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pixabay.com | missherbbi | Auf einem Getreidefeld, das extensiv bewirtschaftet wird, können auch Kornblumen wachsen. Bei der solidarischen Landwirtschaft legt man viel Wert auf eine umweltfreundliche Bewirtschaftung der Böden.

© pixabay.com | missherbbi | Auf einem Getreidefeld, das extensiv bewirtschaftet wird, können auch Kornblumen wachsen. Bei der solidarischen Landwirtschaft legt man viel Wert auf eine umweltfreundliche Bewirtschaftung der Böden.

Solidarische Landwirtschaft boomt

In Norddeutschland wurde eine Idee geboren, die weltweit Karriere macht: Menschen zahlen nicht für ihre Lebensmittel, sondern für die Bewirtschaftung eines Hofes. Solidarische Landwirtschaft nennt sich das Konzept, das überraschend gut funktioniert.

1988 startete in Schleswig-Holstein ein sozioökomisches Experiment, das inzwischen weltweiten Erfolg feiert. Alles begann am Buschberghof nahe Hamburg, wo man nach neuen, besseren Konzepten suchte und endete in einer ungewöhnlichen Idee: Menschen sollten nicht mehr für ihre Lebensmittel bezahlen. Stattdessen sollten sie vielmehr die Bewirtschaftung eines Hofes finanzieren. SoLaWi – Solidarische Landwirtschaft nennt sich das Ganze in Deutschland, in anderen Ländern macht es inzwischen als CSA – Community Supported Agriculture – Karriere.

Und so funktioniert´s: Jeden Dienstag kommen Unmengen an Menschen zum Buschberghof. Sie nehmen Brot mit, Käse, Gemüse, Fleisch und Eier. Alle Produkte sind selbstgemacht und stammen von den Feldern und aus den Ställen des Bauernhofes, nichts ist dazugekauft. Der Landwirt kalkuliert, wie viel Geld er für das gesamte Jahr benötigt, um seinen Betrieb zu bewirtschaften und die SoLaWi-Mitglieder zahlen im Voraus. Es gibt also kein Gerangel um teure oder günstige Produkte – alles ist bereits bezahlt.

Murren hingegeben gibt es schon mal an anderer Stelle: Mancherorts haben sich die Mitglieder zu lokalen Abholgruppen zusammengeschlossen. Im Wechsel fährt eines der Gruppenmitglieder zum Hof und bringt die Lebensmittel zu einer Verteilstelle, wo sie dann an alle weitergegeben werden. Da kommt schon mal die Klage auf, einzelne Mitglieder würden sich kaum an den Abholungen beteiligen, ungerecht verteilen oder das Aufräumen der Verteilstelle anderen überlassen. Es hört sich fast an wie in einer großen Wohngemeinschaft, in der man klar kommt, aber doch manchmal irgendwer den Putzplan ignoriert.

Dennoch haben viele Menschen Freude an dem Konzept – und es werden weltweit immer mehr. 100 Euro zahlt jeder beim Buschberghof im Schnitt pro Monat. Allerdings zahlt aber jeder nur so viel, wie er aufbringen kann. Trotzdem glückte bisher in jedem Jahr die Deckung des Etats. Und im Gegensatz zum Supermarkt weiß man, woher die eigenen Lebensmittel stammen und unter welchen Bedingungen sie verarbeitet wurden. Massentierhaltung und Lebensmittelvernichtung sind kein Thema – auch die schrumpelige Kartoffel und die schiefe Gurke werden abgenommen. Da der SoLaWi-Landwirt vielfältige Produkte anbieten muss, damit sich seine Mitglieder umfassend bei ihm versorgen können, ist auch Monokultur ausgeschlossen. Viele Betriebe haben das Demeter-Siegel, Tierfutter wird selbst angebaut, der Mist düngt die Pflanzen. Manche Höfe züchten sogar bedrohte Haustierrassen nach.

Erst zehn Jahre später, also 1998, wurde der deutschlandweit zweite SoLaWi-Betrieb eröffnet, vor fünf Jahren dann kam der plötzliche Boom. Da wurden die Globalisierungsgegner von Attac auf das ursprünglich anthroposophisch geprägte Konzept – die Arbeit wird oft mit Sozialem kombiniert, etwa der Beschäftigung von Behinderten – aufmerksam und sorgten für Werbung. Die Website www.solidarische-landwirtschaft.org verzeichnet aktuell mindestens 90 SoLaWi-Höfe sowie 99 Initiativen in Deutschland.

In den USA gibt es inzwischen bereits rund 12.000 solcher Höfe. Einer der Pioniere ist dort Trauger Groh, einstiger Buschberghof-Bauer. Er gründete 1986 den ersten SoLaWi-Hof auf US-amerikanischem Boden und hat dem Konzept 1998 mit seinem in viele Sprachen übersetzten Buch „Farms of Tomorrow“ zu großer Bekanntheit verholfen.

pixabay.com | Tappancs
Quelle

energiezukunft.eu | rr 2015

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