Affenhirnforschung unethisch und medizinisch nutzlos
Ärztevereinigung entkräftet Pauschalbehauptungen Tübinger Experimentatoren.
Die bundesweite Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche hat aktuell eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie die vom Tübinger Max-Planck-Institut (MPI) vorgeschobenen Argumente für die Affenhirnforschung fundiert widerlegt.
Am Tübinger MPI sowie an weiteren Instituten werden Rhesusaffen durch Durst gefügig gemacht, damit sie mit angeschraubtem Kopf und Elektroden im Gehirn nach Forscherwunsch Aufgaben am Bildschirm erledigen. Seit über sechs Jahren fordert die Ärztevereinigung den Ausstieg der aus der ihrer Ansicht nach wissenschaftlich unsinnigen und unethischen Grundlagenforschung am Affenhirn. Im September letzten Jahres hatten von BUAV und Soko Tierschutz verdeckt gemachte Filmaufnahmen erneut für Aufsehen gesorgt, welche das unermessliche Leid der Tiere sowie offensichtliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz offenbarten. Ärzte gegen Tierversuche und andere Vereine stellten Strafanzeige.
Während die Staatsanwaltschaft noch ermittelt, versucht das MPI nach Aussage der Ärzte gegen Tierversuche mit fadenscheinigen Argumenten seine qualvolle Affenhirnforschung pauschal zu rechtfertigen. Basierend auf einer wissenschaftlichen Ausarbeitung ihres britischen Partnervereins BUAV hat die Ärztevereinigung diese entkräftet, irreführende Behauptungen widerlegt und die Notwendigkeit eines sofortigen Ausstiegs aus den Versuchen im Detail fundiert dargelegt.
So heißt es in der Stellungnahme, dass die Bedeutung der Erkenntnisse aus der ethisch vertretbaren Forschung am Menschen von Affenexperimentatoren unterbewertet und der angebliche Nutzen der Affenhirnforschung überbewertet wird. Die Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) etwa wurde bereits in den 1980er Jahren durch zwei unabhängige Forschergruppen in den USA ohne den Einsatz von Affenversuchen entwickelt und wird in der Klinik eingesetzt. Insofern hat die Affenhirnforschung des MPI an dieser Entwicklung keinen Anteil und es fehlt jeder Nachweis, dass medizinische Durchbrüche auf Primatenforschung zurückzuführen sind, wie pauschal von Experimentatoren angeführt. Zur Rechtfertigung der Affenexperimente werden standardmäßig auch die Behandlung von Alzheimer und Parkinson vorgebracht. Tatsächlich, so hält der Ärzteverein dagegen, ist es höchst spekulativ, ob die im reinen Grundlagenforschungsbereich angesiedelten Fragestellungen, wie Affen Gesichter, Farben oder Klänge verarbeiten, jemals zu einer Anwendung in der Humanmedizin beitragen.
Im Gegensatz zu Hirnversuchen an Affen haben Fallstudien von Patienten mit Hirnverletzungen zum Verständnis der Hirnfunktion wesentlich beigetragen. Kopfelektroden sowie die fMRT finden Verwendung, um die Hirnaktivität wacher Freiwilliger zu untersuchen. Elektrische Stimulation und invasivere Ableitung von Hirnaktivität können auch während hirnchirurgischer Eingriffe durchgeführt werden. Diese Verfahren haben menschenspezifische Zusammenhänge zwischen Hirnstruktur, Funktion, Verhalten und Schäden aufgedeckt.
„Bezogen auf Tierversuche generell, führen Studien zufolge Resultate aus der tierexperimentellen Grundlagenforschung zu fast 100% zu keinem anwendbaren Ergebnis in der Humanmedizin“, so Dipl.-Biol. Silke Strittmatter, Sprecherin des Ärztevereins. Die Stellungnahme schließt mit dem Fazit, dass die Affenhirnforschung eine ausgesprochen schlechte Kosten-Nutzen-Bilanz hat, d.h. das hohe Tierleid einem nicht vorhandenen Nutzen für die Humanmedizin gegenübersteht. Gemäß der Tierversuchsrichtlinie 2010/63/EU dürfen solche Tierversuche nicht genehmigt werden – insbesondere wenn diese Forschung sinnvoll und schmerzfrei an Menschen durchgeführt werden kann und parallel auch schon durchgeführt wird.
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