Initiative gegen zweiten Solar-Exodus: Doch noch ein Solar-Lichtblick
Ein sächsischer Landrat will die stillgelegte Produktion beim Photovoltaik-Konzern Meyer Burger in Freiberg retten. Eine konkurrenzfähige Modulherstellung in Europa sei möglich, sagen Solarexperten.
Das Aus für die Solarmodul-Produktion des Schweizer Konzerns Meyer Burger im sächsischen Freiberg, vorige Woche verkündet, hat viele Anhänger der Energiewende geschockt. Sie sollte eigentlich der Kern einer neuen führenden deutschen Solarproduktion werden.
Doch Politiker wie der Landrat im Landkreis Mittelsachsen, Dirk Neubauer, und Fachleute aus der Branche wollen die Hoffnung nicht aufgeben, dass der Standort Deutschland sich gegen die derzeit übermächtige Konkurrenz aus China behaupten kann. Eine neue Initiative soll sogar die Wiederaufnahme der Produktion in Freiberg möglich machen.
Die Solarfabrik von Meyer Burger in Freiberg war erst 2021 eröffnet worden. Kurz vor Ostern wurde nun 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gekündigt, wobei rund 100 von ihnen Verträge in anderen Gesellschaften des Unternehmens angeboten wurden. Die Fertigung soll in die USA verlagert werden, wo die Ansiedelung von Solarunternehmen mit großzügigen Steuervorteilen gefördert wird.
Das Schweizer Unternehmen (Slogan: „Wir führen die Photovoltaik weltweit in ein neues Zeitalter“) hatte die Zukunft des Standorts Freiberg davon abhängig gemacht, dass die Produktion in Deutschland stärker gefördert wird, um gegenüber der Billigkonkurrenz aus China bestehen zu können.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) allerdings bekräftigte vor gut einer Woche seine Absage an den „Resilienzbonus“, der eine erhöhte EEG-Einspeisevergütung für Solarmodule europäischer Hersteller bedeutet hätte und auch von SPD und Grünen in der Berliner Ampel befürwortet worden war.
Meyer Burger reagierte mit den Kündigungen. Man habe noch gehofft, in Berlin werde die Einsicht reifen, dass die Unterstützung nötig sei, sagte eine Sprecherin des Unternehmens. Die Hoffnung habe sich endgültig zerschlagen.
Standorte in Ostdeutschland zum zweiten Mal fallengelassen
Die Produktion in Freiberg steht bereits seit Mitte März still. Der Konzern hatte 2023 bei einem Nettoumsatz von 135 Millionen Schweizer Franken einen Verlust von 292 Millionen verbucht, nach eigenen Angaben verursacht durch die Marktverzerrung aufgrund der Subventionierung der Solarmodul-Herstellung in China. In den vergangenen vier Geschäftsjahren summierten sich die Verluste auf 525 Millionen Franken. Der Kurs steht zurzeit bei 1,03 Euro.
Für den Wirtschaftsstandort am Fuße des Erzgebirges, der einen erfolgreichen Strukturwandel von der Bergbau- und Hüttenindustrie zum Hochtechnologie-Zentrum für sich geltend macht (Slogan: „Vom Silber zum Silizium“), bedeutet das einen neuerlichen Rückschlag. Es ist das zweite Mal binnen weniger Jahre, dass dort hochfliegende Pläne für eine Solarproduktion aufgegeben werden.
In Freiberg hatte sich in den 2000er Jahren Deutschlands einst größter Solarhersteller Solarworld mit seiner Modulproduktion etabliert, als Teil der damals weltweit führenden deutschen Photovoltaik-Industrie. Er geriet in die Krise, als die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung die EEG-Vergütungen für neue Solaranlagen nach 2012 stark herunterfuhr und China in den Markt einstieg, wobei das Land mit Subventionen eine eigene Solarproduktion etablierte und die europäischen Hersteller preislich unterbot.
Solarworld musste 2018 Insolvenz anmelden, was in Freiberg den Abbau von 600 Arbeitsplätzen bedeutete. Einen Neuanfang versprach da der Einstieg des Konzerns Meyer Burger, der in den Solarworld-Fabrikhallen eine neue Modulproduktion einrichtete – nach eigenen Angaben der größte Betrieb dieser Art in Europa.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!