DLR-Studie „Wasserstoff als Fundament der Energiewende“
DLR-Studie untersucht das Potenzial von grünem Wasserstoff als Energieträger für ein klimaneutrales Energiesystem. Deutschland kann bei Wasserstofftechnologien eine globale Vorreiterrolle einnehmen und so den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort stärken.
In einer zweiteiligen Studie hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das Potenzial von grünem Wasserstoff als Energieträger für ein klimaneutrales Energiesystem untersucht. Der erste Teil nimmt Technologien und Perspektiven einer nachhaltigen und wirtschaftlichen Wasserstoffversorgung in den Blick. Der zweite Teil beleuchtet den Aspekt der Sektorenkopplung. Grüner Wasserstoff ist nachhaltig und klimaneutral, bei seiner Herstellung kommen Wasser sowie Energie aus erneuerbaren Ressourcen wie Sonne und Wind zum Einsatz.
Um Wasserstoff erfolgreich zu etablieren, nennt die Studie zwei Erfolgsfaktoren: die konsequente Sektorenkopplung entlang der Versorgungskette, von der Erzeugung über die Speicherung bis zur Nutzung, sowie die internationale Zusammenarbeit bei der Produktion und Verteilung des grünen Energieträgers.
„Grüner Wasserstoff hat das Potenzial, der zentrale Baustein für ein Energie- und Verkehrssystem mit massiv reduzierten Treibhausgasemissionen zu sein. Die Technologie dahinter wird in Deutschland schon lange und erfolgreich erforscht. Nun sind mutige Ansätze gefragt, Wasserstoff in großem Maßstab einzusetzen. Hier kann Deutschland eine globale Vorreiterrolle einnehmen und damit einen wichtigen Schritt für unser Klima sowie den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort machen. Es gilt, massiv in Technologien und deren Demonstration ebenso wie weiterhin in grundlegende Forschung zu investieren und die Rahmenbedingungen für eine breite Markteinführung zu schaffen“, erklärt Prof. Karsten Lemmer, DLR-Vorstandsmitglied für die Bereiche Energie und Verkehr.
Internationale Lösungen für Produktion und Logistik
In Deutschland sind die Potenziale für erneuerbare Energien begrenzt. Deshalb ist die Produktion von Wasserstoff in sonnen- und windreichen Ländern eine wirtschaftlich attraktive Option. Nur so lässt sich eine stark steigende Nachfrage nach grünem Wasserstoff für die Energiewirtschaft, Industrie und Mobilität decken. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, einschließlich der dafür notwendigen Logistik, sollte daher von Anfang an darauf ausgerichtet sein, dass Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Union zusammenarbeiten.
Solarthermische Verfahren (Concentrated Solar Technologies, CST) haben das höchste Potenzial, die Herstellungskosten von Wasserstoff drastisch zu senken: Sie nutzen Sonnenenergie, um Wärme zu produzieren und zu speichern. Mit dieser Wärme wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Das DLR entwickelt Komponenten und Verfahren, um diese Technologie möglichst effizient, langlebig und industrietauglich zu machen. Erste Pilotanlagen sind bereits in Betrieb.
Der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland kann enorm von der Entwicklung und dem Export von Technologien profitieren, mit deren Hilfe Wasserstoff erzeugt und über weite Strecken transportiert werden kann. Gleiches gilt für technische Innovationen für solarthermische Kraftwerke sowie für Speicherlösungen.
Konsequente Sektorenkopplung als Priorität
Nur wenn die Sektoren Verkehr, Stromerzeugung, Wärme und Industrie umfassend miteinander gekoppelt sind, kann grüner Wasserstoff sein volles Potenzial als zweite Säule – neben Strom aus erneuerbaren Ressourcen – eines nachhaltigen Energiesystems entfalten. Durch seinen breiten Einsatz lassen sich Effizienz- und Flexibilitätspotenziale im substanziellen Umfang realisieren. Zukünftige Investitionen sollten daher immer das Energiesystem als Ganzes im Fokus haben, statt sich auf Einzelanwendungen zu konzentrieren. Ein Beispiel für eine solche Sektorenkopplung sind Brennstoffzellenfahrzeuge: Sie nutzen Wasserstoff zur Stromgewinnung für den Elektromotor. Das DLR arbeitet daran, dass diese Fahrzeuge den Strom bei Bedarf auch ins Netz einspeisen können. Ein weiteres Beispiel sind Elektrolyseanlagen zur Wasserstoffproduktion, deren Abwärme in Nahwärmenetzen zum Einsatz kommen kann.
Impulse setzen durch Forschung
Damit Deutschland eine führende Rolle in der Technologieentwicklung einnehmen kann, empfiehlt die DLR-Studie drei Forschungsschwerpunkte im Bereich der Wasserstofferzeugung: erstens, Entwicklung und Aufbau von Demonstrationsanlagen für die Wasserstoffproduktion im Rahmen internationaler Kooperationen; zweitens, Material- und Verfahrensentwicklung für Elektrolyseure mit besonderem Fokus auf deren automatisierte Herstellung; drittens, Weiterentwicklung innovativer Verfahren der Wasserstoffproduktion, unter anderem auf solarthermischer Basis, mit besonderem Schwerpunkt auf Skalierbarkeit, Produktionskosten und Treibhausemissionen der gesamten Wertschöpfungskette.
Im Bereich der Sektorenkopplung schlägt die DLR-Studie ebenfalls drei Forschungsschwerpunkte vor: erstens, bestehende Infrastruktur für das Speichern und den Transport von gasförmigen Energieträgern zu ertüchtigen, damit sich diese auch mit Wasserstoffbeimischungen und später mit reinem Wasserstoff nutzen lassen; zweitens, Forschung zur elektrischen und digitalen Systemintegration von Wasserstofftechnologien auf allen Ebenen des Energiesystems, beispielsweise die Einbindung von Wasserstoff in die Gebäudetechnik; drittens, bessere Modelle und Bewertungsverfahren, die das Gesamtsystem zuverlässig abbilden und so Unternehmen wie Politik unterstützen, optimale volkswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen.
DLR-Energieforschung: regelbare, nachhaltige Energie
Das Energiesystem der Zukunft muss regelbare, nachhaltige und kostengünstige Energie für Haushalte, Mobilität und Industrie liefern. Die DLR-Energieforschung ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Sie erforscht und entwickelt Materialien, Prozesse und Technologien, um Sonnen- und Windenergie effizient zu nutzen. Das Ziel der Energiesystemforschung im DLR ist es, das zukünftige Gesamtenergiesystem besser zu verstehen, bestmöglich auszugestalten, zuverlässig und wirtschaftlich zu betreiben sowie Entwicklungspfade und Steuerungsmechanismen aufzuzeigen.