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EU-Emissionshandel nach Klimavertrag sanieren

Wer dem Klima schadet, soll zahlen – so die Grundidee des CO2-Handels. Doch der zentrale Pfeiler des EU-Klimaschutzes ist zum Wettbüro für politische Entscheidungen geworden. Eine neue Studie zeigt: Statt Angebot und Nachfrage steuern Ankündigungen den Markt. Helfen könnte ein Mindestpreis.

Der Preis für EU-Emissionsrechte ist im Keller, die klimapolitische Wirkung begrenzt. Nur zehn Prozent des Wertverfalls machen Rezession und Erneuerbare Energien aus. Eine neue Untersuchung belegt heute: Die meisten, teils massiven Sprünge des CO2-Preises hat die Politik verursacht. „Viele politische Ankündigungen und Entscheidungen wurden vom Markt kraftvoll quittiert und das fast immer negativ – selbst bei positiven Neuigkeiten“, sagt Dr. Nicolas Koch, Leitautor der Studie vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin.

Koch hat die Preiswirkung von 29 politischen Ereignissen zwischen 2008 und 2014 beleuchtet, bei vielen ist eine klare Verbindung sichtbar. Besonders deutlich wurde das sensible Zusammenspiel von Emissionshandel und Politik ab November 2012 (siehe Grafik). Neun Euro kostete damals eine Tonne CO2. Ein letzter Höchststand, danach rutschte der Preis unter drei Euro. In Gang gesetzt hatte das größtenteils die EU mit ihrem Plan, Emissionsrechte für fünf Jahre aus dem Markt zu nehmen – das sogenannte Backloading. „Beabsichtigt war natürlich ein Anstieg des Preises, aber das Gegenteil trat ein“, so Koch.

Tatsächlich gab es um das Backloading ein langwieriges politisches Tauziehen. „Bis heute liegt genau hier das Problem“, erklärt der MCC-Wissenschaftler. „Der Markt erwartet offenbar immer weniger, dass sich etwas ändert und die EU mit steigenden CO2-Preisen konsequent ihre klimapolitischen Ziele umsetzt.“ Der Tiefpunkt war erreicht, als das Europäische Parlament die Backloading-Pläne einige Monate später ablehnte.  Der Preis sank an diesem Tag um fast 43 Prozent und selbst die spätere politische Kehrtwende zu einem positiven Votum konnte ihn nicht wieder retten.

„Wo die klare Linie fehlt, können die Händler nur vermuten, wie es weitergeht“, sagt MCC-Direktor Prof. Dr. Ottmar Edenhofer. „Der Emissionshandel ist so zu einem Wettbüro für politische Entscheidungen geworden.“ Schon Gerüchte über Veränderungen, ob real oder vermutet, können in diesem Umfeld Preissprünge auslösen. „Abhelfen würde dem ein Mindestpreis für die Zertifikate – und dessen Einführung muss nach der Ratifizierung des Weltklimavertrags schnellsten angegangen werden“, fordert Edenhofer. Mit mehr Preissicherheit könnten Investoren besser planen und auf Technologien zur CO2-Vermeidung umsatteln. Edenhofer: „So brächte der Emissionshandel auch dem Klimaschutz endlich was.“

Koch, N.; Grosjean, G.; Fuss, S.; Edenhofer, O. (2016): Politics matters: Regulatory events as catalysts for price formation under cap-and-trade, in: Journal of Environmental Economics and Management, Volume 78, July 2016, Pages 121–139

MCC
Quelle

Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH 2016

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