hans-Josef Fell.

Die gerade an der FDP gescheiterte Unterstützung zum Wiederaufbau einer deutschen Solarindustrie ist bezeichnend für den schleichenden Niedergang der deutschen Industrie insgesamt. Angeblich seien die Subventionen zu hoch und nicht verantwortbar.

Zur Erinnerung: Um 2012 herum war es insbesondere der FDP-Wirtschaftsminister Rösler, der zusammen mit der Union die einstige solare Weltmarktführerschaft Deutschlands zusammen mit über 100.000 Jobs aktiv vernichtete.

Damals wie heute wurden immer wieder marktliberale Gründe vorgeschoben, wie das Zurückdrängen staatlicher Subventionen und das ständig wiederholte Mantra, der „Markt“ solle über alles entscheiden. Doch diese marktliberalen Einstellungen waren und sind allerdings bis heute kein Grund für die FDP, die hohen fossilen Subventionen und Marktverzerrungen für Erdgas sowie das aktuelle Strommarktdesign endlich anzugehen. Getrieben wurde der damalige Niedergang der Solarindustrie von einem dauerhaften Trommelfeuer gegen angeblich zu hohe staatliche Subventionen in der Solarwirtschaft durch verschiedene Wirtschaftsinstitute in Deutschland, mit Ausnahme des DIW. Viele dieser Institute lobbyierten und lobbyieren bis heute zusammen mit dem weltweit agierenden Atlasnetzwerk, das ab 1981 von der US-Ölindustrie aufgebaut wurde, um die Interessen der fossilen und atomaren Wirtschaft zu schützen. Während Subventionen für Erneuerbare Energien attackiert werden, werden die deutlich höheren Subventionen in der fossilen und atomaren Wirtschaft kaum thematisiert.

Freiberger Landrat will mit Bürgerenergie Ausbau die Meyer Burger Solarfabrik doch noch retten

Als Antwort auf das Versagen der FDP in der Bundesregierung möchte nun der Landrat von Freiberg, Dirk Neubauer, ein einzigartiges Solarprojekt vorantreiben, um die Solarfabrik von Meyer Burger in Freiberg zu retten. Aufgrund des Mangels an Unterstützung durch die Bundesregierung musste bereits vielen Arbeiterinnen und Arbeitern in der Freiberger Solarfabrik gekündigt werden. Nun sollen im Landkreis Solaranlagen mit einer Kapazität von einem Gigawatt errichtet werden, die hauptsächlich durch Bürgerkapital und regionale Banken finanziert werden, um die Fabrik doch noch auszulasten. Das Klimaschutzunternehmen Ansvar2030 mit CEO Felix Rodenjohann und District Energy planen, den erzeugten Solarstrom zu nutzen, um allen 300.000 Einwohnern der Region Mittelsachsen ein vollständig emissionsfreies Leben zu ermöglichen.

Ob dem Niedergang der deutschen Solarwirtschaft nun die Automobilwirtschaft folgt?

Nach der Solarwirtschaft befindet sich auch die deutsche Automobilwirtschaft längst auf einem absteigenden Ast. Die Konzernchefs von VW, Daimler, BMW und Co. haben mit politischer Unterstützung der FDP, Union und SPD viel zu lange auf den fossilen Verbrennungsmotor gesetzt und tun dies noch heute. Daher waren in Deutschland vor allem Tesla und Renault mit ihren Elektroautos erfolgreich, während die deutschen Hersteller zurückblieben.

Gerade hat Daimler sein Ziel, bis 2030 ausschließlich Elektroautos herzustellen, wieder aufgegeben und plant stattdessen weiterhin 50 % fossile, klimaschädliche Verbrenner zu produzieren.

Zwar hat der VW-Konzern etwas Boden gut gemacht, liegt jedoch mit 4,6 % Marktanteil bei E-Autos auf dem letzten Platz der Top 5 der Weltrangliste. Angeführt wird diese von Tesla mit einem Anteil von 19,9 % am weltweiten Umsatz im Jahr 2023, gefolgt von drei chinesischen Herstellern in der Rangliste – BYD (17,1 %), GAC Aion (5,2 %). %) und SAIC-GM-Wuling (4,9 %).

In 2023 haben Tesla und BYD zusammen mehr E-Autos verkauft als alle europäischen Hersteller zusammen.

Dabei spielen technologisch weit fortgeschrittene chinesische Hersteller, allen voran BYD aus China, auf dem europäischen Automarkt noch eine untergeordnete Rolle. Doch das ändert sich gerade. BYD plant bis 2026, allein 200 Containerschiffe für den Export von Elektroautos zu bauen, um über den chinesischen Markt hinaus zu expandieren. Kürzlich wurde das erste dieser Schiffe in Bremerhaven entladen, auf dem sich 3000 E-Fahrzeuge von BYD befanden.

Angesichts dieser Offensiven der Weltmarktführer BYD, Tesla und anderer Hersteller von E-Mobilen ist es unverantwortlich, dass Daimler die Ziele für Elektroautos zurückschraubt, anstatt der Konkurrenz die Stirn zu bieten und offensiv auf emissions- und erdölfreie E-Mobile zu setzen. Es ist offensichtlich, dass E-Autos sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb immer erschwinglicher werden, was bereits deutlich erkennbar ist. Unternehmen, die wie die deutschen Hersteller nur halbherzig in diese Richtung gehen, werden letztendlich denselben Niedergang erleben wie die deutsche Solarwirtschaft, da immer weniger Menschen teure Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wollen.

Unterstützung der neuen Batteriefabrik von Northvolt ist ein klares Zeichen für grüne Technologien

Die Batterietechnologie ist die wichtigste Schlüsselindustrie, nicht nur, aber besonders für E-Mobile. Daher ist es erfreulich, dass die Bundesregierung zusammen mit der EU eine starke Unterstützung für den Aufbau einer Batteriefabrik von Northvolt in Schleswig-Holstein gewährt hat. Kanzler Scholz und Vizekanzler Habeck waren beim Baustart kürzlich sogar anwesend und lobten zurecht die hohen Subventionen für die Gigafactory. Christian Lindner, der Vizekanzler von der FDP, wurde dort nicht gesichtet.

Northvolt plant ab 2036 die jährliche Produktion von bis zu 1 Million Batteriezellen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer größeren Unabhängigkeit von den bisher dominierenden chinesischen Batterieherstellern.

Kritik an diesen Subventionen kommt aus dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Es handelt sich erneut um marktliberale Argumente, die einst zum Niedergang der Solarwirtschaft in Deutschland führten und damit die fossile Wirtschaft unterstützten.

Dabei ist die Unterstützung von Northvolt genau das, was in der EU und in Deutschland viel stärker passieren sollte, um der chinesischen Dominanz bei grünen Technologien etwas Substanzielles entgegenzusetzen und gleichzeitig den schnellen Klimaschutz voranzutreiben.

Bedeutend ist auch, dass sich Northvolt vor allem deshalb für den Standort in Heide entschieden hat, weil dort viel überschüssiger und damit kostengünstiger Windstrom zur Verfügung steht. Die deutsche Industrie sollte nicht weiter über angeblich zu hohe Strompreise für Industriekunden klagen, sondern sich vielmehr ein Beispiel an Northvolt nehmen, um die kostengünstigen Erneuerbaren Energien zu nutzen und sie weiter auszubauen.

Die Batterietechnologien nehmen weltweit massiv Fahrt auf

Die internationalen Wettbewerbs­herausforderungen im Batteriemarkt bleiben jedoch weiterhin sehr groß. Daher darf es in Deutschland kein Ausruhen auf der Unterstützung von Northvolt geben.

Der weltweit größte Batteriehersteller, CATL in China, wird im Sommer 2024 Batterien für E-Autos zum halben Preis im Vergleich zu 2023 herstellen. Zusätzlich hat CATL ein neues Batteriepaket für Elektrofahrzeuge mit einer Laufleistung von 1,5 Millionen Kilometern und einer Garantie von 15 Jahren angekündigt. Zum Vergleich: Viele PKW fahren weniger als 15.000 Kilometer pro Jahr, sodass eine Batterie mit einer Laufleistung von 1,5 Millionen Kilometern bei durchschnittlicher Nutzung etwa 100 Jahre halten würde.

Diese Batterien mit höherer Energiedichte und längeren Lebenszyklen sind die perfekte Lösung für schwere Fahrzeuge wie Busse und LKWs, die viele Kilometer zurücklegen und schwere Nutzlasten transportieren müssen.

Dadurch könnten viele Elektroautos sogar bei der Anschaffung um einiges günstiger sein als Verbrenner derselben Klasse. Das ist gut für den Klimaschutz, stellt aber gleichzeitig eine erneute chinesische Herausforderung für die europäische Wirtschaft dar.

Auch in der Ladeinfrastruktur entwickelt sich Erstaunliches. So hat der chinesische Hersteller Nio jetzt einen mobilen Ladedienst auf den Markt gebracht. Man kann ihn bestellen, wenn man beispielsweise mit leerer Batterie liegen bleibt oder in einer Gegend mit schlechter Schnellladeinfrastruktur schnell aufladen muss.

Auch im stationären Batteriemarkt tut sich vieles

Noch vielfach unterschätzt werden die Möglichkeiten von stationären Batterien, die im Stromsystem für eine sichere Stromversorgung trotz schwankenden Wind- und Solarangebot sorgen können.

So schreibt mein ehemaliger Bundestagsmitarbeiter Carsten Pfeiffer in einem lesenswerten Beitrag für Tagesspiegel Background:

„Massenproduktion und technologische Innovation haben die Kosten für die Photovoltaik implodieren lassen. Dasselbe geschieht aktuell bei den Batteriespeichern. Auch hier werden Produktionskapazitäten aus dem Boden gestampft. Konsequenz: Die Stromspeicherung wird schnell viel günstiger.“

In der Tat tut sich weltweit schon viel. In Australien wird derzeit eine 3000 MWh-Batterie an einem Solarpark errichtet, was New South Wales einen großen Schritt näher an das Ziel von 100 % Erneuerbaren Energien bringt.

Auch in Deutschland gibt es positive Entwicklungen. So hat Mercedes-Benz für die Stromversorgung eines Werkes in Rastatt einen neuen Speicher mit 11 MWh bei CMBlu aus Alzenau bestellt.

CMBlu stellt organische Speicher ohne seltene Erden oder Konfliktrohstoffe aus umweltfreundlichen organischen Materialien her.

Am Hauptcampus des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal, östlich von Karlsruhe, hat Baywa RE zusammen mit dem Anbieter von DC-Optimierern Ampt einen ganz neuen Ansatz einer Kombination von Photovoltaik mit Windkraft und Batteriespeicher umgesetzt.

Damit wird die Stromversorgung des ICT unabhängig von massiv steigenden Netzgebühren und anderen Stromnebenkosten und ermöglicht eine dauerhaft kalkulierbare Stromversorgung. Das ICT zeigt, wie man die Versorgungssicherheit dezentral von unten ausbauen sollte, ohne auf weitere große zentrale Strukturen wie neue Erdgaskraftwerke und überdimensionierte und teure Überlandleitungen zu setzen.

Bundesregierung sollte die Förderungen auf die erfolgversprechenden grünen Technologien lenken

An den rasant wachsenden Technologien in der Welt, insbesondere in China, kann man ablesen, welche grünen Technologien zukünftig erfolgreich sein werden: Erneuerbare Energien mit Batterien, Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und andere direkte Stromanwendungen. Darauf sollten sich die Bundesregierung und die EU-Kommission konzentrieren. Leider verfolgen sie jedoch längst überholte oder sogar klimaschädliche Pfade wie den Ausbau von LNG-Terminals, Erdgaskraftwerken, Atomkraft, fossilen Verbrennungsmotoren, Importwasserstoff und CCS.

Damit wird viel Steuergeld verschwendet, anstatt auf die grünen Technologien zu setzen, die bereits jetzt die Welt erobern: Solar-, Wind- und Wasserkraft, Geothermie, nachhaltige Bioenergien, Biokunststoffe, Biokohle, kohlenstoffbindende Zementsorten, E-Mobile und andere.

Es bleibt nicht mehr viel Zeit, die grüne Taxonomie der EU mit den Schwerpunkten Atom- und Erdgas, CCS und Wasserstoff zu ändern. Wenn das nicht schnell geschieht, steuern Deutschland und die EU auf die Deindustrialisierung zu, weil nicht konsequent genug auf die richtigen grünen Pfade gesetzt wird. Wie schnell das gehen kann, hat die FDP im Jahr 2012 mit dem organisierten Niedergang der Solarenergie in Deutschland bereits gezeigt. Es ist unglaublich, dass die FDP, die Union und andere offensichtlich nichts aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und weiterhin auf schmutzige Technologien wie Atomkraft, Erdgas, fossile Verbrennungsmotoren und fossile Heizungen setzen.

Quelle

Hans-Josef Fell 2024 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

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