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senckenberg.de | L. Kohlmorgen | Strand- und Schwimmkrabben fühlen sich durch die erhöhten Temperaturen im Jadebusen wohl.

© senckenberg.de | L. Kohlmorgen | Strand- und Schwimmkrabben fühlen sich durch die erhöhten Temperaturen im Jadebusen wohl.

Neue Arten in der Nordsee: Die Krabben kommen

Senckenberg-Wissenschaftlerinnen haben die Veränderung der Faunenzusammensetzung im Jadebusen von 1972 bis 2014 untersucht. Im Jadebusen, der als Teil des Wattenmeeres als Kinderstube für kommerziell genutzte Fischarten gilt, wandern kälteliebende Arten ab und neue Arten nehmen ihre Plätze ein.

In ihrer kürzlich im Fachjournal „Estuarine, Coastal and Shelf Science“ erschienenen Studie zeigen sie, dass der Klimawandel die Lebensgemeinschaft dort nachhaltig verändert hat. 

Es ist einiges los am Meeresboden des Jadebusens: Seezungen, Strand- und Schwimmkrabben tummeln sich mit Nordseegarnelen und anderen bodenlebenden Organismen auf dem sandigen Meeresboden der etwa 160 Quadratkilometer großen Nordsee-Meeresbucht. „Die Anzahl der Arten hat im Jadebusen seit 1972 zugenommen“, erklärt Prof. Dr. Ingrid Kröncke von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und fährt fort: „Allerdings sind es nun zum Teil andere Arten, die dieses Biotop einnehmen.“

Kröncke hat gemeinsam mit Doktorandin Julia Meyer und Dr. Ulrike Schückel aus Wilhelmshaven die Veränderung der bodenlebenden Nordseefauna im Jadebusen über einen Zeitraum von 42 Jahren untersucht. „Dabei wollten wir herausfinden, ob es Veränderungen gibt, wie diese aussehen, was sie bewirkt hat und ob es sich um einen langfristigen Wandel – einen sogenannten ‚Regime Shift’ handelt“, ergänzt die Wilhelmshavener Meeresbiologin.

Von 1972 bis 2014 wurden zu diesem Zweck jährlich im Frühjahr und Sommer an festen Stationen Proben vom Meeresboden genommen. Die Datenauswertung zeigte, dass die Gesamtmenge und Artenanzahl der Tiere zunahm, klassische Nordseearten, wie Schollen (Pleuronectes platessa) oder Kabeljau (Gadus morhua) aber mittlerweile seltener auftreten. Den Platz dieser kälteliebenden Fische nehmen nun vermehrt Arten, wie Seezungen (Solea solea), Strandkrabben (Carcinus maenas) und Schwimmkrabben (Liocarcinus holsatus) ein, die an wärmere Temperaturen angepasst sind.

„Unsere Daten zeigen, dass sich die Artenzusammensetzung in den Jahren 1988 und 2001 veränderte. Dies ist durch den globalen Klimawandel und die damit verbundene Erhöhung der Wassertemperatur bedingt. Wir können hier von ‚Regime Shifts’ – Systemverschiebungen – sprechen“, erläutert Kröncke. Unter einem „Regime Shift“ versteht man nachhaltige Veränderungen in der Struktur und Funktion eines Ökosystems. Die nachgewiesenen „Regime Shifts“ beeinflussten jedoch nicht nur das Wattenmeer, sondern die gesamte Nordsee.

Da der Jadebusen bislang als „Kinderstube“ für viele kommerziell genutzte Fischarten diente, „müssen wir sehen, wie sich die Klimaveränderungen langfristig auf die Fischbestände auswirken, unsere Probenahmen gehen weiter“, gibt Kröncke einen Ausblick und fügt hinzu: „Nur Langzeitbeobachtungen – wie sie im Rahmen unseres LTER Nordsee Benthos Observatorium stattfinden – erlauben es anhaltende Systemverschiebungen zu beobachten und die Auswirkungen des globalen Klimawandels auf unsere Meere zu verstehen“.

Publikation: Julia Meyer, Ingrid Kröncke, Alexander Bartholomä, Joachim W. Dippner, Ulrike Schückel, Long-term changes in species composition of demersal fish and epibenthic species in the Jade area (German Wadden Sea/Southern North Sea) since 1972, Estuarine, Coastal and Shelf Science, Volume 181, 5 November 2016, Pages 284-293, ISSN 0272-7714

Quelle

Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung 2016

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