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Global Yunus Social Business

© Professor Muhammad Yunus © Global Yunus Social Business

Die sozial-ökologische Transformation – Wie kann sie gelingen?

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus zeigt uns den Weg.

Die sozial-ökologische Transformation ist in aller Munde und doch scheint es an allen Ecken und Kanten zu brennen. Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir die sozial-ökologische Transformation unseres Wirtschaftssystems, die zwar schon begonnen hat, die aber nicht schnell genug vorangeht. Der Beginn davon liegt in einer Veränderung der Lehre – und in der Förderung des sozialen Unternehmertums.

Angesichts all der Krisen der heutigen Zeit ist es unablässig, dass wir die sozial-ökologische  Transformation beschleunigen. Ein erster Ansatzpunkt dabei muss die Lehre sein, denn das  den heutigen Krisen zugrundeliegende Problem besteht in einem globalen Wirtschaftssystem, das die Interessen des Individuums vor die Interessen der Allgemeinheit stellt und egoistisches Verhalten belohnt.

Das Märchen vom wohlbringenden Egoismus entlarven

Lange Zeit lautete die Maxime: Wenn jeder seinem eigenen Interesse folgt, wird gleichzeitig die Wohlfahrt für alle maximiert – wie es Adam Smith mit der Idee der „unsichtbaren Hand“ charakterisierte. Dieser grundlegende Irrtum hat sich lange gehalten. Der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman sagte noch 1970, dass es beim Business einzig um den Profit gehen sollte. Es gab aber auch andere kritische wissenschaftliche Stimmen wie Garett Hardin, der in seinem berühmten Aufsatz „The Tragedy of Commons“ theoretisch herleitete, dass die rücksichtslose Nutzung von Gemeingütern zu einer Übernutzung führen  und diese letztlich zerstören würde. Er und Elinor Ostrom haben Wege aufgezeigt, wie so etwas vermieden werden kann.

Der Club of Rome hat zusätzlich schon sehr früh in Modellrechnungen gezeigt, was passiert, wenn wir die Erde beziehungsweise die planetaren Grenzen ausreizen, und das haben wir getan. Trotzdem wird der Eigennutz als oberstes Handlungsprinzip in der Wirtschaft noch immer in die Köpfe von Schülern und Studenten eingetrichtert – ein fundamentaler Denkfehler, der sowohl falsch als auch gemeinwohlschädigend ist.

Das Gemeinwohl als Glücksbringer

Doch es geht auch anders. Das zeigt der Professor für Wirtschaftswissenschaften und Sozialunternehmer Muhammad Yunus, der für die Gründung seiner gemeinnützigen Grameen-Bank den Friedensnobelpreis erhalten hat. In seinen Büchern kritisiert er oft das eindimensionale Bild vom Menschen, das in unseren Fakultäten noch Bestandteil der Lehre ist und in der Folge zum Denkmuster vieler Manager wird. Insgesamt hat er weltweit über 50 Sozialunternehmen gegründet. Sein Resümee: Es ist viel befriedigender und erfüllender, seine Tatkraft nicht nur für den eigenen Lebensunterhalt, sondern auch für das Gemeinwohl einzusetzen. „Wenn ich für mich Geld mache, bin ich glücklich. Wenn ich andere Menschen glücklich mache, bin ich superglücklich. Man kann beides machen“, so Yunus.

Dies zu erwähnen ist wichtig, denn viele Manager scheinen kein Konzept davon zu haben, dass es glücksbringender ist, das eigene Tun mit dem Gemeinwohl zu kombinieren – da es der Natur des Menschen viel mehr entspricht. Das eindimensionale Bild der Wirtschaftswissenschaften dagegen erzeugt auf der individuellen wie auf der gesellschaftlichen Ebene viel Leid!

Muhammad Yunus
Professor Muhammad Yunus hat 2006 für die Gründung der Grameen Bank den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Die gemeinnützigen Bank hat Millionen von Frauen in Bangladesch aus der Armut geholfen, indem sie ihnen ohne Sicherheit Mikrokredite verliehen hat. Die Rückzahlungsquote liegt weit über 90 Prozent. Die Frauen machen sich mit diesen Krediten selbstständig und erzielen dadurch Einnahmen, mit denen sie der Bank den Kredit zurückzahlen. Mikrokredite sind teilweise in Verruf geraten, nachdem profitorientierte Akteure damit Geld machten. Yunus Grameen-System ist allerdings allein darauf ausgerichtet, den Frauen aus der Armut zu verhelfen und wurde auch schon in andere Länder wie den USA exportiert (Grameen America). Seit mehreren Jahren laufen Gerichtsverfahren gegen ihn. Zuletzt wurde er vor wenigen Wochen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die er nach Hinterlegung einer Kaution (noch) nicht antreten musste (Stand März 2024); weitere Gerichtstermine folgen in Kürze. Es gibt einen internationalen Aufruf von mehr als 240 bekannten Persönlichkeiten, die sich gegenüber der Premierministerin für Muhammad Yunus einsetzen. Amnestie International kritisierte das Gerichtsverfahren als politisch motiviert und als Hohn auf die Gerechtigkeit.
Quelle

forum Nachhaltig Wirtschaften 2024 | Dr. Michael Wirtz studierte BWL und Soziologie. Er promovierte an der Bergischen Universität Wuppertal zum Thema „Social Business Innovations“. Weitere Infos über seine Tätigkeiten und Veröffentlichungen, die diesem Beitrag zugrunde liegen, finden Sie unter:www.isbi.online

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