Globalisierung macht die Wirtschaft verletzbarer durch Klimawandel
Die Anfälligkeit des globalen Wirtschaftsnetzwerkes für Hitzestress hat sich im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt.
Am Beispiel der Leistungsminderung von Arbeitskräften durch Extremtemperaturen zeigt die Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Columbia University erstmalig, wie die immer weiter gewachsene Vernetzung der globalen Lieferbeziehungen Produktionsverluste verstärken kann, weil diese Verluste sich leichter über Ländergrenzen hinweg fortpflanzen.
„Klimaschäden hängen nicht allein von der Erwärmung unseres Planeten ab, sondern auch von der Belastbarkeit unserer Gesellschaft und Wirtschaft“, sagt Leonie Wenz, Leitautorin der in Science Advances erscheinenden Arbeit. „Unsere Studie zeigt, dass sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts die Struktur unseres ökonomischen Systems derart verändert hat, dass Produktionsverluste an einem Ort leicht weitere Verluste an anderen Orten zur Folge haben können.“ Die Produktion ist weltweit miteinander verflochten. „Was für uns heute selbstverständlich wirkt, hat sich tatsächlich erst in den vergangenen 15 Jahren entwickelt“, erklärt Wenz.
Von Taifunen bis Hitzestress: lokale Ereignisse, globale Effekte
Taifun Haiyan auf den Philippinen zerstörte mehr als die Hälfte der weltweiten Produktion von Kokosnussöl, das eines der zwei am häufigsten genutzten pflanzlichen Fette in der globalen Lebensmittelproduktion ist. Die Flut im australischen Queensland im Jahr 2011 unterbrach wochenlang die Nutzung der viertgrößten Kohleabbaustätte der Welt, mit ökonomischen Auswirkungen weit über die Landesgrenzen hinaus. Solche größeren Einzelschocks für Lieferbeziehungen zeigen anschaulich, wie sehr die Weltwirtschaft vernetzt ist. Die Forscher konzentrierten sich nun auf die weniger vorhersagbaren Effekte von kleinen täglichen Störungen durch Extremtemperaturen, die zu Hitzestress bei Arbeitskräften in der Bauwirtschaft, der Landwirtschaft und anderen Wirtschaftssektoren führen. Frühere Forschungsarbeiten zeigen, dass steigende Temperaturen einen Rückgang der Produktivität zur Folge haben können, beispielsweise weil die Arbeiter schneller erschöpft sind.
Die Studie deckt globale Handelsflüsse zwischen 26 Industriesektoren ab – von Bergbau und Rohstoff-Gewinnung über Textil- und Bekleidungsgewerbe, Post und Telekommunikation, bis hin zu Verbrauchernachfrage in 186 Ländern. Die Forscher führten Computersimulationen mit Daten zu Temperatur, Bevölkerung und dem globalen Wirtschaftsnetzwerk von 1991 bis 2011 durch, basierend auf bereits existierender Forschung zu Temperatureffekten auf Arbeitsproduktivität.
„Das ist die Grundlage, um angemessene Anpassungsmaßnahmen planen und umsetzen zu können“
„Bei ungebremstem Klimawandel wird die Zunahme von Wetterextremen, wie gerade in Süddeutschland geschehen, starke Auswirkungen auf die natürlichen und gesellschaftlichen Systeme haben“, sagt Ko-Autor Anders Levermann. „Um die Kosten zukünftigen Klimawandels abschätzen zu können, müssen die globalen ökonomischen Folgen häufigerer Hitzewellen und meteorologischer Ereignisse wie Fluten und tropischer Stürme mit einbezogen werden – und es muss ihre Beziehung zu ökonomischen Netzwerken verstanden werden. Das ist die Grundlage, um angemessene Anpassungsmaßnahmen planen und umsetzen zu können. In einer wärmer werdenden Welt mit heftigeren Wetterereignissen muss wahrscheinlich auch die Gesellschaft flexibler und belastbarer werden.“
- Levermann, A. (2014): „Climate Economics: Make supply chains climate smart“ Nature
- Linkov. I. et al. (2014): „Changing the Resilience Paradigm“ Nature Climate Change