Effizienter Umgang mit Ressourcen: Ein Plus für Wirtschaft und Umwelt
Ressourcenknappheit und effiziente Ressourcennutzung sind Herausforderungen unserer Zeit: Das erste nationale Ressourcenforum in Salzburg stellte das Thema in den Mittelpunkt.
Weniger ist mehr- Stimmt das? Ja, 2050 wäre ein hoher Wohlstand bereits mit 30 Prozent des konsumierten Materials von heute möglich. Internationale Experten diskutierten in der Vorwoche in Salzburg über Ressourceneffizienz in Unternehmen, Ressourcenmanagement in Regionen sowie über europäische und nationale Ressourcenpolitik.
Natürliche Ressourcen tragen wesentlich zu unserem Wohlstand bei. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen ist Grundvoraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften. In Zeiten steigender Preise und erschöpfter Tragfähigkeit ist Ressourceneffizienz daher ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Die globale Ressourcennutzung übersteigt bereits heute die Tragfähigkeit der Erde. Eine Steigerung der Ressourceneffizienz zählt deshalb zu den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die entscheidende Frage lautet: Reichen die vorhandenen Ressourcen aus, um all das bereitzustellen, was wir konsumieren? „Österreicher verbrauchen im Durchschnitt dreimal mehr von der Natur, als der Planet pro Kopf regenerieren kann. Das sind auch 70 Prozent mehr, als der Lebensraum Österreichs pro Person erneuern kann. Im Jahr 2014 hat die Welt bereits am 19. August den Jahresvorrat an erneuerbaren Ressourcen aufgebraucht. Ab diesem Zeitpunkt waren wir auf einen Kredit der Erde angewiesen und bauen ihre Reserven ab. In einer Welt im Overshoot wird daher ein Ressourcendefizit zum Risiko, auch für Österreich!“, mahnt Mathis Wackernagel, Präsident des Global Footprint Network. Geht der Trend so weiter, würden im Jahr 2050 die Ressourcen von drei Planeten benötigt werden. Die Regenerationsfähigkeit der Natur – die Biokapazität –wird damit zu einem limitierenden Faktor für die Wirtschaft. „Ressourcen sind ein zentrales Thema für Wirtschaft und Gesellschaft in Europa – auch in Österreich. Daher haben wir das Ressourcen Forum Austria gegründet. Wir sehen in der Ressourcenfrage aber nicht ein Problem, sondern eine Chance“, so erklärt Rudolf Zrost, Präsident des Ressourcen Forum Austria, die Motivation des Vereins.
Eine Negativliste im Verbrauch
Derzeit führen Kuwait, Singapur, Dänemark und die USA mit ihren Fußabdrücken die Negativ-Rangliste an, das größte Wachstum des Pro-Kopf-Verbrauchs findet aber in den Schwellen- und Entwicklungsländern statt. Gerade Länder mit niedrigem Einkommen leiden schon heute an ressourcenbedingten Problemen. „Wenn die Ressourcen immer knapper werden, steigen die politischen Risiken. Ein Umstand, der der Wirtschaft durchaus bewusst ist. Forschung, Design-Änderungen, Innovation und Recycling bieten Möglichkeiten, einer künftigen Knappheit entgegenzuwirken. Deshalb begrüße ich Initiativen wie das Ressourcen Forum Austria, die wesentlich zu einem Dialog von Wissenschaft und Wirtschaft beitragen“, beschreibt Xaver Edelmann, Präsident des World Ressources Forum, die momentane Entwicklung.
Was bedeutet das für Österreich?
Europa ist, genau wie auch Österreich, stark von Rohstoffimporten aus dem Ausland abhängig. Durch die steigende Nachfrage bei gleichzeitiger Verknappung der Ressourcen steigen die Preise auf den Weltmärkten. „Eine höhere Ressourceneffizienz ist daher ein wichtiger Kosten- und Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Damit sind nicht ausschließlich Produktionsprozesse oder Abfallmanagement gemeint, sondern auch Änderungen an Produkten und Dienstleistungen. Ressourceneffizienzstrategien können daher gleichzeitig auch Motor für Innovationen sein“, so Rudolf Zrost.
Die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich kann langfristig nur aufrecht erhalten werden, wenn Lohnstückkosten genau wie Materialstückkosten gesenkt werden. Ein schonender und gleichzeitig effizienter Umgang mit natürlichen Ressourcen ist daher eine Schlüsselkompetenz zukunftsfähiger Gesellschaften. Wachstum und Wohlstand müssen so weit wie möglich vom Einsatz natürlicher Ressourcen entkoppelt werden. Länder, deren Verbrauch sich im Rahmen ihrer Biokapazität hält, haben mehr Handlungsspielraum für Überschüsse und Export. „Gerade im Energiebereich sind wir noch in hohem Maße von Importen abhängig. Obwohl wir mit einem Anteil von 45,2 % erneuerbarer, heimischer Energie in Salzburg vergleichsweise sehr gut dastehen, haben wir uns in Salzburg ehrgeizige Ziele gesetzt. Im Jahr 2020 wollen wir 50 % des Energiebedarfs aus heimischen, erneuerbaren Quellen gewinnen. Im Jahr 2050 soll Salzburg auf Jahressicht 100 % energieautonom sein. Klar ist, dass das nur gelingen kann, wenn wir noch effizienter mit Energie umgehen als bisher. Wir arbeiten dazu gerade am Masterplan Klimaschutz und Energie. Dieser wird vorsehen, dass mehr als 50 % der Zielerreichung durch Einspar- und Effizienzmaßnahmen erreicht werden soll“, so Landesrat Dr. Josef Schwaiger.
Politische Initiativen in unterschiedlichen Bereichen
Auf EU-Ebene ist Ressourcenschonung eine der sieben Leitinitiativen. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat mit „RESET 2020“ ein Programm entwickelt, um den österreichischen Ressourcenverbrauch zu reduzieren und die Chancen, die sich durch einen effizienteren Umgang mit Ressourcen ergeben, innovativ und erfolgreich zu nutzen. „Ressourcenpolitik ist längst mehr als ein ökologischer Imperativ: Ressourcenknappheiten, -preise und die Importabhängigkeit Österreichs und Europas von wichtigen Rohstoffen begründen die Relevanz einer breit getragenen Ressourceneffizienz-Offensive auch als zentrale wettbewerbspolitische Herausforderung“, erklärt Wolfram Tertschnig, Abteilungsleiter der Abteilung I/3 im BMLFUW die Notwendigkeit politischer Initiativen.
Ergebnisse des Ressourcennutzungsberichts
Österreich liegt beim Materialkonsum – auch konjunkturell bedingt – an sechster Stelle deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Die Schlüsselfrage zu einer nachhaltigen Zukunft lautet: „Lässt sich auch mit weniger Ressourcenkonsum mehr gesellschaftlicher Nutzen erzeugen oder haben wir nur die Wahl zwischen einer entbehrungsreichen umweltfreundlichen oder einer unnachhaltigen zerstörerischen Zukunft?“ Der durchschnittliche Ressourcenverbrauch pro Kopf lag 2012 in den EU-27-Staaten bei 13,5 Tonnen. Ein Vergleich der Länder zeigt deutlich, dass es große Unterschiede gibt. Ein erhöhter Ressourcenverbrauch steigert jedoch nicht die Lebenserwartung. 12 der EU-28 Länder – darunter auch Österreich – haben einen überdurchschnittlichen Materialkonsum und eine Lebenserwartung von über 75 Jahren. 10 Länder hingegen haben einen unterdurchschnittlichen Materialkonsum und ebenfalls eine Lebenserwartung von über 75 Jahren. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Happy-Planet-Index, der Lebensqualität mit dem ökologischen Fußabdruck vergleicht: Ein erhöhter Ressourcenverbrauch führt nicht zu erhöhtem Wohlbefinden. 40 Prozent der europäischen Bevölkerung leben in vier Ländern (Frankreich, Italien, Niederlande, Vereinigtes Königreich), in denen der Materialkonsum unter dem europäischen Durchschnitt liegt und Lebenserwartung und Wohlbefinden hoch sind. Hingegen leben 25 Prozent der europäischen Bevölkerung in 9 Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Irland, Zypern, Luxemburg, Österreich, Finnland, Schweden), in denen der Materialkonsum über dem europäischen Durchschnitt liegt und Lebenserwartung und Wohlbefinden im hohen Bereich liegen.
Leben 2050 alle Menschen auf der Erde nach dem Vorbild der Österreicher im Jahr 2012, wäre der weltweite Materialkonsum dreimal so hoch wie 2010. Würde jeder Mensch 2050 so viel Material konsumieren wie ein Europäer im Jahr 2012, wäre der Materialkonsum 1,8-mal so hoch wie 2010. Würden wir das Pro-Kopf-Niveau von 1950 erreichen, wäre der Fußabdruck von 2010 um knapp ein Drittel reduziert.
Was bringt die Zukunft?
Betrachtet man den Index der menschlichen Entwicklung (HDI) gemeinsam mit dem Materialkonsum, so zeigt sich, dass wir immer weniger „Material“ brauchen, um ein gutes Leben (sehr hoher HDI) führen zu können. Der Index ging beispielsweise zwischen 1980 und 2010 um mehr als 50 Prozent zurück. 1980 war der Verbrauch pro Kopf mit 35,2 Tonnen noch sehr hoch. 2010 lag der Verbrauch bereits bei 16,7 Tonnen pro Kopf. Geht man von einer gleichbleibenden Entwicklung wie in der letzten Dekade aus, wäre 2050 ein hoher Wohlstand bereits mit 9,2 Tonnen pro Kopf möglich – in Österreich wäre mit weniger wirklich mehr möglich.
Erstes Nationales Ressourcenforum
Mehr Austausch von Wissenschaft und Praxis ist dem Ressourcen Forum Austria ein besonders großes Anliegen,genau wie eine Stärkung des Bewusstseins für effiziente Ressourcennutzung. Deshalb veranstaltete es nach dem Vorbild des Weltressourcenforums und des Europäischen Ressourcenforums in Österreich dieses Jahr zum ersten Mal das Nationale Ressourcenforum. Hochkarätige Experten diskutierten mit Interessierten- darunter Christian Helmenstein, Chefökonom Industriellenvereinigung, Martin Jänicke, Gründungsdirektor Forschungszentrum für Umweltpolitik | Freie Universität Berlin, Helga Kromp-Kolb, Leiterin Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit | Universität für Bodenkultur Wien, Helmut Mödlhammer, Präsident Österreichischer Gemeindebund, Martin Vogt, Geschäftsführer VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, und Kurt Weinberger, Generaldirektor Österreichische Hagelversicherung VVaG.