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Lebensmittelabfälle wirkungsvoll reduzieren

Forschergruppe stellt Möglichkeiten zur Abfallvermeidung in vier Produktions- und Konsumbereichen vor.

 Etwa acht Millionen Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle landen bei uns jedes Jahr im Müll. Vielen Privatpersonen und auch der Politik ist es ein Anliegen, Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Aber wie kann das gelingen? Obst und Gemüse, Bäckereien, Privathaushalte und Schulverpflegung – für diese vier Produktions- und Konsumbereiche haben Wissenschaftler im Forschungsprojekt REFOWAS (Reduce Food Waste) Handlungsoptionen zur Abfall­vermeidung erarbeitet und am 19. September 2017 im Braunschweiger Thünen-Institut mit Experten aus Politik und Praxis diskutiert.  

Ideen zur Verringerung der Lebensmittelabfälle gibt es viele, aber welche Maßnahmen sind wirklich umsetzbar, ökonomisch sinnvoll und tragen zu einer nachhaltigen Entwicklung unseres Systems der Lebensmittelversorgung und des Lebensmittelkonsums bei?  

Bei der Produktion von Obst und Gemüse kommt der Schnittstelle zwischen Erzeugern und Lebensmitteleinzelhandel eine besondere Bedeutung zu. „Die Standards der Lebensmittel­einzelhändler bei optischen Kriterien liegen höher als gesetzlich vorgeschrieben. Die Händler haben hierfür zwar gute Gründe, wie den Ästhetikwunsch der Kunden, allerdings führen diese hohen Standards auch dazu, dass oft ein wesentlicher Teil der Erzeugung nicht verkauft werden kann. Wir sehen es hier als eine wichtige Aufgabe, Verbraucherinnen und Verbraucher stärker für diese Thematik zu sensibilisieren und Gespräche zwischen den zwei Parteien in Gang zu bringen“, so Walter Dirksmeyer, verantwortlicher Wissenschaftler der Fallstudie ´Obst und Gemüse´ am Thünen-Institut für Betriebswirtschaft. Aber auch eine verstärkte Beratung für die Produzenten, die Vermarkter und eine stärkere Kooperation würde zu einer Reduzierung der Abfälle beitragen.  

Bei den Bäckereien hingegen liegt eine große Chance darin, genaue Prognosesysteme für die einzelnen Filialen zu nutzen. Diese Systeme arbeiten mit Informationen zur Produktion in der Vergangenheit und verknüpfen diese mit weiteren Faktoren, wie Wetter und Ferientage. So lässt sich die Produktion bedarfsgerechter planen und die Verluste sind geringer als bei emotionalen Entscheidungen, die aus der Situation heraus getroffen werden. Allerdings: „Nicht alle Maßnahmen, durch die eine Reduktion der Lebensmittelabfallmengen herbeigeführt wird, verringern auch die damit verbundenen Umweltwirkungen, wie den Energieverbrauch, die Treibhausgasemissionen oder führen zu einer Kosteneinsparung“, weiß Dominik Leverenz von der Universität Stuttgart. Deshalb werden die vorgeschlagenen Reduzierungsmaßnahmen in den verbleibenden Monaten der Projektlaufzeit noch hinsichtlich ökologischer und betriebswirtschaftlicher Aspekte analysiert.

 In den Privathaushalten fallen regelmäßig große Mengen an Lebensmittelverlusten an, allerdings sind hier Verhaltensänderungen nur schwer zu bewirken. „Den Teller in jedem Fall leer zu essen, ist auch gesundheitlich nicht immer empfehlenswert“, erklärt Erika Claupein vom Max Rubner-Institut. „Dennoch ist Aufklärung und Sensibilisierung wichtig, sowohl bei der Frage, wann ein Lebensmittel wirklich entsorgt werden soll, als auch bei der Frage, wie sich Lebensmittelabfälle im Alltag ganz konkret vermeiden lassen.“  

Zum Bereich Schulverpflegung wurden in elf Schulen Speiseabfällen gemessen: Rund 25 % der Produktionsmenge werden durchschnittlich entsorgt. Doch durch einfache, kurzfristige Maßnahmen wurden in vier Schulküchen im Durchschnitt 30 % der Speiseabfälle eingespart. Mit weiteren Maßnahmen wird es sogar möglich sein, eine Halbierung der Speiseabfälle bis zum Jahr 2030 zu erreichen, wie es die Sustainable Development Goals (SDG 12.3) der Vereinten Nationen fordern. Erfolgreiche Vermeidungsmaßnahmen waren die Reduktion der Produktionsmengen, die Kontrolle der Portionsgrößen sowie die Analyse der Tellerreste für die Produktionsanpassung. Die Abfallvermeidung ist nur eine der Anforderungen an die Schulverpflegung, neben Attraktivität und Akzeptanz des Mittagessens, der Gestaltung der Mensa, der Beteiligung der Schüler und nachhaltigere Verpflegungsangebote. „Diese Ansprüche sind nur umsetzbar, wenn professionelle Strukturen geschaffen werden“, resümiert Frank Waskow, Leiter der Fallstudie bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Daher wird vorgeschlagen, Verpflegungsbeauftragte zu integrieren, die an allen wichtigen Schnittstellen zur Schulverpflegung vermittelnd tätig sind.  

Das Forschungsprojekt REFOWAS wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunkts Sozial-ökologische Forschung (SÖF) gefördert. Seit Juni 2015 arbeiten die Projektpartner vom Thünen-Institut, der Universität Stuttgart, dem Max Rubner-Institut und der Verbraucherzentrale NRW an der Entwicklung von Handlungsoptionen für die Vermeidung von Lebensmittelabfällen.

Depositphotos | StockCube | Obst- und Gemüseabfälle
Quelle

Johann Heinrich von Thünen-Institut 2017

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