Wie kann die Rohstoffversorgung Europas nachhaltig gesichert werden?
Europas Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze hängen von Rohstoffimporten aus anderen Erdteilen ab.
Regionale Konflikte in den Herkunftsländern können rasch die Versorgung gefährden und die Rohstoffpreise in die Höhe treiben. Am WU-Institut für Nachhaltigkeitsmanagement arbeiten WissenschafterInnen im Rahmen des EU-Projekts MIN-GUIDE an Lösungen, um eine nachhaltige, innovationsfördernde und umweltverträgliche Rohstoffversorgung sicherzustellen. Die ersten Ergebnisse wurden aktuell im Rahmen einer großen Konferenz in Brüssel präsentiert und diskutiert.
Digitalisierung, Elektro-Mobilität und das Internet-of-Things sind Beispiele für besonders innovative und smarte Produkte. Sie reduzieren den Energieverbrauch und bieten eine Vielzahl neuer Funktionen. Für ihre Produktion werden jedoch Rohstoffe benötigt, die immer seltener werden bzw. der Abbau schwierig ist (z.B. Lithium bei Batterien für Elektroautos, Kobalt oder Neodym in Mobiltelefonen, etc.). Die meisten dieser Rohstoffe werden aus Asien, Afrika oder den USA importiert. Das ist nicht nur teuer, sondern ist auch zunehmend von Unsicherheiten geprägt, z.B. von geopolitischen Entwicklungen, die schwer vorhersehbar und kontrollierbar sind. Am WU-Institut für Nachhaltigkeitsmanagement arbeiten die Wissenschafter Gerald Berger und Andreas Endl daran, diesem Risiko entgegen zu wirken und nachhaltige Lösungen zu schaffen. Hierfür sammelten sie im ersten Schritt Daten zu allen Politik- und Steuerungsinstrumenten auf EU-Ebene und in den EU Mitgliedstaaten, die Rohstoffgewinnung und -produktion regeln. „Die gesammelten Daten ermöglichen uns einen umfassenden Überblick darüber, welche Politikinstrumente diesen Sektor kennzeichnen. Wir schauen uns dabei auch an, welche dieser Instrumente Innovationen und Nachhaltige Entwicklung fördern“, sagt Gerald Berger, Experte für Rohstoffpolitiken am Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der WU.
Rohstoffimporte lösen die Probleme nicht, sondern verschieben sie nur
Rohstoffgewinnung hatte über viele Jahrzehnte ein schlechtes Image, da Bergbau mit Umweltverschmutzung, Zerstörung von Landschaften und Unfällen assoziiert wurde. Da die Nachfrage nach Rohstoffen ungebrochen ist und der Bergbau in Europa immer schwieriger wurde, nahmen die Rohstoffimporte in den letzten Jahrzehnten stark zu. Damit wurden die Probleme häufig nur in die Herkunftsländer verschoben. „Mit jeder Tonne importierter Rohstoffe sind wir auch für die Arbeitsbedingungen und Umweltschäden in den Herkunftsländern verantwortlich. Das wird in der öffentlichen Diskussion gerne übersehen“, so Gerald Berger.
Neue Chancen durch Innovationen und Nachhaltige Entwicklung
Nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit wurden in den letzten Jahren umweltschonendere und effizientere Technologien entwickelt (z.B. digitaler Bergbau, effizientere Rohstoffverarbeitungen, verbessertes Abfallmanagement). „Die Arbeit in MIN-GUIDE zeigt, dass enormes Innovationspotential vorhanden ist. Dieses Potential wird von immer mehr Unternehmen genutzt, um Technologien zu entwickeln, die den Bereich Rohstoffgewinnung und –produktion verändern können. Viele Innovationen sind nicht nur vom Profitdenken geprägt, sondern von einer Orientierung am Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung, welches wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekt gleichermaßen berücksichtigt. Wenn diese positiven Veränderungen offener kommuniziert und die politischen Rahmenbedingungen innovationsfreundlicher und nachhaltiger gestaltet werden, könnte auch die Akzeptanz der Bevölkerung wieder steigen. Von Seiten der Politik sei es wichtig, klare rechtliche Rahmenbedingen zu schaffen, um Sicherheit bei langfristigen Investitionen zu ermöglichen“, erläutert Gerald Berger
Konferenz in Brüssel beschäftigt sich mit Herausforderungen der Zukunft
Das Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der WU Wien koordiniert seit Jahren mehrere EU Projekte zum Thema nachhaltige Ressourcenpolitiken und veranstaltete am 13. und 14. Dezember einer EU-weiten Konferenz in Brüssel. Dabei wurden zukunftsweisende Technologien europäischer Unternehmen präsentiert und eine Plattform geboten, um innovative Lösungen für Rohstoffsicherheit und -gewinnung in Europa zu erörtern. „Wir bringen Innovationen und die wesentliche Akteure aus Industrie und Wissenschaft aus ganz Europe zusammen, um gemeinsam mit den politischen Verantwortlichen zukunftsfähige Antworten zur Ressourcenversorgung Europa zu entwickeln“, so Berger.