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Depositphotos.com | VectorMine | CCS

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Klimaziele mit CCS – ein kostspieliges Unterfangen

Um die Klimaziele zu erreichen, plant die Europäische Union auch große Mengen an CO2 aus industriellen Prozessen abzuscheiden. Eine neue Analyse warnt jedoch vor immensen Kosten und einem zu optimistischen Zeitplan.

Bis 2040 will die Europäische Union die CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent reduzieren. 2050 dann soll auf dem Kontinent klimaneutral – also mit Netto-Null-Emissionen – gewirtschaftet werden. Ganz ohne Emissionen wird es auch nach 2050 nicht laufen. CO2-Emissionen müssen also aufgefangen werden. Neben Wäldern als natürliche Senken sind technische Lösungen im Fokus.

Im Februar dieses Jahres veröffentlichte die EU-Kommission ihre Industrial Carbon Management Strategy. Derzufolge sollen bis 2030 mindestens 50 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus industriellen Prozessen abgeschieden und gespeichert oder verwertet werden. Man Spricht von Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilisation (CCU). Bis 2040 sollen es 280 Millionen Tonnen sein und bis 2050 etwa 450 Millionen Tonnen CO2.

Kurz nach der EU-Kommission legte Deutschland seine eigene Carbon Management Strategie vor, die hierzulande erstmals Abscheidung, Speicherung und Nutzung von Kohlenstoffdioxid erlaubt und gesetzlich regelt. Konkret soll etwa die Speicherung von CO2 unter dem Meer ermöglicht werden, Meeresschutzgebiete ausgenommen. Doch Umweltorganisationen mahnten nach Bekanntgabe der Strategie, dass das Ökosystem Meer weiterhin in Mitleidenschaft gezogen werde. Auch bestehe die Gefahr, dass Gaskraftwerke länger betrieben werden. Es würden neue Geschäftsmodelle der Gasindustrie drohen, etwa mit blauen Wasserstoff, und damit am Ende die fortwährende Nutzung fossiler Brennstoffe.

Im Rahmen des Klima- und Transformationsfonds plant der Bund trotzdem CCS und CCU zu fördern. Wie zuletzt bekannt wurde soll ein Teil eines Fördertopfes von 3,3 Milliarden Euro bis 2030 auch an CCS- und CCU-Technologien im Mittelstand fließen. Für die Großindustrie stehen entsprechende Förderungen noch aus.

Bis zu 140 Milliarden Euro

Für Deutschland und Europa könnten die technischen Lösungen zur CO2-Abscheidung ein teures Pflaster werden. Wie das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) ermittelt hat, betragen die Kosten aller aktuell geplanten 200 CCS-Projekte in Europa 520 Milliarden Euro. Zwar könnten finanzielle Anreize in Form reduzierter Zahlungen aus dem Emissionshandelssystem etwa drei Viertel der Projektkosten decken, der Rest aber – bis zu 140 Milliarden Euro – müssten die Regierungen der Länder und damit die Steuerzahler:innen tragen.

Und damit sei noch nicht das Ende der Kosten erreicht. „Wie die geringe Anzahl an bereits in Betrieb befindlichen Anlagen zeigen, CCS arbeitet nicht wie erhofft und es braucht länger die Anlagen richtig in die Systeme zu implementieren“, sagt Andrew Reid, Energiefinanz-Analyst des IEEFA und Autor des Reports.

Dabei müssten, um die Klimaziele zu erreichen. 90 der 200 geplanten CCS-Projekte in der Europäischen Union und Großbritannien bis 2030 in Betrieb sein. Aktuell sind drei in der Europäischen Union in Betrieb und keines in Großbritannien. Europa müsse sich jetzt um praktikable Alternativen zur Emissionsreduzierung kümmern, fordert Reid. Wenn man jetzt zu sehr auf CCS-Technologien vertraue und dann merke, dass diese nicht funktionieren, sei es zu spät.

Wie viele andere kommt auch das Forschungsbüro Comment im Auftrag von Greenpeace zu dem Schluss: CCS ist ein Irrweg. Alle bisherigen CO2-Deponien weltweit seien von Verzögerungen, unerwarteten Projektabbrüchen und geologischen Unsicherheiten geprägt. Die Kosten seien unverändert hoch, langwierige Störungen an der Tagesordnung. Ohne staatliche Unterstützung würde kein Projekt die frühe Planungsphase überleben. Die Gemeinschaft werde auf dem CCS-Pfad dauerhaft die Entsorgung von Klimaemissionen finanzieren, statt ihre Entstehung gleich von vornherein zu verhindern.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (mg) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 36/2024 | „Strategien in der Klimakrise“ | Download

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